Wenn am Donnerstag YB in Sitten zum Cup-Viertelfinal antritt, stehen sich die Leader der höchsten und zweithöchsten Liga gegenüber. Beim Unterklassigen wittert man den grossen Coup.
Nach hohen Siegen wirken Trainer oft als Ruhepol, der zur Bescheidenheit mahnt. Nicht aber Didier Tholot. Als seine Spieler am Freitag das 4:0 gegen Schaffhausen feiern, sagt der Sion-Coach gegenüber dem «Nouvelliste», dass er die Euphorie nicht bremsen wolle. «Ich möchte, dass meine Spieler ambitioniert ins Cup-Duell mit YB gehen.»
Reif für den grossen Coup?
Das Team des 59-jährigen Trainers eilt derzeit von Erfolg zu Erfolg. Entweder in souveräner Manier wie in Schaffhausen oder – wenn nötig – mit viel Moral, wie beispielsweise in der Woche davor, als die Walliser in Vaduz einen 0:1-Rückstand mit Toren in der 86. und 94. Minute in einen 2:1-Sieg verwandelten.
Tholot attestiert seiner Mannschaft, welche in der Challenge League ungefährdet an der Spitze steht, nach dem sechsten Sieg in Folge viel Reife. Aber ist sie auch reif genug, um gegen den ganz grossen Gegner zu bestehen?
Wunden lecken bei YB
Szenenwechsel: Raphael Wicky wirkt am Sonntag konsterniert. «Wir sind enttäuscht von uns», hielt der YB-Trainer nach der 0:1-Heimniederlage gegen Servette fest. Harmlos sei der Auftritt im Spitzenkampf gewesen, ohne Überzeugung hätten seine Spieler agiert. Zwar bleiben die Berner mit vier Punkten Vorsprung auf die Genfer im ersten Tabellenrang, dennoch herrscht inzwischen eine gewisse Unruhe beim Ligakrösus.
Das Aus in der Europa League gegen ein starkes Sporting Lissabon wäre allein verkraftbar gewesen. Doch die Leistungen in der Super League liessen zuletzt ebenfalls zu wünschen übrig. Goalie David von Ballmoos kreidete am Sonntag sogar die Einstellung seiner Mitspieler an, indem er sagte, dass einige mit «zu wenig Motivation» gespielt hätten. Worte, die vor dem Duell mit Sion wachrütteln sollen. Denn auch bei YB ist man sich bewusst, dass nun im Cup ein äusserst motivierter Gegner wartet.
Tholots Erinnerungen an 2009
Euphorie auf der einen, Ärger auf der anderen Seite. Dennoch bleibt der Titelverteidiger der klare Favorit. Von den letzten 30 Pflichtspielen gegen Sion hat YB deren 25 gewonnen (drei Unentschieden), darunter auch der Cup-Halbfinal im August 2020.
Dass sie in grossen Partien gegen die Young Boys über sich hinauswachsen können, haben die Walliser jedoch schon mehrmals bewiesen. So hiess der Sieger der bisher vier Cupfinals zwischen den beiden Teams immer Sion. Das weiss natürlich auch Didier Tholot, der beim bisher letzten Finalduell vor 15 Jahren Trainer der Sittener war. «Wir haben eine kleine Chance», sagt Tholot, der 2015 den zweiten Cup-Titel mit Sion feiern konnte. «Es liegt an uns, sie zu nutzen.»
lemi, sda