Ex-Profi Silvan Zurbriggen erklärt Darum gibt es im Ski-Zirkus so viele Verletzte – und das sind die Lösungen

S. Battistuzzi, A. Aeschbach

28.1.2025

Silvan Zurbriggen: «Die Material-Abstimmung ist sehr aggressiv»

Silvan Zurbriggen: «Die Material-Abstimmung ist sehr aggressiv»

Ex-Profi Silvan Zurbriggen erklärt, warum es im Ski-Weltcup so viele Verletzte gibt und liefert Vorschläge, was man dagegen tun könnte.

28.01.2025

Silvan Zurbriggen war lange als Fahrer im Ski-Zirkus unterwegs. Der 43-Jährige spricht mit blue Sport über die vielen schweren Stürze – und was man dagegen tun könnte. 

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S. Battistuzzi, A. Aeschbach

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Silvan Zurbriggen fuhr in seiner über zehnjährigen Profi-Karriere 254 Weltcup-Rennen und holte 13 Podestplätze.
  • Zweimal gewann er auch an Grossanlässen Edelmetall: 2010 bei den Olympischen Spielen in Vancouver holte er Bronze in der Super-Kombination, 2003 an den Heim-Weltmeisterschaften in St. Moritz Silber im Slalom. Im Weltcup gewann er 2010 die Abfahrt von Val Gardena und 2009 die Super-Kombination in Kitzbühel.
  • Der heute 43-jährige Walliser spricht mit blue Sport über das aktuell brennendste Thema im Ski-Sport: die grosse Verletztenliste. 

Im Ski-Weltcup gibt es derzeit sehr viele Unfälle – mit teilweise schlimmen Verletzungen. «Die Fahrer trainieren sehr viel und gehen immer mehr an die Grenzen. In Wengen zum Beispiel war die Siegesfahrt (Odermatt) zwei Sekunden schneller als der Strecken-Rekord von Kristian Ghedina von 1997. Dabei war die Strecke ungefähr zwischen 200 und 300 Meter länger. Das heisst, die Kraft ist logischerweise viel grösser, weil das Tempo ja höher sein muss», meint Ex-Profi Zurbriggen und ergänzt: «Der Körper ist immer noch das schwächste Puzzleteil. Das zeigt sich leider immer wieder.»

Was hat sich im Vergleich zu seiner Aktivzeit geändert? «Die Material-Abstimmung ist sehr aggressiv. Das Material selbst hat sich gegenüber früher – also vor zehn, fünfzehn Jahren – nicht so extrem verändert», findet Zurbriggen. 

Das Material entscheide am Ende halt auch «über Sieg oder Nicht-Sieg – man geht voll an die Grenzen – wie in der Formel 1», so Zurbriggen. Die FIS mache zwar bezüglich Ski, Skischuhen, Rennanzug oder Rückenpanzer gewisse Vorgaben, aber als Athlet versuche man wirklich, überall etwas herauszuholen, gibt der Walliser zu bedenken. 

Zurbriggen hat konkrete Lösungsvorschläge

Was muss und kann man konkret dagegen unternehmen? «Das ist eine spannende Frage. Es ist lustig, ich habe in Kitzbühel mit Benni Raich darüber gesprochen. Was man aus meiner Sicht relativ schnell umsetzen könnte ist, dass man einfach den Rückenpanzer ein bisschen aufbläst, dass man einfach mehr Volumen hat. Wie bei Marco Odermatt in Bormio, wo sein Rückenpanzer aufgegangen ist. Er hat da sicher Zeit verloren, es sind vielleicht drei, vier km/h, die man da verliert», resümiert der 43-Jährige.

Ein zweiter Faktor könnten Protektoren sein. «In der Abfahrt fahren wir ja eigentlich mit der Unterhose, also sozusagen nackt in den Rennanzügen. Da müsste man Protektoren anziehen für die Ober- und Unter-Arme, dass da einfach ein gewisser Schutz drin ist. Vielleicht sogar bei den Knien, wie das auch beim Riesenslalom der Fall ist» sagt Zurbriggen. «Das könnte von der FIS vorgegeben werden, dass man einen universellen Protektoren-Anzug hat, zum Beispiel integriert mit der schnittfesten Unterziehkombi, was ja demnächst obligatorisch sein wird. Das heisst, wir hätten da wieder ein bisschen mehr Volumen», erläutert er.

Was für Zurbriggen auch eine Idee ist, dass man den Rennanzug, der aktuell 30 Liter Luft durchlassen muss, anpasst. «Zum Beispiel könnte man auf 60 oder 80 Liter erhöhen. Mit dem Rennanzug also mehr Luftdurchlässigkeit generieren, dadurch gewinnt man wiederum ein paar km/h, die man langsamer unterwegs wäre», fasst er zusammen.

Verbände als Hauptverantwortliche

Schlussendlich liege die Verantwortung aus seiner Sicht vor allem bei den Verbänden. «Sie entscheiden ja, in welche Richtung es bei der FIS geht», findet Zurbriggen. Es müsse von allen Seiten ein gemeinsamer Nenner her, zum Beispiel versuche jeder Athlet, einen anderen Kombi anzulegen, um irgendwo einen Vorteil zu erzielen.

«Wir hatten damals drei Kombis am Start. Je nach Situation, Feuchtigkeit, Temperatur haben wir vor dem Start den Rennkombi genommen, welcher am besten funktioniert» erläutert er. Zurbriggen fordert eine Lösung wie in der Moto-GP, der Königsklasse des Motorrad-Sports: «Jeder müsste einen einheitlichen Rückenpanzer – auf die Grösse angepasst – verwenden.»

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