Roger Federer Federer: «Ich spielte schon viel Tennis, aber noch nie gegen Tennys»

Syl Battistuzzi, Melbourne

26.1.2020

Nach einem weiteren Satzverlust erreicht Roger Federer doch noch sicher die Viertelfinals in Melbourne. Dort trifft er mit Tennys Sandgren auf einen Spieler, gegen den er noch nie angetreten ist.

Mit seiner 15. Teilnahme an der Runde der besten Acht in Melbourne stellt die aktuelle Weltnummer 3 einen Rekord auf. Gleichzeitig baut Roger Federer mit seinem insgesamt 57. Grand-Slam-Viertelfinal eine weitere Bestmarke aus. Das Fazit von ihm im Siegerinterview mit John McEnroe: «Mir geht es gut. Ich habe es geschafft, mich zu erholen und ein gutes Match zu spielen. Ich bin sicher, dass ich mich mit jedem Tag besser fühlen werde».



Dabei hatte der 20-fache Grand-Slam-Sieger am Freitag in einem Fünf-Satz-Match gegen den Australier John Millman nur ganz knapp das Aus in der dritten Runde vermeiden können. Ein Eis-Bad hat er nach dem vierstündigen Kampf danach nicht genommen: «Das habe ich einmal gemacht, danach nie wieder», so Federer. Nur das normale Programm mit Schlafen, Stretching und Massage habe er abgespult. 

In der Runde der besten Acht trifft Federer am Dienstag zum ersten Mal auf den Überraschungs-Viertelfinalisten Tennys Sandgren aus den USA. Im Platzinterview mit John McEnroe (s. Video oben) schmunzelt der 38-Jährige über seinen nächsten Gegner beziehungsweise dessen ungewöhnlichen Vornamen: «Ich spielte in meinem Leben schon viel Tennis, aber noch nie gegen Tennys».

Der 28-Jährige aus dem Bundesstaat Tennessee bekam aber nicht wegen der Sportart, sondern wegen dessen Urgrossvater aus Schweden den speziellen Vornamen.



Federers Vorfreude auf den Unbekannten

Der 1,88-Meter grosse US-Amerikaner mag zwar mit seinen 89 Kilogramm nicht der agilste Spieler auf der Tour sein, doch unterschätzen sollte man die Nummer 100 der Weltrangliste nicht. «Ich frage mich auch, wieso er nicht höher klassiert ist», meint auch Federer. Er freue sich auf das Duell, weil er neugierig sei, wie Sandgren sich als Gegner auf dem Platz anfühle. Er kenne ihn ja sonst aus den TV-Übertragungen, erläutert Federer. Und ergänzt: «Sein Spielstil erinnert mich ein wenig an früher, als man öfter zwischen Defensive und Offensive wechselte.»



Offensichtlich scheint Sandgren mit diesen Mitteln bei den Australian Open jeweils das Beste aus sich herausholen zu können. Gegen Achtelfinalgegner Fabio Fognini, immerhin die Nummer 12 des Turniers, spielte er sich bei seinem Viersatz-Erfolg zeitweise in einen Rausch: Ihm gelangen 15 Punkte hintereinander.

Sandgren eliminiert Fognini

Sandgren eliminiert Fognini

Tennys Sandgren überrascht weiter und eliminiert Fabio Fognini in vier Sätzen.

26.01.2020

Umstrittene Figur auf der ATP-Tour

Bereits vor zwei Jahren überraschte Sandgren in Melbourne die Tenniswelt, als er in die Viertelfinals vorstiess. Vorher hatter er bei Grand-Slam-Turnieren in insgesamt 13 Versuchen notabene noch nie ein Match gewinnen können. Auch Stan Wawrinka fiel dem Überraschungsmann damals zum Opfer.

Mit seinem ärmellosen Shirt und seiner bulligen Statur wirkt Sandgren wie ein fleischgewordener «Tennis-Rambo». Der im Süden der USA aufgewachsene Sandgren besuchte nie eine öffentliche Schule und wurde wie sein Bruder zuhause von der Mutter unterrichtet, die auch gleichzeitig als Tennistrainerin ein Auge auf ihren Nachwuchs behielt. 

In diesem Milieu entwickelte Sandgren offenbar ziemlich konservative politische Ansichten. So musste er sich 2018 nach seinem Überraschunsgerfolg vor der internationalen Presse für seine Tweets erklären, wo Sandgren höchst umstritten Sachen likte oder teilte. Der bekennende Christ löschte wenig später alle seine alten Tweets, doch in der Öffentlichkeit war da der Imageschaden schon angerichtet.

Nun will er sich im Viertelfinale von einer besseren Seite präsentieren. Immerhin in einer Statistik ist Sandgren schon mal besser als Federer: Seine Bilanz bei Grand-Slam-Turnieren gegen Top-20-Profis steht bei 5:2 –  so eine Siegquote hat nicht mal Federer.

Doch auch der sechsfache Australian-Open-Sieger ist sicher genügend motiviert. Schliesslich winkt ihm bei einem Sieg gegen Sandgren ein Duell mit Novak Djokovic, falls sich dieser erwartungsgemäss gegen Milos Raonic durchsetzt. Mit dem Erzrivalen hat er nach der bitteren Finalniederlage in Wimbledon noch eine Rechnung offen.

Zurück zur StartseiteZurück zum Sport