Ukraine-ÜbersichtUS-Regierung: Streumunition ist für Ukraine auch Lückenfüller +++ Putin erklärt ukrainische Gegenoffensive für gescheitert
Agenturen/Red.
16.7.2023
Selenskyj: Russland wirft alle Ressourcen in Kampf gegen die Gegenoffensive
Die Aussage ist ein Indiz für die Schwierigkeiten, mit denen das ukrainische Militär bei seiner Offensive konfrontiert ist.
15.07.2023
Der Ukraine-Krieg dauert bald 17 Monate. Mit Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew rechnet auf absehbare Zeit kaum jemand. Und jetzt steht eine der wenigen Abmachungen vor dem Aus. Alle News hier im Ticker.
Agenturen/Red.
16.07.2023, 16:20
16.07.2023, 22:15
Agenturen/Red.
Im Krieg zwischen Russland und der Ukraine steht eine der wenigen gültigen Vereinbarungen zwischen beiden Seiten vor dem endgültigen Scheitern. Das internationale Getreideabkommen, mit dem die Ukraine trotz der Kämpfe viele Millionen Tonnen Mais und Weizen übers Schwarze Meer ins Ausland verkaufen konnte, läuft an diesem Montag aus. Moskau zeigte bis in die letzten Stunden keinerlei Bereitschaft, es zu verlängern. Vor allem in Afrika gibt es grosse Sorgen, dass wichtige Nahrungsmittel dann noch knapper werden.
Übers Wochenende lieferten sich beide Kriegsparteien weiterhin bittere Kämpfe. Die ukrainische Gegenoffensive kommt auch nach Meinung westlicher Experten nur schwer voran. Kremlchef Wladimir Putin drohte nach Ankunft der ersten Lieferungen international geächteter Streumunition aus den USA in der Ukraine damit, ebenfalls solche Munition einzusetzen. Russland verfüge dazu über «ausreichende Reserven», sagte er im Staatsfernsehen. Berichten zufolge hat Russland Streubomben längst schon im Einsatz.
Selenskyj besteht auf «kompletter Befreiung»
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigte, Ziel sei die «komplette Befreiung» seines Landes von russischer Besatzung. Das russische Verteidigungsministerium berichtete von mehreren ukrainischen Drohnenangriffen auf die seit 2014 von Russland besetzte Schwarzmeerhalbinsel Krim, die alle abgewehrt worden seien. In Sewastopol hat Russlands Schwarzmeerflotte ihren Hafen. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert schon fast 17 Monaten.
Das vor allem mit Hilfe der Türkei und der Vereinten Nationen mühsam ausgehandelte Getreideabkommen läuft an diesem Montag um 23.00 Uhr MESZ aus. Die Ukraine- vor dem Krieg einer der weltweit wichtigsten Getreideexporteure – konnte damit in den vergangenen zwölf Monaten 33 Millionen Tonnen verschiffen. Am Sonntag machte sich nun im Hafen Odessa möglicherweise eines der letzten Schiffe auf den Weg, der Frachter «TQ Samsun». Er ist nach UN-Angaben mit mehr als 15 000 Tonnen Raps beladen.
Kreml besteht auf Lockerung westlicher Sanktionen
Viele andere Regierungen und auch die Vereinten Nationen appellieren an Russland, das Abkommen nicht auslaufen zu lassen. Putin begründete die Ablehnung nach Angaben des Kremls in einem Telefonat mit Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa damit, dass Moskaus Forderungen nach einem Ende der Exportbeschränkungen für russische Lebensmittel und Dünger nicht erfüllt würden. Der Kreml will, dass der Westen dafür Sanktionen lockert, die wegen des Kriegs verhängt wurden. Dazu ist der Westen jedoch nicht bereit.
Einsatz von Streubomben international geächtet
Besonders umstritten ist bei der westlichen Hilfe die Lieferung von Streumunition, die US-Präsident Joe Biden kürzlich freigegeben hatte. Die Ukraine lässt bislang noch offen, unter welchen Umständen sie Streubomben einsetzen will. Solche Bomben explodieren noch in der Luft und verteilen Geschosse über grössere Flächen. Deutschland und 110 andere Staaten haben sie deswegen geächtet – die USA, Russland und die Ukraine aber nicht.
