Die Zeichen stehen gutYB wünscht sich ein 1958 eher als ein 1987
SDA
20.7.2018 - 01:27
Die Young Boys beginnen zum dritten Mal in 60 Jahren eine Saison als frischer Meister. Für die Berner stehen die Zeichen gut, dass die Saison 1 nach dem Titel eine bessere wird als 1986/87.
Die Fünfzigerjahre waren eine ganz andere Zeit gewesen. Transfers waren im Vergleich zu heute selten. Die Mannschaften blieben teils über Jahre unverändert. So konnte Trainer Albert Sing sein Kader zusammenhalten und die Young Boys ab 1957 zu vier Titeln am Stück führen. Im ersten Jahr der Titelverteidigung schlugen die Leistungsträger Willy Steffen und Heinz Schneiter, Toni Allemann, Ernst Wechselberger und der legendäre Geni Meier erneut zu. Und den Cup gewannen sie auch noch.
Nach dem Meistertitel 1986 verlor Trainer Alexander Mandziara zwei seiner Schlüsselspieler. Lars Lunde ging zu Bayern München, Georges Bregy zurück ins Wallis zu Sion. Für den Meister wurde die Saison 1986/87 zum Debakel: 10. Platz in der Sechzehnerliga, die damals für den neuen Modus (Finalrunde, Auf-/Abstiegsrunde) auf zehn Mannschaften reduziert wurde. YB rettete jene Saison halbwegs mit dem bis heute letzten Sieg im Schweizer Cup.
Hochwertiges Kader – noch
Im nächsten Frühling möchte YB also wie 1958 dastehen - und nicht wie 1987. Das bisher äusserst erfolgreiche Wirken von Sportchef Christoph Spycher ist kein Garant für die erste erfolgreiche Titelverteidigung seit 60 Jahren. Dafür dürfte der Erzrivale Basel nach wie vor zu stark sein. Aber Spycher ist trotz des unübersichtlichen und überraschungsreichen Treibens auf dem internationalen Transfermarkt für die grösstmögliche Kontinuität besorgt - und dafür, dass der neue Trainer Gerardo Seoane mit einem für Schweizer Verhältnisse hochwertigen Kader arbeiten kann. «Ich habe ein schönes Problem, ein Luxusproblem», sagte der Luzerner an einer Medienkonferenz im Stade de Suisse. «Fast alle Positionen sind doppelt besetzt. Und zwar mit Spielern, die nicht nur das Kader auffüllen, sondern die auch die Fähigkeiten haben, sich in der Super League zu präsentieren.»
Aus dem Kader der letzten Saison fehlen nach dem heutigen Stand nur der nach Waregem in Belgien transferierte Verteidiger Marco Bürki und der ohnehin nur temporär verpflichtete französische Goalie Alexandre Letellier. Dafür sind die jungen Neuverpflichtungen Ulisses Garcia, Mohamed Camara und Sandro Lauper bereits in Bern. Ein derart breites Angebot von potenziellen Fixstartern kann Unzufriedenheit verursachen. Beispiel Leonardo Bertone. Für ihn persönlich war schon die letzte Saison kaum befriedigend. Mit seinen Fähigkeiten brachte er es an die Tür zur Nationalmannschaft, aber im Klub war er nach überstandener Verletzung den ganzen Frühling Reservist. Im Mittelfeldzentrum kam er nicht an Sékou Sanogo und Djibril Sow vorbei. Nur wenn einer der beiden verletzt oder gesperrt war, konnte sich der Italo-Ostermundiger in der Startformation zeigen. Andere Super-League-Trainer würden vielleicht ganze Mannschaftsteile um Bertone herum bauen.
Spychers klare Kriterien
Hier nun greift das systematische Vorgehen von Christoph Spycher. Er weiss zu gut, dass gerade in der am 31. August endenden Sommer-Transferperiode kein Stein auf dem anderen bleibt. Das Interesse ausländischer Klubs an den Verteidigern Kasim Nuhu und Kevin Mbabu ist bekannt. Auch für Christian Fassnacht und Djibril Sow gab es Anfragen. Die Verpflichtungen von Garcia und Camara sind ein Indiz dafür, dass Spycher mit (gewichtigen) Abgängen gerade in der Verteidigung rechnet.
Spycher spricht von Parametern, die stimmen müssen, damit YB in den Wegzug eines vertraglich gebundenen Spielers einwilligt. «Wir sind nur für einen Transfer offen, wenn es für uns stimmt.» Dass die Transfersumme fair sein muss, versteht sich. Spycher und YB wollen aber auch die Möglichkeit und die Zeit haben, einen spielerischen Verlust aufzufangen oder ihm zuvorzukommen. Schliesslich gehe es auch um den Zeitpunkt des Wechsels für den Spieler und den Zeitpunkt des Wechsels für den Klub. Spycher: «Drei Tage vor der Champions-League-Qualifikation soll mir keiner mehr kommen und einen Spieler haben wollen.»
Für Trainer Seoane wird es vielleicht ein Glück sein, dass die Schlüsselspieler in der zentralen Achse nicht mehr die Jüngsten sind und für einen Wegzug weniger oder gar nicht in Frage kommen. Diese Spieler sind von hinten nach vorne Steve von Bergen, Sékou Sanogo und Guillaume Hoarau.
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