Kommentar Mourinho-Entlassung: Es wurde höchste Zeit

Jan Arnet

18.12.2018

José Mourinho ist nicht mehr Trainer von Manchester United.
José Mourinho ist nicht mehr Trainer von Manchester United.
Bild: Getty

Manchester United zieht in der Krise die Reissleine und entlässt José Mourinho. Eine folgerichtige und längst fällige Entscheidung.

Es gab wahrlich schon bessere Zeiten für Fans von Manchester United. Seit Beginn der Saison liefert der Klub Leistungen ab, die eines Rekordmeisters nicht würdig sind. Zudem sorgt der Trainer wöchentlich mit umstrittenen Aussagen für Negativschlagzeilen, während die ärgsten Rivalen dem Klub längst den Rang abgelaufen haben.



Die Schuld dafür gänzlich auf José Mourinho zu schieben, wäre vermessen. Aber der Portugiese hat mit Sicherheit grossen Anteil an der Krise der Red Devils. Die Pleite gegen Erzrivale Liverpool am Sonntag war der «Todesstoss» für Mourinho, seine Entlassung hat sich aber abgezeichnet. Eine Rückblick auf ein zweieinhalbjähriges Missverständnis.

Erfolg bleibt aus

Sommer 2016: José Mourinho wird mit Pauken und Trompeten als neuer Trainer von Manchester United vorgestellt. Der Portugiese soll den Rekordmeister endlich wieder an die Spitze führen, nachdem es der Klub seit dem Abgang von Erfolgscoach Sir Alex Ferguson im Jahr 2013 nicht mehr geschafft hat, die Premier League zu gewinnen.

Mit David Moyes und Louis Van Gaal erreichten die Red Devils in drei Saisons nur die enttäuschenden Ränge sieben, vier und fünf. Mit Mourinho soll Besserung einkehren: Der vierfache Welt-Klubtrainer des Jahres führt United in seiner ersten Saison aber auch nur auf Platz sechs. Immerhin gewinnt der Klub die Europa League und qualifiziert sich so doch noch für die Königsklasse. 

Den Erwartungen läuft United auch im zweiten Mourinho-Jahr hinterher. Zwar schliessen die Red Devils die Saison als Vizemeister ab – es ist die beste Endplatzierung seit der Ferguson-Ära. Doch das Team, das in der Champions League bereits im Achtelfinal an Sevilla scheitert, spielt langweiligen Defensiv-Fussball. Der Erfolg ist vor allem dem überragenden Keeper David De Gea zu verdanken. Einen Titel holt ManUtd im Jahr 2018 nicht, obwohl Mourinho im Sommer 2017 angekündigt hatte, alles gewinnen zu wollen.

Pogba und Sanchez abgesägt

Schon vor der Saison 2018/19 hat Mourinho, der bei Amtsantritt einen Vertrag bis 2020 unterschrieb, viel Kredit verspielt. Im Sommer kritisiert der Trainer die Vereinsführung, weil sie ihm aus seiner Sicht zu wenig Geld für neues Spielerpersonal zur Verfügung stellen würden.

Dabei wollen die Bosse Mourinho wohl einfach klar machen, dass es auch mit dem aktuellen Kader für Erfolg reichen müsse. Denn der Coach hat in seinen ersten beiden Jahren 290,75 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen. In ganz Europa hatte nur ManCity in diesem Zeitraum ein noch grösseres Transfer-Minus – der Stadtrivale gewann aber immerhin die Premier League mit einem neuen Punkte-Rekord.

Als Mourinho in der Vorbereitung auch noch seine eigenen Spieler kritisiert, ist er bei den Buchmachern noch vor dem ersten Spieltag der Top-Favorit auf die erste Trainerentlassung der neuen Saison. 

Paul Pogba und Alexis Sanchez können nur froh über Mourinhos Entlassung sein.
Paul Pogba und Alexis Sanchez können nur froh über Mourinhos Entlassung sein.
Bild: Getty

Die Fans verlieren mehr und mehr das Vertrauen in den Trainer, dazu muss sich Mourinho immer wieder Kritik von Klub-Legenden wie Gary Neville und Paul Scholes anhören. Und auch einige Starspieler zerstreiten sich mit dem Coach. Allen voran Paul Pogba, der Weltmeister, den Mourinho 2016 für die damalige Rekordsumme von 105 Millionen Euro nach Manchester lotste, ist nicht mehr gut auf den Portugiesen zu sprechen. Mourinho nimmt Pogba die Captainbinde weg, als sich dieser öffentlich über die defensive Spielphilosophie des Trainers beschwert.

Pogba wird nicht nur als Captain abgesägt, sondern schmort in den letzten beiden Ligaspielen auch 90 Minuten auf der Bank. Auch Alexis Sanchez geht durch schwierige Zeiten. Der Mann, der vor einem Jahr von Arsenal verpflichtet wurde und nicht nur bei Manchester United, sondern in der gesamten Premier Legaue der Top-Verdiener ist (rund 640'000 Franken pro Woche!), stand in dieser Saison schon vor seiner Verletzung in drei Pflichtspielen nicht einmal im Kader.

Das verflixte dritte Jahr

Begleitet wird die holprige Saison der Red Deils von fragwürdigen Aussagen Mourinhos. Wie bei seinem arroganten Auftritt nach der 0:3-Pleite gegen Tottenham, als er den Journalisten bei der Pressekonferenz fehlenden Respekt vorwirft. Oder als er seine Spieler zum wiederholten Mal öffentlich kritisiert und sagt, dass einige Profis sich zu weing ins Zeug legten. «Es wäre ein Wunder, wenn wir es noch in die Champions League schaffen», sagt Mourinho vor einer Woche – das Vertrauen in seine Spieler hat er also schon in der Hinrunde verloren.



Nach dem schlechtesten Saisonstart von Manchester United seit 29 Jahren, dem peinlichen Aus im Liga-Cup gegen Derby County und der vernichtenden Niederlage gegen Erzrivale Liverpool muss Mourinho seine sieben Sachen packen und wird entlassen. Wie schon bei Real Madrid und Chelsea wird dem Portugiesen das dritte Amtsjahr zum Verhängnis. Es wurde höchste Zeit.

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