«Der Fussball hat mein Leben bestimmt», sagt Marcel Reif, der einst die Juniorenabteilungen bei Kaiserslautern durchlief, später als Kommentator glänzte und heute gefragter Fussballexperte ist. Bei «Schawinski» schwelgt er in Erinnerungen und spricht ausführlich über die WM in Katar.
Sieben Weltmeisterschaften begleitete Reif als Kommentator. Darauf angesprochen, welches die Beste war, zögert er keine Sekunde: «Italien 90». Als wäre er Botschafter für Tourismus Italien schwärmt er über Land und Leute. Dass Deutschland gewonnen hat, spielte dabei noch nicht einmal eine Rolle: «Das war ein Gesamtkunstwerk.»
Roger Schawinski gerät derweil ins Schwärmen, wenn er an die WM 1986, bei der er in Mexiko dabei war, zurückdenkt. Die Deutschen verspielten damals im Final eine 2:0-Führung gegen Argentinien, dennoch war es ein paar Stunden später möglich, Spieler an der Hotelbar zu treffen und sich mit ihnen zu unterhalten. Heutzutage unvorstellbar. Denn wie sagt Marcel Reif so schön: «Wenn Fussballer ein Eis bestellen bei der Kellnerin, dann ist das eine Affäre.»
Ist Katar «die WM der Schande»?
Die Gegenwart lautet nun Katar, die einige als «WM der Schande» betiteln. Dass sich die Kataris die WM gekauft haben, daran zweifelt kaum jemand. Marcel Reif mag sich darüber aber gar nicht mehr aufregen und sieht den Fehler im System.
Auch kommt für ihn nicht infrage, das Turnier zu boykottieren, obschon er Verständnis zeigt für all jene, die genau das vorhaben. «Aber ich mag keine Heucheleien. Wenn einer sagt, alles schlimm, schlimm, schlimm und guckt sich dann alle Spiele an, das mache ich nicht mit.» Viel mehr hofft er, dass sich in Katar einiges zum Besseren verändern werde. Für ihn ist klar: «Ich bin kein schlechterer Mensch, wenn ich die WM schaue.»