Spekulationen nach Wohnortswechsel Neun Gründe, warum Infantino nach Katar zieht

Von Syl Battistuzzi

18.1.2022

Gianni Infantino wird auch bei seiner neue Adressen fleissig nach Selfies gefragt werden. 
Gianni Infantino wird auch bei seiner neue Adressen fleissig nach Selfies gefragt werden. 
Bild: Getty/blue

FIFA-Präsident Gianni Infantino hat ein Haus im WM-Gastgeberland Katar bezogen. Das könnten die Gründe für den Umzug sein.

Von Syl Battistuzzi

18.1.2022

Der 51-jährige Walliser hatte das FIFA-Council im Oktober informiert, die anstehende WM laut damaliger Mitteilung «enger zu begleiten und seine präsidialen Pflichten neben Zürich vermehrt auch von Doha und anderen Standorten der Welt aus wahrzunehmen».

Am Sonntag wurde publik – Infantino setzt seine Ankündigung in die Tat um. Und wie: Der Fifa-Boss hat in Doha ein Haus gemietet und zwei seiner Töchter im Emirat eingeschult, wie «Blick» meldet. Es sei eine «einzigartige Gelegenheit», über die Begeisterung für den Fussball Völker und Kulturen aus der ganzen Welt zusammenzubringen. «Für eine Fussball-WM, die in die Geschichte der Region und der Fifa eingehen wird, lohnen sich auch die grössten Anstrengungen», hiess es in einer Erklärung des Weltverbands. In Tat und Wahrheit könnten noch andere Faktoren eine Rolle gespielt haben, wie «blue Sport» aufdeckt.


Dry January

Ein Monat ohne Alkohol – der «Dry January» liegt im Trend. Doch die Challenge ist für einige Zeitgenossen nicht ohne. Bei einem feinen Abendessen passt halt ein guter Rotwein wie nach dem Dessert ein Digestif. Infantino hat sich offenbar auch gerne mal ein Gläschen gegönnt (als Fifa-Präsident hat man halt des Öfteren einen Apéro riche).

Doch anstatt einfach aufzugeben und sich wieder mit Alkohol volllaufen zu lassen, hat Infantino einen radikalen Ansatz gewählt und gleich einen Wohnortswechsel vollzogen. Im Emirat wird halt schlicht kein Alkohol ausgeschenkt. 1:0 für Infantino.


Weg von der Diktatur

Aus den Reihen der impfkritischen Bevölkerung werden die hiesigen Corona-Massnahmen teils auch mit Methoden von totalitären Staaten verglichen. Kein Wunder, träumen die Freiheitstrychler und Gesinnungsgenossen von anderen Orten, wo man in Ruhe gelassen wird von «denen da oben in Bern».

Da Katar schlichtweg keine Bundesräte kennt, ist die Umzugsfirma schnell bestellt. Gemäss Insidern war der Wohnortswechsel aber keine klare Sache. Die Infantinos sollen sich erst nach längerer familieninterner Beratung gegen Belarus und Nordkorea entschieden haben.


Stadionbau 

Die Fifa meldete kürzlich, die «acht fantastischen Stadien in ganz Katar» sind bereits fertiggestellt. Zwar haben die Hauptarbeit vor allem Migranten aus armen Ländern wie Bangladesch, Nepal oder Indien geleistet, doch am Ende wollte der Chef höchstpersönlich ran. Wie schon Napoleon sagte: «Wenn du etwas gut erledigt haben willst, mach es selber.»

Höchstwahrscheinlich drohten ihm einfach, die wehleidigen Angestellten auszugehen. 6500 Gastarbeiter sind gemäss Menschenrechtsorganisationen gestorben. Die Fifa widerspricht und gibt 34 Menschen an, die «unmittelbar im Zusammenhang mit dem Stadionbau» ums Leben gekommen seien. Offiziell haben also nur 4,25 Arbeiter pro Fussball-Hütte das Zeitliche gesegnet. Klarer PR-Sieg für Infantino & Co.

Gianni Infantino und Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro posieren fleissig für Selfies mit (überlebenden) Arbeitern.
Gianni Infantino und Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro posieren fleissig für Selfies mit (überlebenden) Arbeitern.
Bild: Getty

Partytiger

Kein Land betreibt das Sportswashing so konsequent wie der Golfstaat. Mehr als 500 internationale Sportveranstaltungen richtet(e) die Herrscherfamilie in den letzten 15 Jahren aus. Auch die WM werde ein «Festival der sozialen Integration», so Infantino. 

