Genug gelacht Wie mit Djokovic umgegangen wird, ist nicht korrekt

Von Tobias Benz

7.1.2022

Novak Djokovic darf doch nicht an den Australian Open teilnehmen.
Novak Djokovic darf doch nicht an den Australian Open teilnehmen.
Bild: Getty

Das Einzige, was uns zurzeit vom tagtäglichen Corona-Wahnsinn abzulenken scheint, ist die boshafte Freude über Novak Djokovics Albtraum in Melbourne. Doch Schadenfreude ist keine Tugend, also lasst uns doch damit aufhören. Ein Kommentar.

Von Tobias Benz

Wer die erste Neujahrswoche nicht unter einem Stein verbracht hat, weiss: Novak Djokovic darf nicht nach Australien einreisen. Das Zoll-Debakel des Serben hält derzeit die gesamte Sportwelt auf Trab und wie es scheint, können sich nur wenige das schadenfrohe Grinsen verkneifen.

Ist ja auch ein Kracher. Da freut sich der Schurke des Tennissports in einem Neujahrspost auf Instagram spitzbübisch über seine fragwürdige Sondergenehmigung für die Australian Open, nur um nach einem 14-stündigen Flug in Melbourne am Zoll so kalt geduscht zu werden wie der eidgenössische Impfbus bei seiner Ankunft in Alpthal.

Auf eine zehnstündige polizeiliche Befragung mitten in der Nacht folgt dann der Schlag ins Gesicht. Statt in die Rod Laver Arena geht’s für Djokovic am frühen Donnerstagmorgen in ein Hotel für abgelehnte Asylbewerber. Währenddessen prasseln aus aller Welt hämische Reaktionen auf den Serben ein. Wurde ja auch wieder mal Zeit. So laut hat das Netz nicht mehr über den Serben gelacht, seit er in New York eine Linienrichterin abschoss.



Eine politische Farce

Dabei kann er dieses Mal wirklich nichts dafür. Klar, Djokovic verweigert die Impfung. Aber er ist ja auch nicht einfach so nach Australien geflogen. Zwei unterschiedliche Ausschüsse haben ihm eine Sondergenehmigung erteilt. Ihm wurde der rote Teppich ausgerollt – wer würde da schon Nein sagen? Roger Federer vielleicht?

Kein herzliches Willkommen für Novak Djokovic Down Under.
Kein herzliches Willkommen für Novak Djokovic Down Under.
Bild: Keystone

Ob die medizinische Ausnahme eine berechtigte Grundlage hat, spielt dabei gar keine Rolle. Entweder man lädt ihn ein, oder man lässt es sein. Hier handelt es sich aber offensichtlich um einen politischen Ringkampf, der auf Kosten des Serben ausgetragen wird. Das ist, als würdest du zu einer Party eingeladen, bei der dich der Türsteher trotz Stempel draussen im Regen stehen lässt. Eine Farce.

Ganz ehrlich: Ich will auch nicht, dass Djokovic in Melbourne seinen 21. Grand Slam gewinnt. Aber er soll ihn auf dem Tennisplatz verlieren, und nicht in einem Hotel für abgelehnte Asylbewerber.

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