Kiew bestreitet Attentatspläne gegen Journalistinnen
Unterdessen warf Russlands Inlandsgeheimdienst FSB dem ukrainischen Geheimdienst SBU vor, Mordanschläge gegen prominente Journalistinnen zu planen. Demnach sei ein Attentat auf die Chefredakteurin des Staatsfernsehsenders RT, Margarita Simonjan, verhindert worden. Auch die prominente Moderatorin Xenia Sobtschak habe getötet werden sollen. Die Ukraine wies die Vorwürfe zurück. Unabhängig überprüfbar sind die Angaben beider Seiten nicht.
Die Ereignisse des Tages in der Übersicht
Das Wichtigste in Kürze:
Kremlchef Wladimir Putin hat mit dem Einsatz von Streubomben gedroht, falls die Ukraine diese von den USA gelieferte Munition verwenden sollte.
Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj hat nach einem Bericht der US-Zeitung «Washington Post» Angriffe seines Landes auf russisches Staatsgebiet zugegeben.
Der ehemalige Box-Weltmeister Wladimir Klitschko hat an die Deutschen appelliert, bei der Unterstützung der Ukraine nicht nachzulassen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Erwartungen an die laufende Kiewer Offensive gedämpft.
Was am Samstag wichtig war, kannst du hier nachlesen.
Ukrainischer Generalstab: Russland konzentriert sich auf Donbass
Russland konzentriert sich nach Angaben des ukrainischen Generalstabs in seinem Angriffskrieg weiter auf Offensivoperationen im industriellen Kernland der Ukraine, dem Donbass. Die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maljar unterstrich dies, indem sie am Sonntag sagte, die Kämpfe im Osten des Landes hätten sich ein Stück weit intensiviert. In der Messaging-App Telegram schrieb sie, Russland habe an zwei aufeinanderfolgenden Tagen «aktiv» Angriffe in Richtung von Kupjansk in der nordöstlichen Region Charkiw verübt.
In dem Gebiet seien die ukrainischen Streitkräfte in der Defensive, erklärte Maljar. Die Ukraine versucht seit einiger Zeit, die russischen Angreifer mit einer Gegenoffensive zurückzudrängen. «Es finden heftige Kämpfe statt, die Positionen beider Seiten verändern sich mehrmals täglich dynamisch», schrieb sie.
Maljar berichtete, an der nördlichen Flanke um die zerstörte Stadt Bachmut versuche das ukrainische Militär, seine Positionen zu halten. An der Südflanke rückten die ukrainischen Soldate «täglich» vor, sagte sie. Die Ukraine versucht, die Stadt einzukreisen, seitdem sie dort im Mai die Kontrolle an Russland verlor.
17.24 Uhr
Putin will eroberte Nato-Waffen für russische Entwicklungen nutzen
Der russische Präsident Wladimir Putin will die in seinem Krieg gegen die Ukraine erbeuteten Nato-Waffen analysieren und für die Verbesserung eigener Systeme nutzen lassen. «Wenn es da etwas gibt, das man bei uns verwenden kann, warum denn nicht», sagte Putin zu einem möglichen Nachbau von Waffen.
Der Gegner produziere wie Russland moderne Waffen, die studiert werden könnten, sagte er dem russischen Staatsfernsehen in einem am Sonntag veröffentlichten Clip. Putin bezeichnete erneut die Gegenoffensive der Ukraine zur Befreiung ihrer besetzten Gebiete im Osten und im Süden des Landes als erfolglos. Dagegen meldete die Ukraine zahlreiche Gebietsgewinne.
Das russische Militär präsentiert immer wieder stolz in sozialen Netzwerken erbeutete schwere Waffen westlicher Verbündeter, die die Ukraine etwa mit Panzern, Flugabwehrsystemen und Raketen unterstützen. Es gab auch schon Vorschläge im Parlament in Moskau, eine grosse Ausstellung mit der Kriegsbeute zu organisieren. Auch die Ukraine stellt etwa im Stadtzentrum der Hauptstadt Kiew erbeutete russische Waffen aus.
