Das Schweizer Nationalteam steht vor wegweisenden Spielen in der EM-Qualifikation. Mit Siegen gegen Dänemark und Irland wäre die EM-Teilnahme gesichert. In Lausanne wirkt die Mannschaft fokussiert.
Das Bemühen ist spürbar. Vor den beiden kapitalen Partien am Samstag in Kopenhagen gegen Dänemark und am Dienstag in Genf gegen Irland geben sich die Schweizer Protagonisten betont fokussiert. Klar, die Mannschaft wünscht keine Störfeuer wie zuletzt im September, als der Verzicht von Xherdan Shaqiri und dessen angeblich ramponiertes Verhältnis zu Vladimir Petkovic zum Dauerthema verkam. Oder zuvor an der WM, als die Doppeladler-Affäre die Konzentration vor dem Achtelfinal gegen Schweden empfindlich gestört hatte.
Unterstützt vom neuen Nationalmannschafts-Direktor Pierluigi Tami übte sich Vladimir Petkovic in den letzten Wochen als reisefreudiger Diplomat. Am Freitag präsentierten die beiden die Ergebnisse ihrer Spieler-Besuche und drückten zugleich das Unverständnis über die Negativität in der Berichterstattung aus. Im Camp in Lausanne wirkt die Mannschaft nun gekittet – fast so, als wolle sie zeigen, dass die Berichte über die atmosphärischen Störungen aufgebauscht waren. Bezüglich der Gesprächsinhalte von Petkovics Treffen mit Shaqiri und Lichtsteiner vereinbarten die Parteien Stillschweigen. Lichtsteiner etwa erklärte am Dienstag: «Ich kann euch sagen, was wir gegessen haben. Aber ich sage nicht, was wir beredet haben.» Man einigte sich auf die Aussage, dass es «ein sehr tolles Gespräch» war.
Ganz offensichtlich hat man im Nationalteam Schlüsse gezogen aus den letzten Monaten. In Lausanne herrscht eine gute und vor allem fokussierte Atmosphäre. «Es geht um das Team und nicht um den Einzelnen», betonte Lichtsteiner. Der 35-jährige Captain gehört erstmals seit März wieder zum Team und empfand die Berichterstattung der letzten Wochen als «ziemlich repetitiv».
Verlieren verboten
Selbstredend weiss die Mannschaft um die Bedeutung der nächsten Partien. Es steht viel auf dem Spiel. Bei einer absolvierten Partie weniger liegt die Schweiz aktuell drei Punkte hinter den Iren und einen Punkt hinter den Dänen. In Kombination mit dem Restprogramm lässt sich daraus ablesen: Gewinnt sie am Samstag in Kopenhagen und drei Tage später in Genf, ist die definitive Qualifikation zuhause gegen Georgien und auswärts bei Gibraltar Formsache. Bezieht sie zwei Niederlagen – es wären die ersten –, würde es eng.
«Zwei immens wichtige Spiele» seien es, sagte Denis Zakaria stellvertretend. Der Mittelfeldakteur traf am Montag wie seine Gladbacher Klub-Teamkollegen Yann Sommer, Nico Elvedi und Breel Embolo als Bundesliga-Leader mit breiter Brust in Lausanne ein. Aber nicht nur bei der Fohlen-Fraktion ist das Selbstvertrauen in den letzten Wochen gewachsen. Lichtsteiner spielt nach seinem Wechsel zu Augsburg wieder regelmässig, Fabian Schär, der auch das Training am Dienstag wegen einer am Sonntag erlittenen Prellung ausliess, gehört bei Newcastle zum Stammpersonal. Breel Embolo ist dank dem Wechsel zu Mönchengladbach ebenfalls wieder im Spielfluss, Haris Seferovics Selbstvertrauen ist dank seinen Toren für Benfica Lissabon mehr als intakt.
Mit Ricardo Rodriguez steckt ein Leistungsträger in einer heiklen Situation, von dem man es vor kurzem nicht erwartet hätte. Der linke Aussenverteidiger hat seinen Stammplatz bei Milan eingebüsst. Dass die andere Abwehrseite wegen Kevin Mbabus fehlender Spielpraxis bei Wolfsburg auch zur Planstelle wird, könnte Lichtsteiner verhindern. Vor allem für Partien wie jene gegen die kampfstarken Iren kann der ehemalige Juventus- und Arsenal-Spieler auch mit 35 Jahren ein wichtiger Faktor sein.
Konzentration bis zum Schluss ist gefragt
Dass die Mannschaft von Trainer Vladimir Petkovic bei vier verbleibenden Spielen nicht noch besser dasteht, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Zweimal hat sie sich mit Nachlässigkeiten in den Schlussminuten um weitere Punkte gebracht. Gegen Irland kassierte sie im September in der 85. Minute das 1:1, gegen die Dänen verspielte sie ab der 84. Minute eine 3:0-Führung. «So etwas kann passieren. Wichtig ist, dass man daraus lernt», sagte Lichtsteiner und verwies auf das verspielte 4:1 gegen Island in der WM-Qualifikation vor sechs Jahren, an dem er selbst beteiligt war und auf das die Mannschaft mit Siegen gegen Norwegen, Albanien und Slowenien reagierte.
Und um es positiv zu sehen: Gegen die Hauptkonkurrenten im Kampf um die beiden EM-Tickets bewies die Schweiz eigentlich, dass sie durchaus auch ohne Xherdan Shaqiri bestehen kann. Der verletzte Schlüsselspieler war in diesen beiden Spielen ebenfalls nicht dabei.