Trainer Sahin vor Schicksalsspiel Reif: «Reagiert Dortmund nicht, ist die Saison in der Grütze»

Syl Battistuzzi

15.1.2025

Marcel Reif: «Borussia Dortmund befindet sich in einer Sackgasse»

Marcel Reif: «Borussia Dortmund befindet sich in einer Sackgasse»

Borussia Dortmund rutscht tiefer in die Krise. blue Sport-Experte Marcel Reif findet dazu klare Worte.

15.01.2025

Die Krise bei Borussia Dortmund spitzt sich nach der 2:4-Niederlage gegen Aufsteiger Kiel zu. Auch die Luft für Neo-Coach Nuri Sahin wird immer dünner. Experte Marcel Reif nimmt bei blue Sport kein Blatt vor den Mund. 

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Syl Battistuzzi, Stefan Eggli

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mit einer 2:4-Pleite bei Aufsteiger Holstein Kiel hat Borussia Dortmund in der Bundesliga eine herbe Schlappe kassiert und liegt in der Tabelle auf Platz 9. Der BVB droht das internationale Geschäft zu verpassen. 
  • Jung-Trainer Nuri Sahin bekommt zwar von den BVB-Verantwortlichen Rückendeckung.
  • Für Experte Marcel Reif könnte sich das aber wie in vielen Fällen als reines Lippenbekenntnis herausstellen. Bei einer weiteren herben Schlappe beim Frankfurt-Spiel am nächsten Freitag werde man Sahin entlassen, glaubt der 75-jährige Deutsche. 

Marcel Reif, am Dienstag gab es für Borussia Dortmund mit dem 2:4 gegen Aufsteiger Kiel eine der peinlichsten Niederlagen der letzten Jahre – ist das für Trainer Nuri Sahin die berühmte Niederlage zu viel?

Peinlich oder beschämend, so haben es ja alle selber bezeichnet, von Ricken bis hin zu Emre Can. Wenn nicht das Spiel am Freitag in Frankfurt anstünde, dann wäre das Eis für Sahin noch dünner. Diese kurze Frist rettet ihm erstmal den Job, aber sie rettet ihm den Job nur bis Freitag.

Wenn sie in Frankfurt nicht gewinnen – okay, ein Unentschieden könnte die Sache auch noch verlängern – aber wenn sie in Frankfurt klar verlieren und nicht eine dramatische Leistungssteigerung herkommt, dann glaube ich, werden sie reagieren. Sie werden reagieren müssen, weil sonst die Saison endgültig in der Grütze ist. 

BVB-Geschäftsführer Lars Ricken nahm die Spieler in die Pflicht, der Trainer sei kein Thema. Nimmst du ihm das ab?

Was soll Lars Ricken anderes sagen? Soll er sagen, der Trainer hat nur noch so lange hier bei uns Galgenfrist? Nein, natürlich muss er alles versuchen, den Trainer zu stärken. Denn das ist doch die entscheidende Frage. Offenbar kauft die Mannschaft dem Trainer das, was er möchte, nicht ab. Sonst würden sie es ja umsetzen. Und das ist das Dramatische.

Entweder er schafft es jetzt, Zugang zu der Mannschaft zu finden oder aber er hat sie verloren. Spieler sind ja nicht so, dass sie sagen –‹ja, es lag an uns› – das, was Lars Ricken gerne hätte. Die Spieler sagen es zwar immer, aber denken tun sie: ‹Hey, dann soll doch unser Übungsleiter die Dinge doch klarer machen.› Spieler suchen die Schuld regelmässig irgendwo anders, auch wenn sie anderes erzählen. Am Ende ist völlig wurscht, was Ricken erzählt. Wenn die Punkte nicht kommen, ist die Sache beendet.

Welchen Vorwurf muss sich die Führung rund Lars Ricken und Sebastian Kehl (Sportdirektor) gefallen lassen?

Den gleichen wie jede Vereinsführung, die auf einen Trainer oder Kader setzt, bei welchem am Ende die Ergebnisse nicht stimmen. Also hat man doch was falsch gemacht. Lars Ricken ist doch viel zu neu dabei, der hat noch am wenigsten auf dem Kerbholz.

Aber Watzke (BVB-Boss Hans-Joachim– .d.Red) und Kehl haben ja in den letzten Jahren Trainer ausgetauscht wie in der Drehtür. Das war ja wie beim Schlussverkauf im Globus. Und keiner hat es hingekriegt, diese Mannschaft wieder da hinzubringen.

Auf der anderen Seite waren sie vor zwei Jahren mal fast deutscher Meister, da fehlte nur noch das letzte Spiel. Im letzten Jahr waren sie im Champions-League-Final, aber die Konstanz eines Spitzenclubs – die ist nie erreicht worden. Möglicherweise haben sie sich durch diese Spitzen nach oben – diese Fast-Meisterschaft und dieses Champions-League-Final – täuschen lassen und das ist für die Verantwortungsträger nie gut. Da können sie sich oder müssen sie sich angreifen lassen.

Was spricht für einen Verbleib von Sahin?

Diese Drehtür muss irgendwann mal an Tempo verlieren. Den Trainer musst du dir ja backen, der das offenbar hinkriegt. Das Problem ist, dass jetzt natürlich jeder Trainer, der ein bisschen was auf sich hält, sagt, ‹alter Falter, die Lunte ist aber kurz dort und ist mit dem Kader offenbar gar nicht lösbar›. Warum auch immer.

Da liegt jetzt nicht gerade jeder Top-Trainer unter dem Baum oder schläft mit offenem Fenster, damit er ja den Ruf von Borussia Dortmund immer hört. Was spricht dafür? So lange durchziehen wie es geht, weil sie sich auch zu ihm bekannt haben und ihn stützen wollen. Aber wenn die Ergebnisse nicht stimmen, dann ist auch diese Geschichte beendet.

Didi Hamann sagte «Borussia Dortmund ist kein Job, um zu lernen» – gibst du ihm recht?

Nehmen wir mal einen Ausbildungsverein, da müssen wir schon in die 4., 5. oder 3. Liga gehen. Eventuell kann da ein Trainer lernen. Borussia Dortmund hat den Anspruch, zweite Kraft in Deutschland zu sein. Sie werden ja nicht müde, das immer noch zu quaken, auch wenn sie jetzt ins Mittelmass abgesackt sind. Aber sie sind die zweitgrösste Kraft hinter den Bayern. ‹Wir haben die Bude immer voll mit 80'000 Zuschauer und diese Träume und dann waren wir mal im Champions-League-Final und dann waren wir mal fast Deutscher Meister und früher waren wir auch Deutscher Meister.› Ist das ein Platz, um zu lernen?

Natürlich muss ein junger Trainer dazulernen. Natürlich muss er solche Phasen, wie Sahin sie jetzt durchlebt, überwinden. Aber auf dem Wege dahin verlierst du Punkte. Und wenn Borussia Dortmund nicht Platz vier erreicht – der zur Champions-League-Qualifikation reicht – dann ist das Mindestziel nicht erreicht. Dann erreicht den Trainer das Fallbein. Und jetzt können sie wieder nachdenken, wo ist der Top-Trainer, der alles schon kann und der nicht mehr dazulernen muss. Einfach wird es nicht – sie sind in einer Sackgasse drin.

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15.01.2025