Johnny Weissmüller ist der erste Schwimmer, der die 100-Meter-Strecke unter einer Minute zurücklegt. Weltweite Bekanntheit erlangt der fünffache Olympiasieger aber mit seiner Filmrolle als Tarzan.
Johnny Weissmüller kam vor 116 Jahren, am 2. Juni 1904, in Freidorf im Westen Rumäniens auf die Welt. Es war der Beginn eines bewegten Lebens, geprägt von zahlreichen Höhen und ebenso vielen Tiefen. Vor allem seine Kindheit war keine einfache.
Nur sieben Monate nach seiner Geburt zog die Familie in die USA. Sie liess sich erst in Windber, einer kleinen Siedlung in Pennsylvania nieder, zog später aber nach Chicago weiter. Weissmüller stammte aus armen Verhältnissen. Sein Vater, ein einfacher Arbeiter eines Steinkohle-Bergbaus und später mit mässigem Erfolg als Barbetreiber tätig, war bekannt für raue Umgangsformen. Als Johnny zwölf Jahre alt war, kam es zum Bruch zwischen dem Vater und der Familie. Statt weiterhin zur Schule zu gehen, nahm klein Johnny verschiedene Jobs an, um sich, den jüngeren Bruder und die Mutter, die als Köchin arbeitete, über Wasser zu halten.
Als Kind war Johnny Weissmüller zudem oft krank. Sein damaliger Arzt riet ihm deshalb, mit dem Schwimmen zu beginnen, was rückblickend ein Segen war. Er entpuppte sich als Ausnahmetalent im Wasser. Die ersten Erfolge stellten sich rasch ein.
Goldjunge und Unterhalter
Bereits im Alter von 17 Jahren schwamm Weissmüller seinen ersten Weltrekord: Am 9. Juli 1922 unterbot er in 58,6 Sekunden als erster Schwimmer über 100 m Crawl die Ein-Minuten-Marke. In der zehn Jahre dauernden Schwimm-Karriere folgten weitere Weltrekorde; 51 waren es offiziell, etliche weitere sollen erst gar nicht protokolliert worden sein.
Weissmüller hatte das Crawlen dermassen perfektioniert, dass ihm niemand das Wasser reichen konnte. Während der Karriere schlug er in jedem offiziellen Wettkampf als Erster an. Ihn schwimmen zu sehen, sei «ästhetischer Genuss», beschrieb ihn ein österreichischer Sportfotograf einst. Weissmüller pflegte – vor allem im Endspurt – einen eigenen Stil, den «American Crawl», bei dem er den Oberkörper über Wasser hielt.
Bei den Olympischen Sommerspielen 1924 in Paris war Weissmüller neben dem finnischen Leichtathleten Paavo Nurmi der grosse Star. Für die USA gewann er dreimal Gold und dazu Bronze im Wasserball. Nebenbei überzeugte Weissmüller auch als Entertainer: In den Pausen zwischen den einzelnen Läufen amüsierte er die Zuschauer mit einer Einlage vom Sprungturm. Nach zwei weiteren Olympiasiegen 1928 in Amsterdam trat er schliesslich vom Schwimmsport zurück.
Weissmüller war der beste Schwimmer seiner Zeit. Den Status als meist dekorierter Schwimmer in der Geschichte der Olympischen Sommerspiele verlor er erst Ende der Sechzigerjahre. In der von Michael Phelps (23 Gold/3 Silber/2 Bronze) angeführten ewigen Bestenliste nimmt Weissmüller Platz 17 ein.
Vom Bassin in den Dschungel
Statt nach der Spitzensportkarriere von der Bildfläche zu verschwinden, startete Weissmüller in Hollywood erst richtig durch. Als das Zeitalter der Tonfilme begann, bekam Weissmüller die männliche Hauptrolle als Tarzan. Mit seinem Körperbau war der Modellathlet wie geschaffen für die Rolle des Urwaldmenschen, der die hübsche Jane vor hungrigen Krokodilen rettete. Zwischen 1932 und 1948 begeistere Weissmüller in insgesamt zwölf Tarzan-Filmen das Publikum.
Trotz der eher mässigen schauspielerischen Qualitäten – seine Dialoge wurden jeweils auf das Minimum reduziert – ist Weissmüller bis heute der mit Abstand populärste Tarzan-Darsteller. Alle Nachfolger in der Rolle des Dschungel-Jungen erlangten nie dieselbe Berühmtheit wie er. Das hatte auch mit seinem legendären Tarzan-Schrei zu tun, eine Art Jodel, den er in Perfektion inszenierte. Ein Stern auf dem Hollywood Walk of Fame zeugt von den schauspielerischen Erfolgen.
Als Millionär verarmt
Der Ruhm zahlte sich für Weissmüller auch finanziell aus. Er verdiente mit der Schauspielerei viel Geld und konnte sich deshalb einiges leisten. «In den Dschungel bin ich mit fünf Goldmedaillen gegangen, herausgekommen bin ich mit zehn Tonnen Gold», sagte er einst.
Logisch, dass ein Typ wie er auch bei den Frauen gut ankam. Das Privatleben des Olympia- und Filmhelden verlief deshalb sehr turbulent. Weissmüller war fünfmal verheiratet. Mit der dritten Ehefrau Beryl Scott hatte er drei Kinder. Die jüngste Tochter Heidi Elisabeth Elizabeth verunglückte 1962 bei einem Autounfall.
Weissmüller war ein leichtlebiger Mensch und für seine Gutgläubigkeit bekannt. Ende der 1950er-Jahre war deshalb nicht mehr viel von seinem Reichtum übrig geblieben. Die Villen musste er verkaufen. Nach einem Schlaganfall 1977 landete Weissmüller in einem Altersheim in Kalifornien. Der Alltag dort behagte ihm aber überhaupt nicht. Er entschied sich deshalb, seinen Lebensabend in Mexiko zu verbringen, wo er schliesslich nach weiteren Schlaganfällen 1984 in Acapulco verarmt verstarb. Bei der Beisetzung ertönte nochmals der weltberühmte Tarzan-Schrei. Das «Aaaaahhhh uohuoh ouh-ouh» hallt bis heute nach.
SDA