Bruchlinien der PandemieDjokovic spaltet australische Tennis-Fans
Von Uz Rieger
5.1.2022
Profisport und Corona-Pandemie sind eine brisante Kombination. Das zeigt sich einmal mehr am Fall von Novak Djokovic. Zwei australische Tennis-Fans bewerten die Reise des Tennis-Stars nach Melbourne komplett unterschiedlich.
Von Uz Rieger
05.01.2022, 16:46
05.01.2022, 18:23
Von Uz Rieger
Impfskeptiker Novak Djokovic darf sich zu den Australien Open in Melbourne aufmachen – dank einer Ausnahmegenehmigung. Diese Sonderbehandlung löst in Australien in den sozialen und klassischen Medien eine Welle der Empörung aus.
blue News hat bei zwei tennisbegeisterten Australierinnen nachgefragt, was sie zu der Sache denken – und zwei konträre Einschätzungen erhalten.
Umfrage
Soll Novak Djokovic an den Australian Open teilnehmen dürfen?
«Die Sache stinkt»
«Ich bin richtig wütend», sagt die 71-jährige Catherine Robertson*, die früher selber Tennis gespielt und Djokovic auch schon live in Aktion gesehen hat. «Wie kann es sein, dass gerade er eine Ausnahmebewilligung erhält, wobei dafür wirklich nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz der Bevölkerung infrage kommt?»
«Es heisst, dass ein offizielles Gremium von Medizinexperten die Ausnahme bewilligt hat und dabei nicht einmal wusste, dass es wirklich um Djokovic geht», gibt Robertson zu bedenken. Das könne sie nicht glauben. «Die Sache stinkt. Hier werden Extraregeln für Sportstars und Schauspieler geschaffen.»
Sie werde die Australien Open jedenfalls nicht mehr besuchen, sagt die Rentnerin und ergänzt: «Ausserdem hoffe ich, dass Djokovic keinesfalls seinen zehnten Titel in Melbourne gewinnt.»
«Er hat eine bewusste Entscheidung getroffen»
Ganz anders sieht Samantha Aberton* die Angelegenheit. «Ich freue mich richtig, wenn Novak spielen kann», sagt die 41-jährige Managerin. Ihrer Meinung nach lebt der Tennis-Star einen konsequenten Lebensentwurf, schliesslich ernähre er sich auch vegan. Auch glaubt sie, dass in der Familie des Tennis-Profis Rationalität weit oben angesiedelt sei, denn Djokovics Frau sei immerhin studierte Ökonomin.
Entsprechend gelten für sie im Falle des Sportlers auch andere Regeln: «Er hat eine bewusste Entscheidung getroffen, sich nicht impfen zu lassen. Das ist für mich etwas anderes als bei denen, die sich mies ernähren und Drogen nehmen, dann aber eine Impfung ablehnen, weil sie sich nichts angeblich Giftiges in den Körper spritzen lassen wollen.»
Die beiden Positionen verdeutlichen, warum der Fall Djokovic für so viel Aufruhr sorgt: Er tangiert so ziemlich alle sozialen Bruchlinien, die sich seit der Corona-Pandemie auftun – und das nicht nur in Australien.
Für Novak Djokovic könnten es nach seiner Sondergenehmigung sehr schwierige Australian Open werden. Das zumindest glaubt Matthias Stach. Der Tennisexperte rechnet mit heftigen Reaktionen von Fans und Gegnern.