Das vor allem mit Hilfe der Türkei und der Vereinten Nationen mühsam ausgehandelte Getreideabkommen läuft an diesem Montag um 23.00 Uhr MESZ aus. Die Ukraine- vor dem Krieg einer der weltweit wichtigsten Getreideexporteure – konnte damit in den vergangenen zwölf Monaten 33 Millionen Tonnen verschiffen. Am Sonntag machte sich nun im Hafen Odessa möglicherweise eines der letzten Schiffe auf den Weg, der Frachter «TQ Samsun». Er ist nach UN-Angaben mit mehr als 15’000 Tonnen Raps beladen.
The last ship under the "grain deal" left the port of #Odesa, Reuters writes.
Ukraine nach eigenen Angaben nahe Kupjansk «in der Defensive»
Die ukrainische Armee befindet sich nach Angaben aus Kiew derzeit nahe der ostukrainischen Kupjansk in der Defensive gegen russische Angriffe. «Zwei Tage in Folge hat der Feind im Sektor Kupjansk in der Region Charkiw aktiv angegriffen. Wir sind in der Defensive», erklärte die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Sonntag. «Es finden heftige Kämpfe statt, und Positionen (...) verändern sich mehrfach am Tag.» Zugleich sprach sie von «allmählichen» Fortschritten nahe der umkämpften Stadt Bachmut.
⚡️Military: Situation on eastern front escalates.
Deputy Defense Minister Hanna Maliar reported on July 16 that the situation along the eastern front line had escalated, with Ukrainian troops gradually advancing in the Bakhmut direction but on the defensive near the Kupiansk…
— The Kyiv Independent (@KyivIndependent) July 16, 2023
Maljar gab aber an, dass die ukrainischen Truppen nahe Bachmut «allmählich vorrücken». «Es gibt einen täglichen Vorstoss an der südlichen Flanke um Bachmut. An der Nordflanke versuchen wir unsere Positionen zu halten, der Feind greift an», erklärte die Vize-Ministerin weiter.
15.41 Uhr
US-Regierung: Streumunition ist für Ukraine auch Lückenfüller
Die Bereitstellung der umstrittenen Streumunition soll für die Ukraine der US-Regierung zufolge eine «Lücke» füllen. US-Präsident Joe Biden sei entschlossen gewesen, die Ukraine nicht «schutzlos» zu lassen, sagte Bidens nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan am Sonntag dem US-Sender CNN.
Biden hatte zuvor eingeräumt, dass die USA nur noch wenig andere Munition in ihren Beständen hätten und die Streumunition als eine Art Übergangslösung bezeichnet. Darauf angesprochen sagte Sullivan, dass nach dem Antritt von Bidens Regierung festgestellt worden sei, dass die Bestände an Nato-Standardmunition in den USA «relativ gering» gewesen seien.
«Wir stellten fest, dass die Fähigkeit zur Massenproduktion dieser Munition nicht Tage oder Wochen oder Monate, sondern Jahre dauern würde», so Sullivan weiter. Biden habe das Pentagon angewiesen, die Produktionskapazitäten zu erhöhen. «Wir brauchen eine Brücke zwischen heute und dem Tag, an dem wir das Ziel erreicht haben», sagte Sullivan mit Blick auf den Bedarf der Ukraine. An dieser Stelle schliesse die Streumunition eine «Lücke». Diese sei bereits geliefert worden und in der Ukraine eingetroffen. Er habe aber keine Information darüber, ob die Ukraine diese bereits eingesetzt habe.
15.21 Uhr
Nach «Amazon»-Bemerkung: Britischer Minister twittert auf Ukrainisch
Mit einer längeren Erklärung auf Ukrainisch hat der britische Verteidigungsminister Ben Wallace seine Bemerkungen zur Ukraine-Hilfe eingeordnet, die vergangene Woche Schlagzeilen gemacht hatten. «Meine Kommentare dazu, wie man die Ukraine am besten unterstützen könne, sind auf grosses Interesse gestossen und sind etwas falsch interpretiert worden», hiess es in einer in der Nacht zum Sonntag veröffentlichten Stellungnahme bei Twitter.
