Eklat «Mir sind die Sicherungen durchgebrannt» – Leistner entschuldigt und erklärt sich

SB10/dpa

15.9.2020

Der HSV-Spieler Toni Leistner hatte am Montagabend einen pöbelnden Zuschauer auf den Rängen attackiert und damit für eine in Deutschland bislang einmalige Szene gesorgt.
Der HSV-Spieler Toni Leistner hatte am Montagabend einen pöbelnden Zuschauer auf den Rängen attackiert und damit für eine in Deutschland bislang einmalige Szene gesorgt.
Bild: Getty

HSV-Spieler Toni Leistner attackierte am Montagabend einen pöbelnden Zuschauer auf den Rängen. Inzwischen hat er sich für den Vorfall entschuldigt, erläutert aber auch die Gründe für seinen Ausraster. 

HSV-Profi Toni Leistner waren nach der 1:4-Pleite gegen den Drittligisten Dynamo Dresden die Nerven durchgegangen. Wohl auch frustriert von der deutlichen Niederlage sprang er während eines Interviews mit dem Pay-TV-Sender Sky auf die Tribüne, wo ihn ein Dynamo-Anhänger lautstark beleidigt hatte.

Er griff sich den pöbelnden Dynamo-Fan, schubste ihn zu Boden, ehe umstehende Zuschauer und schliesslich auch Ordner Leistner zurückdrängten, der daraufhin wieder ins Stadioninnere sprang. «Meine Familie lasse ich nicht beleidigen», begründete Leistner seine Aktion. 



Mutmasslich heftige Beleidigungen 

Gemäss «Bild» habe der Pöbler gerufen, er würde Leistners (schwangerer) Frau Josefin am liebsten in den Bauch treten, damit diese eine Fehlgeburt erleide. Der Anhänger bestreitet die Vorwürfe. Leistners Ehefrau meldete sich ebenfalls via Instagram: «Auch hinter dem Profifussballer Toni Leistner steckt ein Mensch wie du und ich. Ein Papa und Ehemann. (...) Die vermeintliche Anonymität im Netz, oder im Falle von gestern hinter hohen Fussballmauern, wird ausgenutzt, um grundlos (!) fremde Menschen zu beleidigen und zu beschimpfen.»

Leistner hatte noch in der Nacht in den sozialen Medien Reue gezeigt. «Ich entschuldige mich in aller Form für mein Verhalten und kann nur versprechen, dass mir – egal was mir an Beleidigungen an den Kopf geworfen wird – so etwas nie wieder passieren wird.» (...)

«Ich bin nach dem Spiel von der Tribüne meiner Heimatstadt aus massiv beleidigt worden. Damit kann ich normalerweise umgehen. Doch dann ging es extrem unter die Gürtellinie gegen meine Familie, meine Frau und meine Tochter. In dem Moment sind mir die Sicherungen durchgebrannt – so etwas darf mir dennoch niemals passieren.» Er entschuldigte sich auch in einer persönlichen Nachricht bei der Familie, welche er beim «Hinuntergehen» unsanft anrempelte. Für den 30-Jährigen dürfte diese Aktion dennoch ein Nachspiel haben.

Der DFB leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Von Dynamo bekam der gebürtige Dresdner dagegen Zuspruch. Der Verein hat den Fan bereits identifiziert. Die Verantwortlichen von Dynamo Dresden wollen eine Aussprache zwischen Leistner und dem Fan organisieren.

Der HSV hielt in einer Mitteilung fest: «Wir tolerieren den Vorfall nicht, stellen Toni aber auch nicht an den Pranger.»

Unterschiedliche Reaktionen im Fussball-Lager

Der unrühmliche Vorfall schlug in der Fussball-Szene hohe Wellen. So forderte Bayern-Star Leon Goretzka seine Berufs-Kollegen zu mehr Besonnenheit und Professionalität auf. Der deutsche Nationalspieler Goretzka nannte es zwar «traurig», dass Spieler immer wieder beleidigt werden. «Aber das ist gang und gäbe und man muss von einem Profi schon erwarten können, dass er das überhört», so der Mittelfeldspieler.

Der 25-Jährige meinte, dass Fussballer in diesen Zeiten auf solche Provokationen vorbereitet sein müssten. «Ich glaube, dass wir in so einem emotionalen Kochtopf wie einem Fussballstadion von klein auf solchen Beleidigungen und Schmähungen ausgesetzt waren. Da muss man schon von einem Spieler erwarten können, dass man sich da nicht beeindrucken lässt, die Ruhe bewahrt und drüber steht.»

Anders sieht das etwa der ehemalige Union-Berlin-Stürmer Sebastian Polter, ein guter Freund von Leistner. Auch viele Fussball-Fans können die Reaktion von Leistner nachvollziehen und geben vor allem dem Dynamo-Anhänger die Schuld.



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