Snowboard-Star Pat Burgener «Mit acht Jahren überlegte ich, mir das Leben zu nehmen»

Jan Arnet

17.3.2025

Pat Burgener hat bewegende Jahre hinter sich.
Pat Burgener hat bewegende Jahre hinter sich.
Keystone

Pat Burgener ist eine der grossen Schweizer Medaillen-Hoffnungen an der Freestyle-WM in St. Moritz. Als Snowboarder und Musiker begeistert er die Massen. Das war nicht immer so. Früher hat Burgener sein Leben gehasst.

Jan Arnet

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Zwischen dem 17. und 30. März findet in St. Moritz die Freestyle-WM statt. Mit dabei ist auch der Lausanner Sowboarder Pat Burgener, der mittlerweile auch als Musiker bekannt ist.
  • Burgener hat eine bewegende Lebensgeschichte. Eine Verhaltensstörung machte ihm als Kind zu schaffen, bereits in jungen Jahren hatte er Suizidgedanken.
  • Heute sieht Burgener ADHS als «grösste Stärke», wie er sagt. «Ich habe so viel Energie, die ich auch brauchen muss, sonst wird es mir langweilig.»

Wer Pat Burgeners Instagram-Profil besucht, kommt aus dem Grinsen kaum heraus. Der 30-Jährige füttert seine 188'000 Follower hat täglich mit lustigen Sketchen. Ausserdem präsentiert er den Fans spektakuläre Stunts oder beweist sein musikalisches Talent.

In einem Clip rast er mit dem Snowboard und einer Gitarre in den Händen über den Schnee und macht Werbung für die Freestyle-WM in St. Moritz, die zwischen dem 17. und 30. März über die Bühne geht. 

So unbeschwert und locker das Leben des Snowboarders in den sozialen Medien rüberkommt, war und ist es aber nicht. Burgener hatte es als Kind enorm schwer. «Früher habe ich mein Leben gehasst», sagt er im SRF-Format «Kehrseite». Da spricht der Waadtländer offen über ADHS, seine Aufmerksamkeitsdefizit-Störung mit Hyperaktivität, die er heute nicht mehr als Krankheit, sondern auch als Superkraft sieht.

Suizidgedanken auf der Brücke

Kurz nach der Jahrtausendwende kommt der kleine Patrick in Lausanne in die Schule. Und fällt schnell auf. «Ich habe viel Mist gebaut, warf meine Skates die Treppe herunter oder schwänzte die Schule», erinnert sich Burgener. «Ich war ein Rebell.»

Der Sport half Pat Burgener aus seinem Loch.
Der Sport half Pat Burgener aus seinem Loch.
Keystone

Insgesamt fünfmal wird es aus der Schule geschmissen. «Sie sagten: ‹Du kannst nicht ruhig sitzen. Du bist blöd, dumm. Aus dir wird nie etwas werden.›» Die Eltern der anderen Kinder wollen nicht, dass sie mit Pat spielen, weil sie ihn ihm einen schlechten Einfluss sehen. «Ich habe das alles gehört und musste damit leben. Ich bekam das Gefühl, nirgends dazuzugehören. Das ist das schlimmste Gefühl, das ein Kind haben kann.»

Dem kleinen Pat geht es nicht gut. Wöchentlich wird er zu einem Arzt geschickt. «Ich war sieben oder acht Jahre alt, als ich mir überlegte, mich umzubringen. Es ist krass, dass ich solche Gedanken hatte, aber es hat einfach nichts mehr Sinn gemacht für mich», erzählt Burgener. Er sei über Brücken gelaufen und überlegte sich, herunterzuspringen.

Musik als zweite grosse Leidenschaft

Auch heute sei ADHS in seinem Leben noch präsent. Aber Burgener hat gelernt, damit umzugehen. «Heute ist es meine grösste Stärke. Ich habe so viel Energie, die ich auch brauchen muss, sonst wird es mir langweilig», sagt er. So reicht auch die eine Leidenschaft, das Snowboarden, nicht aus.

Nebenbei ist Pat Burgener auch Musiker. Beim Streamingdienst Spotify hat er 80'000 monatliche Hörer. Sein erfolgreichster Song «Staring At The Sun» wurde da schon fast 7 Millionen Mal gehört. Kürzlich hat er mit «ADHD» einen Song herausgebracht, in dem er seine Verhaltensstörung aufarbeitet. «Lasst die Welt wissen, dass es okay ist, anders zu sein», schreibt er dazu auf Instagram.

Seine Songs sind oft tiefgründig und emotional. Wer seine Musik hört, merkt, dass es Burgener auch als Erwachsener nicht immer gut ging. Im Snowboarden fand er seinen sicheren Hafen, doch zahlreiche Verletzungen – unter anderem zwei Kreuzbandrisse – und Operationen warfen den Waadtländer immer wieder zurück.

«Ich kann viele andere Leute inspirieren»

Die Musik und die nicht immer ganz ernst gemeinten Social-Media-Posts helfen Burgener, auch in schwierigen Zeiten stark zu bleiben. «Viele sehen in mir Pat Burgener, den Olympia-Snowboarder, der es immer einfach hatte. Aber sie sehen nicht, dass ich mir mit acht Jahren fast das Leben genommen habe, dass ich grosse Mühe hatte mit meinem Selbstvertrauen, bis ich 25 war, und dass ich zehnmal verletzt war und Operationen hatte.»

Burgener hat auch als Musiker Erfolg.
Burgener hat auch als Musiker Erfolg.
Keystone

Es sei ihm deshalb wichtig, den Leuten auch die Schattenseiten des Lebens aufzuzeigen. «Heute habe ich alle meine Ziele erreicht und bin auf dem richtigen Weg. Ich kann viele andere Leute inspirieren und ihnen den Weg zeigen», sagt Burgener.

Nun kämpft er an der Freestyle-WM um die Medaillen. 2017 und 2019 holte er auf der Halfpipe bereits WM-Bronze. Doch nicht nur der Sport steht beim 30-Jährigen in St. Moritz im Fokus. Am 23. März, mitten in den Weltmeisterschaften, gibt er auf dem Festival-Gelände auch noch ein Konzert.

Suizid-Gedanken? Hier findest du Hilfe:

  • Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da.
  • Beratungstelefon der Dargebotenen Hand: Telefonnummer 143 oder www.143.ch
  • Beratungstelefon Pro Juventute (für Kinder und Jugendliche): Telefonnummer 147 oder www.147.ch
  • Weitere Adressen und Informationen: www.reden-kann-retten.ch
  • Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben:

    Refugium: Verein für Hinterbliebene nach Suizid

    Nebelmeer: Perspektiven nach dem Suizid eines Elternteils

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