Michael Vogts grosses Ziel sind die Olympischen Spiele 2026 in Cortina d'Ampezzo. Mit dem 4. Platz im Zweierbob ist der 24-jährige Schwyzer seinem Zeitplan voraus. Etwas ärgern tut er sich trotzdem.
Chocolat nennen die Romands, was in unseren Gefilden profaner mit Ledermedaille umschrieben wird. Und es war etwas bittere Schokolade, die Michael Vogt und Sandro Michel am späten Dienstagabend im Zielraum des Eiskanals von Yanqing verdauen mussten. Ihre Leistung war edelmetall-würdig, am Ende reichte es um 25 Hundertstel nicht. Zu überlegen war das Material der deutschen Fahrer, die einen historischen Dreifach-Sieg feierten.
Eigentlich war eine Medaille in der Karriereplanung von Michael Vogt in China auch noch gar nicht eingeplant. Dennoch musste er konstatieren: «Im Moment überwiegt die Enttäuschung, gerade weil es so knapp war. Aber morgen werden wir uns freuen.» Es ist nicht das erste Mal, dass das fahrerische Naturtalent dem Zeitplan voraus ist. Als nach den medaillenlosen Spielen von Pyeongchang vor vier Jahren gleich alle arrivierten Piloten zurücktraten, lag der Schweizer Bobsport am Boden. Ins eiskalte Wasser geworfen wurde: Michael Vogt.
Blitzstart in die Karriere
Als 20-jähriger Lehrling debütierte der gelernte Polymechaniker und ehemalige Turner nur zwei Jahre nach seiner ersten Bob-Fahrt bereits im Weltcup. Der Schwyzer aus Wangen, vom ehemaligen Weltmeister Ivo Rüegg entdeckt, zeigte aber schnell, wie viel Gefühl im «Füdli» er hat, wie man in diesem Sport sagt. Bereits in seiner ersten Saison fuhr er in St. Moritz auf den 4. Platz und raste bei der WM in Whistler, auf der schnellsten Bahn der Welt, in den 5. Rang. Die ersten Podestplätze im Weltcup – bis jetzt deren vier – liessen nicht lange auf sich warten und auch vor einem Jahr wurde Vogt noch einmal WM-Fünfter.
In Yanqing hatte er sich ein Diplom zum Ziel gesetzt, doch er fand sich auf der anspruchsvollen Bahn, die viel Feingefühl und möglichst wenig abrupte Lenkmanöver verlangt, sofort gut zurecht. Nur in zwei Bereichen konnte er mit der Spitze noch nicht ganz mithalten. Am Start klassierten sich Vogt und der Aargauer Sandro Michel, der erst kurz vor dem Beginn der Spiele von einer Muskelzerrung in der Wade genesen war, nur im Mittelmass. Und gegenüber den Deutschen waren sie materialmässig klar im Nachteil.
Eine Frage der Finanzen
«Langsam sind wir uns das gewöhnt, es war schon die ganze Saison so», stellt Vogt etwas resigniert fest. «Logisch, Lochner und Friedrich starten mit Abstand am schnellsten.» Der drittplatzierte Christoph Hafer fahre sauber, sei am Start aber nicht schneller. «Ich würde sagen, unsere Läufe waren etwa gleich gut, trotzdem kommen wir nicht an ihn heran.» Immerhin scheinen die deutschen Vierer-Schlitten der Konkurrenz nicht ganz so entrückt wie der kleine. Das lässt hoffen.
Dennoch dürfte es auch in den nächsten Jahren so bleiben, dass in Deutschland wesentlich mehr Geld in den Bobsport investiert werden kann als in der Schweiz oder irgendwo sonst. Da dem Schweizer Verband auch noch der Hauptsponsor abgesprungen ist, droht sogar die Gefahr, den Gürtel enger schnallen zu müssen.
Es gibt jedoch auch Lichtblicke. Der grösste davon ist Michael Vogt. Dank dem Naturtalent, dem zweitjüngsten Piloten am Start des olympischen Zweier-Rennens, liegt die Zukunft in guten Händen.
sda