Trotz Schikanen, drohender Polizeigewalt Kremlgegner Nawalny soll in Moskau beerdigt werden

dpa

1.3.2024 - 14:53

Nawalny-Team kündigt Beerdigung für Freitag an

Nawalny-Team kündigt Beerdigung für Freitag an

Moskau, 28.02.2024: Der im Straflager ums Leben gekommene Kremlkritiker Alexej Nawalny soll an diesem Freitag in Moskau beerdigt werden. Am 1. März solle es zuerst eine Trauerfeier in einer Kirche im südöstlichen Bezirk Marjino geben und anschliessend die Beisetzung des Leichnams auf dem Borissowskoje-Friedhof. Das schreibt Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch auf der Plattform X. Zuvor hatten Nawalnys Unterstützer tagelang nach einem Ort für die Trauerfeier gesucht und beklagt, dass sie dabei von den russischen Behörden behindert wurden. Nawalny war offiziellen Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von nur 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises gestorben. Der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt. Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer «natürlichen» Todesursache, wie es auf dem Totenschein heissen soll, nicht die Rede sein kann. Viele geben Putin persönlich die Schuld.

01.03.2024

Lange war unklar, ob es wirklich eine öffentliche Trauerfeier für den toten Kremlgegner Nawalny in Russland geben wird. Nun soll sie an diesem Freitag stattfinden – trotz Schikanen und drohender Polizeigewalt.

Keystone-SDA, dpa

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  • Zwei Wochen nach seinem Tod in einem Straflager soll der bekannte Kremlgegner Alexej Nawalny an diesem Freitag in der russischen Hauptstadt Moskau beigesetzt werden.
  • Zwei Stunden später soll dann die Beisetzung auf dem rund eine halbe Stunde zu Fuss entfernten Friedhof Borissowskoje erfolgen.
  • Befürchtet wird, dass der russische Machtapparat hart gegen Nawalnys Unterstützer vorgehen wird.
  • Schon in den vergangenen Wochen wurden russlandweit Hunderte Menschen festgenommen, die an Denkmälern Blumen für den bekannten Oppositionspolitiker niederlegen wollten.
  • Nawalny ist offiziellen Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises gestorben.
  • Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich einig, dass von einer «natürlichen» Todesursache, wie es auf dem Totenschein heissen soll, keine Rede sein kann.

Zwei Wochen nach seinem Tod in einem Straflager soll der bekannte Kremlgegner Alexej Nawalny an diesem Freitag in der russischen Hauptstadt Moskau beigesetzt werden. Die Trauerfeier in der Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone «Lindere meine Trauer» im südöstlichen Bezirk Marjino ist für 14.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MEZ) geplant, wie Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch am Donnerstag bestätigte.

Zwei Stunden später soll dann die Beisetzung auf dem rund eine halbe Stunde zu Fuss entfernten Friedhof Borissowskoje erfolgen. Anwesend sein will dabei auch der deutsche Botschafter in Russland, Alexander Graf Lambsdorff, wie die Deutsche Presse-Agentur auf Anfrage erfuhr. Befürchtet wird, dass der russische Machtapparat hart gegen Nawalnys Unterstützer vorgehen wird.

Alexej Nawalny – hier am 29. Februar 2020 bei einer Demonstration zum Gedenken an den ermordeten Kreml-Kritiker Boris Nemzow in Moskau – soll an diesem Freitag in der russischen Hauptstadt beigesetzt werden
Alexej Nawalny – hier am 29. Februar 2020 bei einer Demonstration zum Gedenken an den ermordeten Kreml-Kritiker Boris Nemzow in Moskau – soll an diesem Freitag in der russischen Hauptstadt beigesetzt werden
Bild: Keystone/AP Photo/Pavel Golovkin

Schon am Donnerstag bezog die Polizei vor dem Friedhof Stellung und kontrollierte Ausweise sowie Taschen von Passanten. Zudem wurden zahlreiche Absperrgitter zum Friedhofsgelände gebracht. Schon in den vergangenen Wochen wurden russlandweit Hunderte Menschen festgenommen, die an Denkmälern Blumen für den bekannten Oppositionspolitiker niederlegen wollten.

Behörden behindern Vorbereitungen für Trauerfeier weiter

Nawalny-Sprecherin Jarmysch beklagte zudem auf der Plattform X (früher Twitter), dass die Behörden die Vorbereitungen für die Trauerfeier weiter behinderten. So sei es noch immer nicht gelungen, einen Leichenwagen zu organisieren, um Nawalnys Körper in die Kirche zu bringen, schrieb sie am Donnerstagnachmittag. Die Moskauer Bestattungsunternehmen erhielten Drohanrufe von Unbekannten, die sie davor warnten, den Leichnam zu transportieren. «Trotz aller Widerstände wird die Verabschiedung von Alexej morgen definitiv stattfinden», bekräftigte sie aber.

Es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass Nawalnys Angehörige und Unterstützer über Druck und Erpressungsversuche vonseiten der russischen Behörden berichten. Für besonderes Entsetzen sorgte etwa, dass die Behörden Nawalnys Leiche zunächst rund eine Woche unter Verschluss hielten und Mutter Ljudmila Nawalnaja gemeinsam mit einem Anwalt in der Polarregion nach dem Körper suchen musste.

Dann wollte der Machtapparat sie dazu zwingen, die Beisetzung ihres Sohnes heimlich abzuhalten, wie Ljudmila Nawalnaja mehrfach sagte. Dagegen jedoch sträubte sie sich und forderte öffentlich, dass die Russen die Möglichkeit haben sollten, sich von Nawalny zu verabschieden.

Schwierige Suche nach Ort für Trauerfeier

Schliesslich erklärte Nawalnys Team dann, einen Ort für die Trauerfeier organisieren zu wollen. Die Suche gestaltete sich allerdings erwartungsgemäss schwierig. Einen Saal, in dem Nawalnys Körper – wie nach russisch-orthodoxer Tradition üblich – für alle Trauernden zugänglich vor dem Trauergottesdienst aufgebahrt wird, fanden sie nicht. Deshalb soll es jetzt nur Andacht und Beerdigung geben. Kurz vor der Präsidentenwahl am 17. März sind dem Kreml jegliche grösseren kritischen Veranstaltungen ein Dorn im Auge.

Nawalny ist offiziellen Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises gestorben. Der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt. Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer «natürlichen» Todesursache, wie es auf dem Totenschein heissen soll, keine Rede sein kann.