«Dumb Money»-Regisseur Gillespie «Mein Sohn handelte mit GameStop-Aktien»

Von Fabian Tschamper

25.10.2023

Regisseur Craig Gillespie erzählt in «Dumb Money» die Geschichte von Keith Gill und wie er der Wallstreet die Stirn bot. Im Interview berichtet er von seinem ersten Zürich-Besuch und den Herausforderungen vor und während des Drehs.

Von Fabian Tschamper

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • «Dumb Money» handelt von Keith Gill, der felsenfest davon überzeugt war, dass die GameStop-Aktie an der Wallstreet unterbewertet ist.
  • Er scheffelt daraufhin – auch dank unzähliger Anhänger im Internet – extrem viel Geld und verursacht bei diversen Hedgefonds Verluste in Milliardenhöhe.
  • Im Film siehst du Paul Dano in der Rolle von Gill, weiter spielen Seth Rogen, Nick Offerman oder auch Sebastian Stan mit.

Der australische Regisseur Craig Gillespie besuchte das Zurich Film Festival im Rahmen der Premiere seiner Komödie «Dumb Money». blue News konnte mit dem 56-Jährigen sprechen.

Der Film erzählt die Geschichte von Keith Gill, einem Privatinvestor, der den GameStop-Aktienkurs durch sein Fachwissen in die Höhe getrieben hat. Unzählige Menschen machten 2021 mit und konnten grosse Gewinne erzielen – im Gegensatz zu den Hedgefonds, die gewettet hatten, dass GameStop noch mehr an Wert verliert, sie büssten daraufhin Milliarden ein.

Das Interview fand am 29. September nachmittags im Baur au Lac Hotel in Zürich statt. Der Filmemacher nippt während des Gesprächs an einem Kaffee.

Craig Gillespie, wie geht es Ihnen? Hatten Sie einen langen Tag?

Ganz gut, danke. Es war ein langer Monat! (lacht) Es macht Spass, hier zu sein. Ich war noch nie in Zürich.

Haben Sie sich die Stadt anschauen können?

Ja, ich habe morgens einen Spaziergang gemacht. Und wusste nicht, was mich erwartet. Die Altstadt hat mir sehr gut gefallen. Klassisch schweizerisch gegessen habe ich auch – Schokolade, Fleisch und Käse und ein Kartoffelgericht.

Schön zu hören! Ihr Film «Dumb Money»: Darin geht es um den GameStop-Aktien-Hype, was einem Laien nicht einfach zu erklären ist – viele Fachbegriffe, Zahlen. Doch ihr Fokus liegt gar nicht darauf, sondern auf den Menschen, den Emotionen. Warum haben Sie diesen Ansatz gewählt?

Weil das meine Erfahrung mit der ganzen Situation war. Während Covid hat einer unserer Söhne bei uns gewohnt, er war von Anfang an dabei, als es auf Reddit mit den Spekulationen losging.

Es war eine Achterbahn der Gefühle, er hat investiert und verkauft, Verluste und Gewinne gemacht. Ab und zu blieb er sogar so lange auf, bis die europäischen Märkte öffneten, also so drei Uhr morgens und um sechs Uhr machen ja dann die Amerikaner an der Wallstreet auf. Im Minutentakt musste er sich entscheiden, ob er verkaufen will oder nicht. Diese Intensität und die Frustration der Menschen, meines Sohnes, in dieser Zeit hat mich davon überzeugt, den Film auf dieser emotionalen Basis aufzubauen.

Also war ihr Sohn auch der Grund, warum sie den Film machen wollten?

Könnte man meinen, ja! (lacht) Aber so war es nicht ganz. Einige Monate nach dem Fiasko habe ich mit einer Drehbuchautorin darüber gesprochen und sie hat die komplexe Situation vereinfacht. Sie schaffte es, Spannung, Emotionen, die tickende Zeitbombe der Aktie, alles, perfekt aufzuschreiben.

Auch als ich mit den Schauspieler*innen gesprochen habe, sie waren sich der Intensität der Situation bewusst. Danach habe ich im Skript und beim Cast gesucht und auch gefunden.

Die echten Menschen, die damals involviert waren, Keith Gill, zum Beispiel, oder auch die Inhaber der Hedgefonds, wurden sie im Vornherein kontaktiert?

Das Buch «The Antisocial Network» (2021) behandelt den ganzen Wahnsinn um die GameStop-Aktie und der Autor Ben Mezrich hat versucht, Keith Gill zu erreichen. Allerdings konnte er nur dessen Bruder ein bisschen ausfragen.

Wir haben unzählige Male probiert, mit Keith Kontakt aufzunehmen. Aber nach dem Fiasko an der Wallstreet hat er sich komplett – und konsequent – aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Sein letzter Social-Media-Post im Film war auch sein letzter überhaupt.

Bewundernswert, dass er sich nach der ganzen Aufmerksamkeit ohne ein weiteres Wort zurückgezogen hat.

Definitiv, allerdings erhöhte das den Druck für uns, weil wir ihm und der ganzen Geschichte gerecht werden wollten. Wir hielten uns an eine Regel: Alles, was Keith Gill veröffentlicht hat, oder worin er die Öffentlichkeit adressiert, das nutzen wir im Film. Allfällige andere Infos oder Gerüchte haben wir weggelassen.

Zum Hauptdarsteller: Paul Dano war eine brillante Wahl. Ich persönlich mag ihn sehr. Was hat Sie letztendlich überzeugt, ihn als Keith Gill zu casten?

Es ist lustig, ich mochte seine Arbeit eigentlich immer. Und er kam gerade von den Sets von «The Batman» und «The Fablemans», was nicht nur zwei komplett unterschiedliche Rollen sind, sondern auch riesige Parts in den entsprechenden Filmen.

Der eine Film von ihm, den ich nicht gesehen hatte, war «Swiss Army Man». Mein Sohn hat ihn mir vorgeschlagen. Und die Freude, die Naivität, schlicht der Spass, den er in dieser Rolle hatte – ich sah da den echten Keith Gill ein bisschen reflektiert, aufgrund seiner Authentizität, seiner Ehrlichkeit. Darum habe ich mich für Paul entschieden, genau das haben wir gebraucht.

Sie haben den Film in 31 Tagen abgedreht. Das ist wenig Zeit. Wie haben sie das geschafft?

Ich bin jemand, der jede einzelne Kameraeinstellung und -position im Vorhinein visualisieren muss. Ich habe mich mit meinem kreativen Leiter zusammengesetzt und wir haben jede einzelne Aufnahme durchgeplant. Das waren Tausende Kameraeinstellungen: Jeder Winkel, wo wir in der Szene beginnen und wo wir aufhören mit Kamerafahrten, es war alles minutiös geplant. Das wird für uns zur Bibel. Noch mehr als das Drehbuch.

Tausende Kameraeinstellungen! Dauerte diese Planung länger als der Dreh selbst?

(Lacht) Nein, in etwa drei Wochen hatten wir das zusammen. Da haben wir aber auch jede freie Minute an den Wochenenden für den Film aufgeopfert.

«Dumb Money» läuft ab 26. Oktober in allen blue Cinema Kinos.


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