Jolanda Neff, Sina Frei und Linda Indergand sprechen nach dem historischen Dreifachsieg über ihre perfekte Vorbereitung, Fehler der Französinnen und das Schweizer Dreamteam.
Jolanda Neff über ihren Leidensweg
«Es ist eine ziemlich unglaubliche Geschichte. Hoffentlich wache ich nicht auf und stelle fest, dass es bloss ein Traum war. Ich musste von ganz unten wieder nach oben kommen, wusste Ende 2019 nicht einmal, ob ich je wieder Velofahren kann. Mein letzter Sieg an einem international hochstehenden Wettkampf war 2018 beim Weltcup-Finale in La Bresse. Dass ich die Freude nie verloren respektive nach den Rückschlägen wieder gefunden habe, ist entscheidend, dass ich es geschafft habe.»
Neff und Indergand über das perfekte Rennen
Neff: «Es war grossartig. Meine besten Rennen waren immer diejenigen, bei denen ich alleine vorne fahren und mein eigenes Tempo gehen konnte. In den Abfahrten mache ich auf diese Weise in der Regel Zeit gut. Dank gutem Start ist mir das auch dieses Mal gelungen. Ich fühlte mich erlöst und befreit vor dem Rennen, spürte überhaupt keinen Druck und konnte es einfach geniessen.»
Indergand: «Ein perfektes Rennen. Ich startete aus der dritten Reihe und überholte Fahrerin um Fahrerin. Das Wetter war ein entscheidender Faktor. Der Regen am Morgen spielte uns in die Karten. Dass wir gut Velofahren können, wussten wir ja. Während die anderen Fehler machten, blieben wir ruhig.»
Die Schweizerinnen über die gescheiterten Französinnen
Neff: «Sie haben sich in vielen Punkten verzockt und im Rennen auf das falsche Material gesetzt. Den grössten Fehler machten sie meiner Meinung nach schon vor Monaten, indem sie sich selbst als Olympia-Favoriten deklarierten. Pauline (Ferrand-Prévot – die Red.) betonte in jedem Interview, dass für sie nur Olympia zähle, schon seit Jahren. Für mich ist das ein Schrei nach Aufmerksamkeit. Du solltest besser die Beine sprechen lassen und erst nachher darüber reden. Auch Loana (Lecomte) hat sich verrannt. Vielleicht dachte sie, sie gewinne sowieso.»
Indergand: «Da es am Morgen regnete, entschieden wir uns, noch einmal mit den Bikes auf die Strecke zu gehen und zu schauen, was sich verändert hat, wie rutschig die Verhältnisse sind. Ich denke, dass war ein Schlüssel, denn viele andere machten das nicht. Die Französinnen waren mit weissen Turnschuhen auf der Strecke.»
Frei: «Ich denke, sie haben sich bei der Reifenwahl ein bisschen vergriffen. Schon am Start habe ich gesehen, dass sie ziemlich schmale Reifen montiert hatten.»
Die Schweizerinnen über die gute Vorbereitung
Neff: «Wir investierten extrem viel in eine optimale Vorbereitung, arbeiteten minutiös an unseren Skills – nicht nur unmittelbar vor Tokio, sondern über die letzten vier, fünf, sechs Jahre. Dass wir das komplette Podest besetzen, zeigt, dass sich das Techniktraining auszahlte. Das technische Können machte den Unterschied. Es waren die schwerstmöglichen Bedingungen, die ein Mountainbike-Rennen haben kann.»
Frei: «Wir hatten bei Swiss Cycling super Bedingungen, genossen eine riesige Unterstützung und eine optimale Vorbereitung. Mit Edi Telser haben wir seit Jahren einen ausgezeichneten Nationaltrainer, dazu einen spezifischen Technikcoach, von dem wir sehr profitieren. Wir waren vor zwei Jahren hier am Testevent, hatten Hitzetrainingslager in Malaysia und zuletzt in Alicante, standen mit Top-Material am Start. Das alles hat sich voll ausbezahlt.»
Indergand und Neff über das Schweizer Dreamteam
Neff: «Linda, Sina und ich verstehen uns sehr gut. Wir harmonieren und unterstützen uns gegenseitig. Linda und ich stehen in praktisch jedem Rennen gemeinsam am Start und kämpfen gegeneinander, seit wir zehn Jahre alt sind. Wir waren in vielen Trainingslagern mit dem Nationalteam, absolvierten gemeinsam die Sportler-RS. Daraus hat sich zwischen uns eine tiefe Freundschaft entwickelt. Einen grossen Anteil an der guten Stimmung hat Edi Telser. Ihm ist es gelungen, eine richtig tolle Atmosphäre zu schaffen. Was er vollbringt, ist eine Meisterleistung, seit vielen Jahren.»
Indergand: «Hinter diesem Erfolg steckt ein ganz grosses Teamwork. Es wurde in allen Belangen auf sämtliche Details geachtet. Dass ich gemeinsam mit Jolanda und Sina auf dem Podium stehe, fühlt sich wie ein Traum an. Hätte ich das am Morgen jemandem gesagt, hätte es geheissen 'Träum weiter'.»
sda