Immer mehr Kritik Putin schweigt nach Flutkatastrophe

Sven Ziegler

17.4.2024

Eine Frau in der Nähe ihres Hauses in einem überschwemmten Gebiet in Orenburg, Russland.
Eine Frau in der Nähe ihres Hauses in einem überschwemmten Gebiet in Orenburg, Russland.
Uncredited/AP/dpa

Zehntausende Menschen stehen nach der Flutkatastrophe in Russland und Kasachstan ohne Haus da. Während der kasachische Präsident vor Ort reist, ist von seinem russischen Gegenüber nichts zu hören.

Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Zehntausende Menschen haben in der Flutkatastrophe in Russland und Kasachstan alles verloren.
  • Nun wächst die Kritik an Wladimir Putin.
  • Der russische Präsident liess bislang nichts von sich hören.
  • Anders als Putin reiste der kasachische Präsident ins Katastrophengebiet.

Das Grenzgebiet zwischen Kasachstan und Russland wird von einer Flutkatastrophe heimgesucht. Zehntausende Menschen sind nach den schlimmsten Überschwemmungen an der Grenze zwischen Europa und Asien ohne Dach über dem Kopf. 

Der Fluss Tobol im Süden Sibiriens stieg am Sonntag rasch an und drohte Teile der Gebietshauptstadt Kurgan mit 330'000 Einwohnern zu überfluten. «Das Wasser dringt in die Stadt ein», schrieb Gebietsgouverneur Wadim Schumkow auf seinem Telegram-Kanal. Flussaufwärts standen bereits viele Dörfer unter Wasser.

Schumkow rief die Menschen auf, die vom Wasser bedrohten Gebiete sofort zu verlassen. «Nehmen Sie Ihre Familien, Dokumente, Wertsachen und gehen Sie möglichst früh!», schrieb er.

Auch der Ural steigt derzeit immer weiter an. Am vergangenen Wochenende betrug der Pegel fast 11,5 Meter, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete. Experten erwarten, dass der Pegelstand weiter steigen dürfte. In der Stadt Orenburg starben gemäss dem regierungskritischen Portal «Meduza» bislang fünf Menschen. 

«Putin hilf» verhallt ungehört

Bei der lokalen Bevölkerung steigt die Wut auf die Regierung, allen voran auf Präsident Wladimir Putin. In der Grossstadt Orsk riefen Betroffene Anfang der Woche: «Putin hilf!» Doch der russische Präsident liess bislang nichts von sich hören. Zwar ist bekannt, dass er mit den Gouverneuren der betroffenen Regionen telefoniert, doch einen Besuch in der Region vermied er bislang. 

Gemäss der regierungskritischen Zeitung «Novaya Gazeta» sei es denkbar, dass der russische Katastrophenschutz aufgrund des Angriffskriegs in der Ukraine personell ausgedünnt sei. Der von Putin ins Hochwassergebiet entsandte Katastrophenschutzminister Alexander Kurenkow sorgte für Empörung, als er sagte, die Bewohner seien rechtzeitig vor dem Hochwasser gewarnt worden. Viele wurden erst kurz vor dem Eintreffen der Flutwelle informiert. 

Zum Symbol des Unmuts wurde ein Deich in Orsk, der an mehreren Stellen brach. Eigentlich hätte der für angeblich 1 Milliarde Rubel, umgerechnet rund 10 Millionen Franken, angelegte Damm auf 10 Kilometer Länge die Stadt schützen sollen.

Kasachstans Präsident reist vor Ort

Der Chef der Baufirma behauptete, dass wohl Nagetiere dem Deich geschadet hätten. Das nannte Bauminister Irek Faisullin aus Moskau lachhaft. Es sei eher so, dass der unbefestigte Erdwall keine Milliarde Rubel wert gewesen sei. «Wie ich es sehe, kann man das keinen Deich nennen», sagte er. Es habe aber auch niemand eine Flut von 10 Meter Höhe vorhersehen können.

Ob sich Putin noch vor Ort zeigen wird, ist unklar. Auch die Lage im benachbarten Kasachstan ist schwierig. Dort wurden bislang rund 100'000 Menschen evakuiert. Präsident Qassym-Schomart Toqajew reagierte aber, anders als Putin, umgehend.

Kasachstans Präsident Tokayew reiste ins Katastrophengebiet. 
Kasachstans Präsident Tokayew reiste ins Katastrophengebiet. 
Keystone

Er sagte kurzerhand ein grosses Wirtschaftsforum ab, um Geld zu sparen. Vor wenigen Tagen flog er zudem selbst ins Katastrophengebiet, um sich ein Bild vor Ort zu machen und mit den Flutopfern zu sprechen.