Der Menschenfreund will einfach wieder Party machen und das Briger Feierbiest rauslassen. Was gibt es Schöneres, als im Vollsuff «Chum bringen hei» zu grölen? Insider wissen schon lange: In Katar hat es die beste Disco-Szene des Orients. Nur homosexuell sollte man besser nicht sein.


Klimawandel bekämpfen

Knapp 4500 Kilometer liegen zwischen der Schweiz und Katar. Diese Distanz spürt man auch am eigenen Leib. Während sich hierzulande die Bürger in der Kälte die Finger abfrieren, sind die Temperaturen im Golf-Staat deutlich angenehmer.

Mit dem Klimawandel wird in naher Zukunft auch in unseren Breitengraden bald Schnee ein Relikt aus der Vergangenheit sein (wie Sepp Blatter). Infantino ist ein Visionär und bereitet sich auf die neuen Lebensbedingungen vor. So bauen seine Kinder statt Schneemänner halt Sandburgen. Immerhin besser als ihr Papa, der ständig Luftschlösser (zum Beispiel eine WM im Zwei-Jahres-Rhythmus) produziert.


Flucht vor Benzinpreisen

Die Benzin- und Dieselpreise sind in der Schweiz in den letzten Monaten kräftig gestiegen. Auch die Heizkosten sind in der Schweiz ein treibender Kostenfaktor in jedem Haushaltsbudget. 

Auch die Infantinos haben gerechnet: Dank Erdöl- und vor allem des grossen Gasvorkommens kann Katar seinen Bürgern – zumindest der oberen Schicht – gute Deals offerieren. So kann Infantino sein luxuriöses Auto volltanken, ohne dass ihm an der Zapfsäule das Lachen vergeht.


System passt besser

Die Bundesanwaltschaft führt aktuell ein Strafverfahren gegen Infantino, weil er an einem geheimen Treffen mit Staatsanwalt Michael Lauber teilnahm. Es war so geheim, dass Infantino sich sogar nicht mehr daran erinnern kann. Oder es war einfach stinklangweilig. 

Nichtsdestotrotz ist eine solche juristische Angelegenheit immer unangenehm. In Katar geht man mit Kritik anders um. Wer hier den Mahnfinger gegenüber Scheich Tamim bin Hamad al-Thani erhebt, verliert den Finger. Der Emir von Katar ist nicht nur ein guter Freund, sondern auch ein Vorbild. Bei der letzten Wahl für das Amt des Fifa-Präsidenten gab es schon mal keinen Gegenkandidaten. 

Infantino mit seinem guten Kumpel Emir Tamim bin Hamad Al Thani in Doha.
Infantino mit seinem guten Kumpel Emir Tamim bin Hamad Al Thani in Doha.
Bild: Getty

Keine magere Fussball-Kost

«Wer noch nie Al-Duhail gegen Al-Sadd live sah, hat was verpasst», heisst die erste Strophe in einem berühmten arabischen Gedichtband. Die katarische Fussball-Liga ist sportlich so stark, dass immer wieder grosse Namen in die Wüste wechseln. Aktuell spielen etwa Toby Alderweireld, André Ayew, Santi Cazorla oder Javi Martinez dort. 

So hat Gianni Infantino – selbst ein begnadeter Fussballer – wohl einfach Lust gehabt, sich ab sofort statt ordinärer Schweizer-Super-League-Kost mehr Katari-Feinschmecker-Fussball reinzuziehen. 


Cashflow stimmt

Während man sich in der Schweiz in irgendwelchen Sitzungszimmern treffen muss (wo noch die Gefahr droht, abgehört oder gar gefilmt zu werden), ist man in Katar vor Spionen sicher. Praktischerweise müssen auch Bestechungsgelder nicht über eine Banktransaktion getätigt werden, sondern können ganz wie in den guten alten Zeiten per Übergabe eines Geldkoffers erfolgen. 

So kommen einem auch die besten Spürhunde nicht auf die Fährte. Infantino wohnt nun direkt gegenüber seiner Freunde, die sicher gerne mal für einen passenden Gefallen was springen lassen.