Laut britischen Medienberichten von letzter Woche hatte Wallace den Ukrainern voriges Jahr gesagt, als ihm eine Liste gegeben worden sei, die Briten seien nicht «Amazon». Das löste Befremden in Kiew aus.
Als jemand, der sich sehr dafür einsetze, Unterstützung für die Ukraine zu mobilisieren, habe er die Herausforderungen dabei erörtert, erklärte Wallace nun. Er habe gesagt, dass die Ukraine manchmal verstehen müsse, dass in vielen Ländern und manchen Parlamenten die Unterstützung nicht so gross sei wie in Grossbritannien. Die Zustimmungsrate zur Ukraine-Hilfe gehöre mit über 70 Prozent zu den höchsten in Europa. Trotzdem müssten die Menschen von der Hilfe überzeugt werden, sagte Wallace. Parlamente hätten oft konkurrierende Bedürfnisse und die Ukraine und Grossbritannien müssten sie weiter zu starker Unterstützung ermutigen.
Britische Medien hatten Wallace vergangene Woche mit den Worten zitiert, er habe Kiew geraten, daran zu denken, dass es andere Staaten bitte, ihre eigenen Waffenbestände zugunsten der Ukraine aufzugeben oder dass es darum gehe, «zweifelnde Politiker» etwa in den USA zu überzeugen. «Ob man es mag oder nicht, die Leute wollen etwas Dankbarkeit sehen.»
Wallace erklärte nun, die Kommentare mit Bezug zu Amazon seien letztes Jahr gemacht worden, um zu betonen, dass die Beziehung Grossbritanniens zur Ukraine nicht «transaktional», sondern eher «partnerschaftlich» sei. Er persönlich werde die Ukraine auf ihrem Weg so lange unterstützen, wie es nötig sei.
14.52 Uhr
Putin: Ukrainische Gegenoffensive «hat keinen Erfolg gehabt»
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die im Juni begonnene ukrainische Gegenoffensive als erfolglos bezeichnet. Alle «Versuche des Feindes», die russischen Verteidigungslinien zu durchbrechen, seien «während des gesamten Zeitraums der Offensive» erfolglos geblieben, sagte Putin in einem am heutigen Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem Fernsehsender Rossija-1.
«Der Feind hat keinen Erfolg gehabt», ergänzte Putin. Die Lage an der Front sei für die russischen Streitkräfte «positiv». Die russischen Truppen verhielten sich «heldenhaft», sagte Putin. «Unerwartet für den Gegner» gingen «sie in einigen Sektoren sogar in die Offensive und erobern vorteilhaftere Positionen».
Am Freitag hatte der Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, eingeräumt, dass es bei der ukrainischen Gegenoffensive «nicht so schnell» vorangehe.
14.16 Uhr
Ukraine meldet Schüsse auf Zivilisten in Saporischschja
Diese Bilder, die am Samstag veröffentlicht wurden, sollen die Folgen des Beschusses eines Dorfes in Saporischschja im Süden der Ukraine zeigen. Nach Angaben des Leiters der ukrainischen Präsidialverwaltung wurden drei Zivilisten verwundet. Russische Streitkräfte hätten das Dorf Stepnohirske mit mehreren Raketenwerfern beschossen und ein Verwaltungsgebäude getroffen.
Dagegen sagte ein von Russland eingesetzter Vertreter in den von Moskau kontrollierten Teilen von Saporischschja, nicht russische, sondern ukrainische Streitkräfte hätten eine Schule in einem Dorf zerstört. Informationen aus den Kriegsgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Ukraine meldet Schüsse auf Zivilisten in Saporischschja
Nach Angaben des Leiters der ukrainischen Präsidialverwaltung wurden drei Zivilisten verwundet.
16.07.2023
13.05 Uhr
US-Institut sieht Kampf gegen Ungehorsam im Moskauer Militärapparat
Nach der Absetzung mehrerer russischer Generäle sehen US-Experten einen breiten Kampf gegen den Ungehorsam im Moskauer Militärapparat sowie um die Informationshoheit im Krieg gegen die Ukraine. Die am Samstag von nicht offiziellen russischen Quellen berichtete Entlassung des Generalmajors Wladimir Seliwjorstow und zuvor seines Kollegen Iwan Popow legten nahe, dass sich die «Zersetzung der russischen Befehlskette in der Ukraine beschleunigt», hiess es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien ISW in Washington am Samstag (Ortszeit).
