Mehrere Barça-Spieler fordern angeblich Rauswurf Xavi: «Ohne Titel kommt ein anderer Trainer»

Von Syl Battistuzzi

20.10.2022

Coach Xavi erklärt Jordi Alba, was er zu tun hat.
Coach Xavi erklärt Jordi Alba, was er zu tun hat.
Getty

Der FC Barcelona startete zwar furios in die Saison, dem Klub droht aber einerseits das vorzeitige Aus in der Champions League, andererseits verlor er zuletzt den Clásico. Das interne Lager der Xavi-Kritiker wittert Morgenluft.

Von Syl Battistuzzi

Real entschied mit einem verdienten 3:1-Sieg am letzten Wochenende das prestigeträchtige Duell gegen Erzrivale FC Barcelona verdientermassen für sich und holte sich die Tabellenführung in der Meisterschaft zurück. Real liegt derzeit sechs Punkte (bei einem Spiel mehr) vor Barça.

Real Madrid – Barcelona 3:1

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Mentale Probleme in seiner Truppe wollte Coach Xavi nicht ausmachen. «Das sind Fehler der ganzen Mannschaft, taktische Dinge, die wir anpassen können. Wir müssen aggressiver sein. Uns nach Ballverlusten besser positionieren. Mehr taktische Fouls machen. Es gibt viele Situationen, in denen wir uns verbessern können», bemängelte er.

Stimmung kippt

Doch für einige Profis im Kader ist Xavi selbst das grosse Problem. Gemäss einem Bericht von «El Nacional»  sollen vornehmlich vier Spieler unzufrieden sein. Gerard Piqué, Jordi Alba, Memphis Depay und Ansu Fati würden intern Stimmung gegen ihren Vorgesetzten machen. Mit Serginho Dest und Samuel Umtiti sind zwei weitere Spieler vor der Saison gewechselt, die ebenfalls zu der Opposition gehörten.

Die genannten Profis stört es offenbar einerseits, dass Xavi ihnen seit Langem nicht die gleichen Chancen auf Spielzeit einräumen will wie anderen Mitspielern, denen deutlich mehr Vertrauen entgegengebracht würde. Andererseits sei der 42-Jährige auch schlicht zu unerfahren im Trainergeschäft, um eine Spitzenmannschaft zu führen, wie die jüngsten Ergebnisse aufgezeigt hätten.

Seit der frühere Weltmeister im November 2021 den Job in seiner Heimat übernahm, genoss er viel Kredit. Die Jahre zuvor waren für die Aussendarstellung desaströs, die ehemalige Klub-Ikone sollte den FC Barcelona wieder dahin bringen, wo er gemäss Selbstverständnis hingehört: an die nationale und internationale Spitze. Als Belohnung für die Annahme der schwierigen Mission durfte Xavi im Sommer auf Einkaufstour. Mit Robert Lewandowski (45 Millionen Euro), Raphinha (58 Millionen) und Jules Koundé (50 Millionen) holte der finanziell klamme Klub für viel Geld drei Stars.

Die Horror-Bilanz

Die Bilanz seit seinem Amtsantritt ist dennoch dürftig: Die Chancen auf ein Weiterkommen in der Königsklasse sind nur noch minim. Und ob der vorher nur bei Al-Saad als Trainer tätige Xavi in der Meisterschaft die Trendwende schafft, bleibt ungewiss. Denn sein bisheriger Leistungsausweis ist ungenügend. Von allen Barça-Trainern, die den Traditionsverein in den letzten zwanzig Jahren mindestens fünfzig Spiele betreuen durften, hat niemand eine miesere Ausbeute als der vermeintliche Heilsbringer: 28 Siege, 11 Remis und 11 Niederlagen. Manche Vorgänger wären wohl bereits mit Schimpf und Schande weggejagt worden.

Wenn aus Freunden Feinde werden

Speziell die Konstellation mit Alba und Piqué erstaunt die Beobachter. Schliesslich waren die beiden Routiniers nicht nur langjährige Teamkollegen von Xavi – sowohl bei Barça als auch in der Nationalmannschaft –, sondern auch privat befreundet.

