Schachtar spielt heute in der Champions League gegen die Young Boys. Das «Heimspiel» der Ukrainer findet kriegsbedingt jedoch in Gelsenkirchen statt. Für Schachtar ist der Weg dahin umständlicher, als für die eigentlichen Gäste aus Bern. Insider Thomas Grimm klärt auf.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Thomas Grimm war sowohl Präsident der Young Boys, als auch des ukrainischen Fussballverbandes.
- Im Interview mit blue Sport erklärt der Sportfunktionär, weshalb die Anreise für Schachtar zum Heimspiel in Gelsenkirchen äusserst umständlich ist.
- Das Spiel zwischen Schachtar und YB ist am Mittwoch um 18.45 Uhr live auf blue Sport zu sehen.
Thomas Grimm, sie waren von 2007 bis 2009 Präsident der Young Boys und von 2018 bis 2020 Präsident des ukrainischen Fussballverbandes. Schauen sie heute besonders auf die Partie zwischen Schachtar Donezk und YB?
Thomas Grimm: Ich schätze beide Vereine sehr dafür, was sie in der Vergangenheit geleistet haben. Die Ausgangslage ist von der mentalen Voraussetzung natürlich völlig unterschiedlich. YB kommt aus einem sicheren Land, kann zum Spiel hinfliegen und wieder zurückfliegen. Bei Schachtar ist es völlig etwas anderes. Ich habe einen grossen Respekt vor den Spielern, wenn ich sehe, unter welchen Belastungen sie diese Leistungen bringen.
Das Spiel gegen YB findet in Gelsenkirchen statt. Das ist aus Sicht von Schachtar logistisch bestimmt nicht einfach?
Genau, man kann ja nicht fliegen in der Ukraine. Wenn sie nach Gelsenkirchen reisen, fahren sie zuerst mit dem Bus bis nach Lemberg und dann von Lemberg im Zug in eine polnische Grenzstadt, wo sie dann den Flieger nehmen nach Düsseldorf. Das bedeutet, sie sind ungefähr zwei Tage unterwegs. Das ist logischerweise keine ideale Vorbereitung für ein Champions-League-Spiel, das ist für jeden nachvollziehbar.
Also sehen Sie die Young Boys als Favoriten?
Nein, ich sehe Schachtar im Vorteil, weil YB mal gut mal schlecht spielt. Zudem hat Schachtar eine gewisse Erfahrung mit Exilspielen. Seit 2014 haben sie nicht mehr zu Hause in Donezk gespielt. Ich drücke beiden Mannschaften die Daumen, hoffe aber auf Schachtar, weil das Geld für sie noch wichtiger ist in der jetzigen Situation.
Was ist für die Spieler von Schachtar die grösste Herausforderung, wenn man Champions League spielt, aber zu Hause solche schrecklichen Dinge passieren?
Ich kann nicht in die Köpfe der Spieler schauen. Aber es ist klar, dass man nicht in der Ukraine leben und den Krieg ausblenden kann. Das ist gar nicht möglich. Man ist jeden Tag konfrontiert. Sie müssen einfach das Beste daraus machen.
Ist es ein Wunder, dass sich Schachtar trotz der Situation noch auf den Fussball konzentrieren kann?
Ich glaube, das ist etwas, was sie sich mit der Zeit aneignen mussten. Sie wissen auch über den Vorteil, den sie haben, wenn sie mal ausserhalb von möglichen Raketen sind. Das ist sicher der Punkt, den sie als professionelle Spieler dazu bringt, das bestmögliche zu geben. Auch für die Leute, die in der Heimat sind und nicht ausreisen können. Auf der anderen Seite sind die Gedanken natürlich immer bei der Familie zu Hause. Ob nicht irgendetwas passiert, ob sie eine schlechte Nachricht bekommen haben, wenn das Spiel fertig ist.
Die Gedanken sind also sowieso bei den Angehörigen?
Ja klar, speziell bei Auswärtsspielen. Wenn in Kiew oder anderen Städten, in denen sie wohnen, bombardiert und angegriffen wird, dann ist sofort der Gedanke bei den Angehörigen. Wie geht es meiner Frau, wie geht es meinen Kindern? Das lässt sie nicht los, das ist ja gar nicht möglich.
Mi 06.11. 18:10 - 21:00 ∙ blue Sport Live ∙ FC Shakhtar Donetsk - BSC Young Boys
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