Offiziell hat sich das Verteidigungsministerium in Moskau wie auch in anderen Fällen nicht zur Absetzung des 49-jährigen Seliwjorstow als Kommandeur der 106. Garde-Luftlandedivision geäussert. Die ISW-Experten gehen aber davon aus, dass der erst im Juni beförderte Generalmajor wie Popow zuvor ebenfalls die Kriegsführung kritisiert hatte. Popow hatte seine Absetzung selbst mitgeteilt.
Die US-Experten sehen aktuell eine Säuberung des Militärapparats von nicht loyalen Kräften. Demnach sind Verteidigungsminister Sergej Schoigu und sein Generalstabschef Waleri Gerassimow dabei, sich dieser Offiziere zu entledigen. «Wachsender Ungehorsam wird wahrscheinlich die bestehende Spaltung im russischen Militär und in der breiteren Sicherheitssphäre vertiefen», hiess es in der Analyse.
Hintergrund ist der am 24. Juni rasch wieder beendete Aufstand der russischen Privatarmee Wagner gegen den Militärapparat. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatten Schoigu und Gerassimow Unfähigkeit vorgeworfen. Prigoschin hat auch in den regulären Truppen Anhänger.
Die ISW-Experten sehen zudem eine Tendenz des Kreml und des Verteidigungsministeriums, die vor allem über den Nachrichtendienst Telegram verbreiteten Informationen und Enthüllungen unter Kontrolle zu bekommen. Dort hatten frühere russische Geheimdienstoffiziere immer wieder Insiderkenntnisse verbreitet, die als Kritik am Moskauer Apparat aufgenommen wurden.
11.50 Uhr
Ukraine weist Mordpläne gegen RT-Chefredakteurin zurück
Die Ukraine hat russische Vorwürfe eines geplanten Mordanschlags auf zwei prominente Medienvertreterinnen in Moskau zurückgewiesen. Für die Ukraine spielten die Chefredakteurin des Staatsfernsehsenders RT, Margarita Simonjan, und die Moderatorin Xenia Sobtschak keine Rolle, sagte der Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, im Einheitsfernsehen in Kiew. «Sie haben auf nichts einen Einfluss. Sie spielen heute keine Rolle in dem, was passiert - nicht im Rahmen des Krieges insgesamt und nicht im Rahmen dessen, dass Russland seine Position im globalen Kontext verloren hat.»
Russlands Inlandsgeheimdienst FSB verhinderte nach eigenen Angaben einen Mordanschlag auf Simonjan und Sobtschak und nahm sieben Verdächtige fest, darunter mehrere Minderjährige. Demnach wollten russische «Neonazis» im Auftrag des Kiewer Geheimdienstes SBU Simonjan töten, die eine glühende Unterstützerin von Moskaus Krieg gegen die Ukraine ist. Das Motiv für die Kriegsgegnerin Sobtschak blieb unklar; sie verwahrte sich dagegen, mit der RT-Propagandistin auf eine Stufe gestellt zu werden. Das sei «schäbig».
RT veröffentlichte ein Video, auf dem ein junger Mann in einem T-Shirt mit der Aufschrift «Waffen SS» behauptet, er habe von Ukrainern den Mordauftrag angenommen. Der demnach 18 Jahre alte Mann, der seinen Namen und sein Geburtsdatum nennt, schildert den angeblichen Tathergang. Bei der geplanten Waffenübergabe sei er von Sicherheitskräften festgenommen worden, sagte er.
Der FSB meldet immer wieder verhinderte Attentate und Festnahmen von Verdächtigen, die im Auftrag ukrainischer Dienste Anschläge geplant haben sollen. Überprüfbar ist das nicht von unabhängiger Stelle.