Xavi hat Piqué schon länger klargemacht, dass er ihm keine tragende Rolle mehr geben will. Während beim Innenverteidiger der Entscheid aus sportlichen Gesichtspunkten vertretbar zu sein scheint – beim kapitalen Spiel gegen Inter leistete sich der 35-Jährige etwa einen grossen Aussetzer –, ist der Fall bei Alba komplizierter.

Standen früher noch gemeinsam auf dem Platz: Xavi (links) , Gerard Piqué (Mitte hinten) und Jordi Alba (rechts).
Standen früher noch gemeinsam auf dem Platz: Xavi (links) , Gerard Piqué (Mitte hinten) und Jordi Alba (rechts).
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Der Linksverteidiger machte in seinen spärlich gesäten Einsätzen seine Arbeit ordentlich. Trotzdem setzte Xavi zuletzt auf den 18-jährigen Jungspund Alejandro Balde, der aber häufig blass blieb. Wieso Xavi nicht auf Alba setzt, bleibt unklar. Alba und Piqué würden mit ihrem ehemaligen Kumpel nicht mehr als nötig kommunizieren, berichten Medien.

Die beiden auf die Ersatzbank verbannten Stars bemängeln auch, dass Xavi sie zu wenig vor Kritik schützen würde, während andere Profis (etwa Sergio Busquets) stets Rückendeckung bekommen würden. Ähnlich sieht das wohl Memphis Depay. Der inzwischen rekonvaleszente Stürmer bringt es diese Spielzeit auf 116 Liga-Minuten. Unter Landsmann Koeman war der 28-jährige Holländer noch Stammkraft.

Frenkie de Jong, ein weiterer Niederländer, fühlt sich intern ebenfalls nicht wertgeschätzt. Xavi hatte zwar öffentlich zugesichert, ihn im Klub behalten zu wollen – obwohl Präsident Joan Laporta auf einen Abgang drängte. Die Realität sah dann aber anders aus: Der 25-Jährige findet sich meistens auf der Ersatzbank wieder.

Auch Fati zweifelt

Am gefährlichsten könnte sich die Situation mit Ansu Fati entwickeln. Das 19-jährige Supertalent ist anscheinend sehr enttäuscht von seinem Trainer. Fati soll ihn intern gar als Heuchler bezeichnen, da er ihm versprochen habe, dass er ein sehr wichtiger Teil seines Systems sein würde.

In der Realität stand Fati – der auch lange verletzt war – aber nur selten in der Startaufstellung. Das grosse Stürmer-Juwel glaube nicht an das Leistungsprinzip. Dies, weil Konkurrenten wie Ousmane Dembélé oder Raphinha unabhängig von ihren gezeigten Auftritten sowieso ihren Platz auf sicher hätten. Die neusten Gerüchte, wonach Xavi noch Villarreals Samu Chukwueze – der 23-jährige Nigerianer ist ebenfalls ein Offensivspieler — verpflichten will, besänftigen den designierten Star der Zukunft sicher nicht. Sein Vertrag im Camp Nou läuft noch bis 2027.

Ansu Fati kam in dieser Spielzeit noch nicht auf Touren – auch wegen Xavi?
Ansu Fati kam in dieser Spielzeit noch nicht auf Touren – auch wegen Xavi?
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Unzufriedene Reservisten hat Xavi in seiner eigenen Spielerkarriere genügend erlebt, um die heikle Angelegenheit handhaben zu können. Der ehemalige Weltklasse-Profi muss nun liefern, um im Amt zu bleiben. «Wenn wir keine Titel gewinnen, kommt ein anderer Trainer», gibt sich Xavi realistisch und betonte: «Barça ist dafür da, zu gewinnen und Titel zu erobern.» Zugleich gab der mit so viel Vorschusslorbeeren gestartete Hoffnungsträger kämpferische Töne von sich: «Ich bin sehr zuversichtlich. Nichts wird mich aufhalten.»



Der erste Gegner, der das Gegenteil beweisen will, ist am Donnerstagabend Villarreal. Die Partie gibt's live und exklusiv ab 21 Uhr auf blue Sport.