Gregor Deschwanden und Pius Paschke: Zwei Oldies, denen erst im hohen Skisprung-Alter der Knopf aufgegangen ist, stehen im Mittelpunkt des kommenden Weltcup-Wochenendes von Engelberg.
Der Luzerner und der Bayer vertreten diese Saison die Schweiz und Deutschland mit Resultaten, die ihnen vor einem Monat kaum jemand zugetraut hätte. Deschwanden ist die Nummer 5 der Welt, Paschke mit fünf Siegen in acht Springen sogar die klare Nummer 1. Zweimal standen der 33-Jährige und der 34-Jährige zu Beginn des Winters sogar gemeinsam auf dem Podest. Bei Deschwandens Podestplätzen als Zweiter in Wisla und Titisee-Neustadt war der Deutsche Dritter und Erster.
Deschwanden und Paschke sind so gut unterwegs wie noch nie in ihrer Karriere. Der Schweizer sprang achtmal in Serie in die Top 11 – ein persönlicher Rekord. Und Paschke feierte fünf seiner sechs Weltcupsiege in den vergangenen Wochen. Und auch seine Premiere ist noch nicht lange her: Vergangene Saison gewann er das erste von zwei Springen in Engelberg.
Selbst ein Laie sieht die Fortschritte
Die beiden haben ihre Hausaufgaben über den Sommer richtig gelöst: Der Absprung erfolgt derart präzise, dass sie die optimale Flugkurve erreichen, stets in der Balance bleiben und vor allem die Aerodynamik maximieren, um die Flugweite zu erhöhen. In einem Video von Swiss-Ski vergleicht Deschwanden seine Sprünge von Engelberg in den Jahren 2012 und 2023. «Bei der Premiere sieht sogar der Laie die Fehler, jetzt schliesst das System 10 bis 15 m nach dem Absprung sauber», analysiert der Mann aus Horw.
Vor einem Monat hielt Deschwanden im Flughafen Kloten vor der Reise zum Weltcupauftakt nach Lillehammer im kleinen Medienkreis Rückschau auf das Sommertraining. «Das technische Bild des Sprungs ist da, und ich konnte es auch im Training abrufen. Jetzt hoffe ich, dass es auch im Wettkampf klappt», sagte er damals. Inzwischen hat er in Lillehammer, Ruka, Wisla und Titisee-Neustadt diese Zweifel ausgeräumt.
Er versuche, den Sprung noch etwas radikaler zu gestalten, Körper und Ski noch schneller ins Flug-System zu bringen, noch mehr Tempo in den unteren Teil des Hangs mitzunehmen. «Wenn ich das schaffe, bin ich vorne dabei», betonte er in Kloten. Seine Einschätzung erwies sich als richtig, obwohl ihm in den Trainings die interne Konkurrenz fehlt.
Deschwanden liess auch durchblicken, was unter anderem auf seiner Bucket List steht: « Der erste Weltcupsieg». Der junge Österreicher Daniel Tschofenig und Paschke standen ihm diesen Winter bislang vor der Sonne. «Als Sportler nehme ich allerdings lieber die Konstanz als einen Zufallssieg», schob er noch nach. Im Wissen, dass bei konstant hohen Leistungen das Pendel einmal auf seine Seite ausschlagen wird.
Vielleicht ist dies ja in Engelberg der Fall. Bei 23 Weltcupspringen ist er auf der Titlis-Schanze bereits abgehoben. Die beiden einzigen Top-Ten-Resultate stammen aus dem vergangenen Winter mit einem 6. und 8. Rang. Im Vorjahr war er ähnlich gut in die Saison gestartet, ehe dann mit der Tournee ein Knick kam. Dieser Einbruch soll nun ausbleiben.
Deschwanden, der in der Vergangenheit immer im Schatten von Simon Ammann oder Killian Peier stand, will sich nun wie Paschke im hohen Skisprung-Alter zum konstanten Podestspringer mausern.
Beharrlichkeit zahlt sich aus
Bislang gab es vier Schweizer Heimsiege am Fusse des Titlis – gleich drei davon durch Simon Ammann. Der vierfache Olympiasieger ist auch in diesem Jahr wieder am Start. Der vierte Erfolg ging auf das Konto von Andreas Küttel. Nur zu gerne würde sich Deschwanden auf der Heimschanze in die Siegerliste eintragen lassen.
Aber der Favorit heisst Pius Paschke: Der Vater von zwei kleinen Kindern befindet sich im Flow seines Lebens. Das ist umso erstaunlicher, weil der Spätstarter erst mit 27 Jahren regelmässiges Mitglied des A-Kaders wurde. Davor hatten seine Leistungen nicht einmal mehr für das B-Team gereicht. Er zeigt eine Beharrlichkeit, die auch Deschwanden an den Tag legt.