11.26 Uhr
London: Übergangsregelung zur Zukunft von Wagner nimmt Gestalt an
Drei Wochen nach der kurzen Rebellion der Wagner-Armee gegen die russische Militärführung nehmen die Aktivitäten der Söldnertruppe nach britischer Einschätzung wieder zu. Für den russischen Sicherheitsapparat habe nach der Meuterei am 24. Juni eine Zeit der Verwirrung und Verhandlungen begonnen, teilte das Verteidigungsministerium in London am Sonntag mit. In den vergangenen Tagen habe eine Übergangsregelung zur Zukunft der Gruppe langsam Gestalt angenommen.
Seit Samstag sei «zumindest ein kleines Kontingent» an Wagner-Kämpfern in einem Camp in Belarus angekommen, schrieben die Briten in ihrem täglichen Update bei Twitter.
Gleichzeitig hätten einige Wagner-nahen Gruppen in den sozialen Medien ihre Aktivität wieder aufgenommen. Der Fokus liege dabei darauf, die Aktivitäten der Gruppe in Afrika herauszustellen. «Ausgehend von den jüngsten Ankündigungen von russischen Beamten ist der Staat wahrscheinlich bereit, Wagners Bestrebungen zu akzeptieren, um seine umfangreiche Präsenz auf dem Kontinent beizubehalten.»
Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 16 July 2023.
Kremlchef Wladimir Putin hat mit dem Einsatz von Streubomben gedroht, falls die Ukraine diese von den USA gelieferte Munition verwenden sollte. «Ich möchte sagen, dass Russland ausreichende Reserven verschiedener Arten an Streumunition hat», sagte Putin dem russischen Staatsfernsehen in einem am Sonntag veröffentlichten Clip.
Russland wolle die international geächtete Munition nicht einsetzen, so Putin. «Aber natürlich, wenn sie gegen uns eingesetzt wird, dann behalten wir uns das Recht zu deckungsgleichen Handlungen vor.» Zuvor hatte sich auch Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu ähnlich geäussert.
Menschenrechtler werfen den russischen und den ukrainischen Streitkräften vor, in dem Krieg bereits in der Vergangenheit Streubomben eingesetzt zu haben.
Dagegen gibt Putin an, Russland habe sie bisher nicht eingesetzt, obgleich es eine Zeit lang auch auf russischer Seite «bekanntermassen einen Mangel an Munition» gegeben habe.
Der russische Präsident warf den USA vor, die umstrittene Streumunition bereitzustellen, weil der Westen nicht mehr in der Lage sei, die Ukraine mit ausreichend herkömmlichen Mitteln zu versorgen. «Sie haben nichts Besseres gefunden, als den Einsatz von Streumunition vorzuschlagen», sagte Putin.
10.41 Uhr
Ukraine: Eine Tote nach Angriff auf Shebekino
Bei einem russischen Angriff auf die Stadt Shebekino in der Provinz Belgorod ist nach ist nach ukrainischen Angaben ein Frau getötet worden.
Ukraine meldet über 237’000 tote und verletzte russische Soldaten
Seit Beginn der russischen Invasion auf die Ukraine sind gemäss Angaben des ukrainischen Generalstabs 237’680 russische Soldaten getötet oder verletzt worden. Die Zahl der Toten sei in den letzten 24 Stunden um etwa 500 gestiegen.
Ausserdem seien weitere fünf Panzer, sieben gepanzerte Fahrzeuge, 18 Artilleriesysteme, ein Mehrfachraketenwerfer und 13 Drohnen zerstört worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen
These are the indicative estimates of Russia’s combat losses as of July 16, according to the Armed Forces of Ukraine. pic.twitter.com/NaRVN6FKZN
— The Kyiv Independent (@KyivIndependent) July 16, 2023
09.17 Uhr
Krim: Mehrere ukrainische Drohnenangriffe abgewehrt
Mitten in der Ferienzeit sind auf der von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim laut Behörden am Sonntag neun ukrainische Drohnenangriffe abgewehrt worden. «Heute Morgen ist der Versuch des Kiewer Regimes, einen Terrorangriff zu verüben, vereitelt worden», teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau mit. Es sei niemand verletzt worden. In Sewastopol hat die russische Schwarzmeerflotte, die im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt wird, ihren Hafen.
