Ski alpin Lara Gut-Behrami: «Ich frage mich schon, ob sich das alles lohnt»

SDA

25.10.2019 - 06:05

Lara Gut-Behrami will im Riesenslalom die Zeit der Enttäuschungen hinter sich lassen. Vor dem Prolog in Sölden überragt noch die Ungewissheit die Zuversicht.

Lara Gut-Behrami nimmt auf dem Rettenbachgletscher im Riesenslalom noch einmal Anlauf. Dort, wo sie bereits nach ihren zwei schweren Verletzungen und langen Wettkampfpausen wieder ins Renngeschehen eingegriffen hat. Vor neun Jahren war sie im Ötztal nach einer Hüftluxation zurückgekehrt, vor zwei Jahren nach dem Kreuzbandriss und dem Meniskusschaden im linken Knie.

Diesmal rührt das Ungewisse nicht von überstandenen körperlichen Problemen her. Nunmehr versucht die Tessinerin nach zwei Wintern mit vielen Enttäuschungen im Riesenslalom wieder in den vorderen Regionen der Rangliste Fuss zu fassen. Wenig war in der Basisdisziplin übrig geblieben vom Glanz früherer Tage. In der vergangenen Saison hatte es nie zu einer Klassierung in den ersten zehn gereicht. Wo sie in den Tagen vor dem traditionellen Prolog steht, kann Gut-Behrami nicht sagen. «In den Trainings wird vor allem auf die Details geachtet. Deshalb weiss ich nur im Rennen, ob es wirklich passt.»

Wirklich passen heisst, dass das Gefühl für die Ski da ist, das Vertrauen und die Sicherheit vorhanden sind. All diese Faktoren hatte Gut-Behrami nach ihrer an der WM in St. Moritz erlittenen Knieverletzung nicht mehr zusammenfügen können. Nun hofft sie, die resultatmässige Talsohle durchschritten zu haben. «Ich habe ja oft bewiesen, dass ich in allen meinen Disziplinen auf hohem Niveau fahren kann.» Sie nennt die Winter 13/14 und 15/16 als Beispiele. Zwei ihrer vier Riesenslalom-Siege in jener Phase hatte sie in Sölden errungen, vor sechs und vor drei Jahren.

Die Sinnfrage

Seit ihrer letzten Zwangspause hat sich Gut-Behrami viele Gedanken gemacht. «Oft rede ich mit meinem Vater darüber, wie viele Stunden wir schon auf dem Sessellift oder mit Warten verbracht haben.» Oft hat sie sich die Sinnfrage gestellt, das letzte Mal vor ein paar Wochen in Zermatt. Sie sei um Viertel vor sechs aufgestanden, erzählt sie. Danach habe sie sechs Fahrten absolviert. «Das heisst, ich war drei Minuten am Skifahren. Da frage ich mich dann schon, ob sich das alles lohnt. Da denke ich sogar, dass das Ganze sinnlos ist. Aber so ist eben das Skifahren.»

Gut-Behrami geht noch einen Schritt weiter. Es gibt Momente, in denen sie sich die Frage stellt, ob sie das Leben als Skirennfahrerin noch glücklich macht. «Ich mag das, was ich mache, nach wie vor.» Sie erwähnt die Leidenschaft, die sie beim Skifahren noch immer verspüre. «Aber in mir ist auch das Verlangen, zu Hause zu sein.» Das Zuhause, das ist wieder Udine. Gut-Behrami und ihr Mann Valon Behrami haben entschieden, ihren Lebensmittelpunkt wieder ins Friaul zu verlegen.

Ein Spanier für einen Walliser

Neben dem Wohnortswechsel nahm Gut-Behrami auch eine personelle Rochade vor. Im Frühling beendete sie nach 14 Jahren die Zusammenarbeit mit Konditionstrainer Patrick Flaction. «Mein Körper hat einen neuen Impuls nötig gehabt.» Auf den Walliser folgte der Spanier Alejo Hervas. «Ihn kenne ich, seit ich zwölf Jahre alt bin. Damals durfte ich mit den Spanierinnen, bei denen Alejo Coach war, mittrainieren.» Auf eine andere Bezugsperson muss Gut-Behrami vollends verzichten. Eine eigene Medienverantwortliche steht ihr nicht mehr zur Verfügung.

Das persönliche Umfeld bildet nach wie vor das Privatteam. «Ich bin immer noch überzeugt, dass dies der richtige Weg ist», sagt Gut-Behrami. Nicht mehr vollends überzeugt davon sind die Verantwortlichen von Swiss-Ski. Nach dem vergangenen Winter gab es über die Beibehaltung des Projekts Diskussionen – was beim Blick auf die jüngsten Ergebnisse der Tessinerin nicht erstaunt.

Es liegt an Gut-Behrami, mit starken Leistungen Argumente zu liefern, um sich für die nächsten Verhandlungen wieder in eine bessere Position zu bringen. Sölden soll erste Aufschlüsse liefern. Zumindest darüber, wohin ihr Weg im Riesenslalom führen wird.

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