Lionel Messi feiert am Freitag seinen 35. Geburtstag. Der Argentinier darf auf eine einmalige Karriere zurückblicken – und trotz des hohen Alters optimistisch in die Zukunft schauen.
Zuerst die gute Nachricht für die Konkurrenz: Auch Messi ist menschlich. Seine Debütsaison für PSG endete für den «Floh» mit sechs Toren. Für den siebenfachen Weltfussballer, der im Vorjahr noch den Ballon d'Or abstaubte, ein magerer Wert. Vor zehn Jahren noch kam er in einem Kalenderjahr auf sagenhafte 91 Treffer. Nach dem Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen Real Madrid gab es sogar Pfiffe der PSG-Fans für den vermeintlichen Heilsbringer, der den französischen Nobelklub endlich zum langersehnten Triumph in der Königsklasse führen sollte.
Aber um es mit Karim Benzemas Worten auszudrücken: «Es ist nur eine Zeit der Anpassung.» Man solle schauen, was er auf dem Platz macht. «Jemand, der Messi kritisiert, hat keine Ahnung vom Fussball», hielt der designierte Weltfussballer 2022 fest.
Der Affront der eigenen Fans mit dem Superstar dürfte voraussichtlich ein einmaliges Kapitel bleiben. Denn Messi scheint sein Formtief hinter sich zu haben. Und zudem nachvollziehbare Gründe gehabt haben, warum es im neuen Jahr nach dem Leistungsloch im Herbst nicht aufwärts ging. Nachfolgen der Corona-Infektion im Januar hätten ihn «hart» getroffen, hielt Messi kürzlich fest. Dies habe auch Auswirkungen auf seine Lunge gehabt, weshalb er nach seiner eineinhalb monatigen Zwangspause nicht mal richtig rennen haben könne.
Die Wiedergeburt
Anzeichen eines Niedergangs sind beim Routinier aktuell nicht auszumachen – im Gegenteil. Der Captain führte sein Land in der «Finalissima» gegen Europameister Italien (mit dem ersten Anzug) zu einem souveränen 3:0-Erfolg. Messi war Dreh- und Angelpunkt, fast jeder Angriff lief über den Spielmacher, der zudem bei zwei Treffern die Füsse im Spiel hatte.
Dass sein Torinstinkt nicht versiegt ist, bewies Messi im darauffolgenden Testspiel gegen Estland, wo er beim 5:0-Erfolg gleich höchstpersönlich alle Treffer beisteuerte. Fünf Tore im Nationaldress waren selbst für den erfolgsverwöhnten Profi ein Novum, der inzwischen bei 86 Toren (in 163 Länderspielen) steht.
Doch Tore sind bei ihm sowieso nur ein Teil seines Könnens. Sobald Messi den Rasen betritt, sind magische Momente nicht weit entfernt. Ob fintenreiche Dribblings, unvorhersehbare Pässe oder gezirkelte Freistösse in den Winkel – alles vereint in einem 169 Zentimeter kleinen Körper, der für dieses Spiel geboren worden zu sein scheint. Schon als Knirps tanzte Messi bei seinem Heimatklub Newell's Old mit seinem linken Fuss die Gegner aus, als wären sie nur Statisten in einem kosmischen Spiel. Kleiner Trost: So erging es danach praktisch allen Widersachern, die sich mit ihm duellierten.
Aufstieg zum Weltstar
Denn stoppen konnte ihn in der Kindheit niemand, selbst die Wachstumsstörungen bekam man in den Griff. Die Behandlungskosten übernahm der FC Barcelona, der so für wenig Geld einen Spieler mit unvergleichlichem Talent bekam. Ein Geschäft, welches sich für beide Seiten rechnete.
Bei den Katalanen traf der neben dem Platz so scheue Junge auf eine Generation, die ebenfalls für Grösseres bestimmt war. Nach seiner Ausbildung in der hauseigenen Akademie La Masia bekam Messi im Fanionteam von grossen Stars wie Ronaldinho, Xavi oder Puyol Anschauungsunterricht, wie es im Profi-Fussball läuft. Keine schlechten Lehrmeister, die dann hautnah miterlebten, was da für eine Ausnahmeerscheinung heranwächst. Und sie rasch überflügelte.
Am Anfang noch auf der Seite eingesetzt, erkor ihn der Verein um Coach Pep Guardiola bald zum Schlüsselspieler. Messi bekam die Nummer 10 und alle Freiheiten auf dem Platz – die Basis für die nachfolgende Ära. Gleich 17 Jahre verzauberte Leo bei Barça Freund und Feind. Unzählige Rekorde und Titel heimste Messi für die Blaugrana und sich ein.
Endlich versöhnt
Bei seinen Ausflügen zur «Albiceleste» erreichte er dabei oft nicht den gleichen Wirkungsgrad wie in der Fremde. Die Bürde als legitimer Nachfolger von Nationalheld Diego Maradona schien stets ein wenig auf Messi zu lasten. Der Druck war immer spürbar, als Fussball-Prophet seiner fussballverrückten Heimat endlich einen grossen Titel zu schenken. Mehrmals schrammten Messi & Co. nur haarscharf am Ziel vorbei, am schlimmsten war die Final-Niederlage bei der WM 2014 (0:1 nach Verlängerung gegen Deutschland).
Doch nachdem sich Messi fast schon mit seinem Schicksal angefreundet hatte – und zwischenzeitlich auch schon aus der Nationalmannschaft zurücktrat – kam 2021 die grosse Versöhnung. Ausgerechnet gegen Brasilien führte er Argentinien zum Triumph in der Copa América, der Fluch war gebrochen. Seither verstrahlt Messi auch in der Landesauswahl die Leichtigkeit, welche ihn so lange in Barcelona auszeichnete.
Bei der WM Ende des Jahres in Katar will er sich nun diesen letzten grossen Titel holen, der ihm in seiner unfassbaren Trophäensammlung noch fehlt. «Messi wirkt besessen, konzentriert mit mörderischem Blick auf die WM in Katar», schrieb «La Nacion». Und das argentinische Sportblatt «Olé» schwärmte vom «besten Messi, den die Nationalmannschaft je gesehen hat».
Wenn es dennoch nicht reichen sollte im Winter mit dem letzten Puzzle-Stück, darf sich Messi damit begnügen, viele Menschen rund um den Globus mit seinem Spiel begeistert zu haben. Mit 35 Jahren und als dreifacher Familienvater kann er inzwischen wohl auch einschätzen, welche Leistungen er über die letzten knapp zwei Jahrzehnte erbracht hat. Was für Messi jedoch normal war, war für andere nicht von dieser Welt.
Kein Wunder sehen ihn viele Fans und Experten als besten Fussballer der Geschichte. Vielleicht wird er aber diesen inoffiziellen Titel in einigen Jahren schon los sein. So tauchte kürzlich ein Video von Sohnemann Matteo Messi auf, wie er die Konkurrenz vernascht. Die Gene des Papas sind einfach ein Wettbewerbsvorteil.