Die Flugabwehr habe zwei Drohnen abgeschossen, fünf weitere seien durch die Einheiten der radioelektronischen Aufklärung zum Absturz gebracht und zwei über dem Wasser vernichtet worden, teilte der Gouverneur der Hafenstadt Sewastopol, Michail Raswoschajew, am Sonntagmorgen mit. Das Verteidigungsministerium sprach im letzten Fall von zwei «unbemannten Booten», die zerstört worden seien.
Die Angriffe waren diesmal nach offiziellen Angaben vergleichsweise massiv und ausdauernd. «Jetzt ist es in der Stadt ruhig», schrieb Raswoschajew im Nachrichtenkanal Telegram. Die Flugabwehr habe die Lage weiter unter Kontrolle. Auf der Krim machen im Sommer viele Russen trotz der Gefahr Urlaub. «Wir behalten die Ruhe», meinte der Gouverneur
Weder in der Stadt noch in den Buchten von Sewastopol seien «irgendwelche Objekte» beschädigt worden, teilte der Gouverneur mit. «Unsere Militärs haben souverän und ruhig die feindlichen Drohnenattacken auf Sewastopol abgewehrt.» Die Schwarzmeerflotte sei gemeinsam mit den Einheiten der Flugabwehr im Einsatz gewesen. Demnach waren neben der Bucht von Sewastopol auch der Stadtteil Balaklawa betroffen und das Gebiet der altgriechischen Siedlung von Chersones, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehört.
The air defense system repelled an attack by nine UAVs on #Sevastopol, according to local collaborators.
The movement of ferries and boats in the Sevastopol Bay has been temporarily suspended. pic.twitter.com/Yng9fGzhac
US-Finanzministerin Janet Yellen hat die Unterstützung der Ukraine vor einem Treffen mit ihren Kollegen der anderen G20-Staaten als äusserst hilfreich für die globale Weltwirtschaft bezeichnet. «Die Beendigung dieses Krieges ist in erster Linie moralisch geboten», sagte Yellen am Sonntag vor Journalisten im indischen Gandhinagar. Aber es sei «auch das Beste, was wir für die Weltwirtschaft tun können». Die Finanzminister und Zentralbankchefs der G20-Staaten kommen am Montag und Dienstag im indischen Gandhinagar zusammen.
Vor dem Treffen diskutieren am Sonntag die Finanzminister der Gruppe der sieben großen Industriestaaten (G7) separat über zentrale Themen wie die Unterstützung für die Ukraine, die Schuldenprobleme wirtschaftlich schwächelnder Staaten, eine Bankenreform und ein globales Steuerabkommen. Zu den G7-Staaten gehören neben den USA und Deutschland auch Großbritannien, Frankreich, Japan, Italien und Kanada.
US-Finanzministerin Yellen sagte am Sonntag, sie werde sich «gegen die Vorstellung wehren», dass es einen «Zielkonflikt» zwischen der Unterstützung der Ukraine und der Unterstützung des globalen Südens gebe.
08.52 Uhr
Baerbock: Wünschte, dass wir mit Putin verhandeln könnten
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sieht absehbar keine Grundlage für Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über die Ukraine. «Ich wünschte mir, dass wir verhandeln könnten. Aber derzeit geht es nicht (darum), was man sich wünscht, sondern derzeit geht es darum, der Realität ins Auge zu blicken», sagte sie auf die Frage, ob man mit Putin verhandeln könne, in einem gemeinsamen Interview mit Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko für «Bild», «Welt» und «Politico».
Die Aussenministerin verwies darauf, dass in der Zeit vor dem Angriffskrieg versucht worden sei, am Verhandlungstisch eine weiter Eskalation zu verhindern. «Die Antwort darauf war, dass 100’000 Soldaten einmarschiert sind.»
Man versuche jeden Tag, dass mit Russland wieder normal geredet werden könne – dass dieses Land diplomatisch dahin zurückkomme, dass Frieden das Allerwichtigste sei. «Nur das ist leider nicht die Realität. Die Realität ist ein brutaler russischer Angriffskrieg.»
Die Ukraine müsse den Frieden zurückgewinnen können, sagte Baerbock. «Das funktioniert nur, wenn dieser brutale russische Angriffskrieg beendet wird, wenn die russischen Soldaten die Ukraine verlassen und diese tagtäglichen nächtlichen Angriffe per Drohnen, per Raketen, per Bomben auf die Ukraine aufhören.»
07.36 Uhr
Kiews Oberbefehlshaber bestätigt Schläge gegen Russland
Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj hat nach einem Bericht der US-Zeitung «Washington Post» Angriffe seines Landes auf russisches Staatsgebiet zugegeben. Demnach sagte er, dass er im Land produzierte eigene Waffen für diese Schläge nutze.
«Es ist unser Problem, und wir müssen entscheiden, wie wir den Feind töten. Es ist möglich und nötig, ihn auf seinem Gebiet im Krieg zu töten», sagte Saluschnyj der Zeitung. Besonders russische Grenzregionen erleben immer wieder massiven Artillerie- und Drohnenbeschuss von ukrainischer Seite.
Die US-Zeitung verweist darauf, dass Kiew die Schläge über die Grenze sonst offiziell nicht zugebe. «Wenn unsere Partner Angst haben, ihre Waffen zu nutzen, dann töten wir mit unseren eigenen», sagte Saluschnyj weiter mit Blick auf Auflagen der westlichen Verbündeten, mit den gelieferten Waffen nicht russisches Staatsgebiet anzugreifen. «Um meine Leute zu schützen, warum sollte ich jemanden um Erlaubnis fragen müssen, was ich auf feindlichem Gebiet tue.»
02.16 Uhr
Wladimir Klitschko: Bei Unterstützung der Ukraine «bitte nicht schwach werden»
Der ehemalige Box-Weltmeister Wladimir Klitschko hat an die Deutschen appelliert, bei der Unterstützung der Ukraine nicht nachzulassen, auch wenn Russlands Angriffskrieg noch lange andauern sollte. «Wir wissen nicht, wie lange es dauern wird. Bitte unterstützen Sie uns, bitte nicht schwach werden», sagte Klitschko in einem gemeinsamen Interview mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) für die «Bild»-Zeitung, die «Welt» und «Politico», aus dem die «Bild am Sonntag» zitiert.
Ausdauer spiele in Kampf gegen die russischen Besatzer «die entscheidende Rolle», sagte Klitschko.
Der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko widersprach in dem Interview nachdrücklich der von Politikern aus Nato-Staaten geäußerten Auffassung, die Ukraine habe für die Gegenoffensive alles bekommen, was sie benötige: «Das stimmt nicht. Wir haben nicht alles bekommen, was wir brauchen», sagte Klitschko. Diese Aussagen seien «inakzeptabel».
Sein Land benötige schnell Kampfjets und Hubschrauber, um sich gegen Kamikazedrohnen und Raketen zu schützen, aber auch an der Front. «Unsere besten Leute - Männer und Frauen – fallen», sagte Klitschko. Das sei «eine Zeitbombe». Um schnell agieren und überlegen kämpfen zu können, benötige sein Land moderne Waffen.
02.00 Uhr
Selenskyj dämpft Hoffnung auf schnellen Erfolg der Offensive
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Erwartungen an die laufende Kiewer Offensive gedämpft. «Wir müssen ganz klar – so klar wie möglich – begreifen, dass die russischen Streitkräfte in unseren südlichen und östlichen Gebieten alles ihnen Mögliche tun werden, um unsere Soldaten aufzuhalten», sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Daher müsse man für jeden Kilometer, den die eigenen Truppen vorwärts kämen und für jeden Erfolg im Kampf dankbar sein, sagte er. Die Aussage ist ein Indiz für die Schwierigkeiten, mit denen das ukrainische Militär bei seiner Offensive konfrontiert ist.
Nach dem Nato-Gipfel in Vilnius, von dem Selenskyj statt mit einer Einladung zum Nato-Beitritt mit Versprechungen der G7 über eine Sicherheitspartnerschaft zurückkehrte, galt die Aufmerksamkeit des Staatschefs nun wieder mehr den aktuellen Ereignissen an der Front.