Auf das frühe WM-Aus folgt das vorzeitige Saison-Aus. Doch der verunfallte Deutschland-Goalie Manuel Neuer erhält nach seinem Beinbruch nicht nur Mitleid.
Nach dem bitteren Vorrunden-Ausscheiden bei der WM in Katar will Deutschlands Manuel Neuer eigentlich nur «den Kopf freibekommen». Doch die unternommene Ski-Tour endet für den Goalie im Spital – und für den FC Bayern in einer Hiobsbotschaft. Neuer bricht sich auf seinem Ausflug den Unterschenkel und fällt für den Rest der Saison aus. Der deutsche Rekordmeister steht plötzlich ohne eine echte Nummer 1 da.
Während bei seinem Arbeitgeber schnell die Suche nach dem bestmöglichen Ersatz aufgenommen wird, muss Neuer nebst der schweren Verletzung auch Kritik einstecken.
Matthäus: «Das hätte nicht sein müssen»
«Auf eher abgelegenen Skipisten zu fahren, die nicht so sicher sind, weil das Risiko weniger kalkuliert werden kann, ist schon fahrlässig», schreibt etwa Lothar Matthäus in seiner Sky-Kolumne. Der deutsche Rekordnationalspieler bringt zwar Verständnis auf für Neuers Wunsch nach einem freien Kopf. «Aber das war so ähnlich, wie wenn man mit dem Auto im tiefsten Winter mit Sommerreifen fährt», schreibt Matthäus, der die Begeisterung Tiefschnee-Fahren nachempfinden kann und trotzdem klarstellt: «Das hätte nicht wirklich sein müssen.»
Markus Babbel erlebte in seiner Aktivzeit noch ganze Teamausflüge in Skigebieten. «Schon da fand ich das äussert grenzwertig, weil es einige nicht konnten. Das ist ein gefährlicher Sport und irgendwann ist es uns auch untersagt worden», erzählt der Ex-Luzern-Trainer bei Sky.
Mittlerweile haben viele Verträge eine entsprechende Klausel, die das Skifahren untersagt. «Daher hat es mich doch sehr verwundert», sagt Babbel mit Blick auf Neuers Ausflug. Und weiter: «Wenn es nun wirklich so wäre, dass es vertraglich geregelt ist, habe ich kein Verständnis dafür – bei allem Verständnis, den Kopf frei bekommen zu müssen. Aber an dieser Stelle hätte ich mehr Professionalität erwartet.»
Labbadia appelliert an Eigenverantwortung
Torsten Frings, ehemaliger Bremen-, Dortmund- und Bayern-Spieler, kennt entsprechende Klauseln schon aus vergangenen Zeiten. «Ich hatte in meinen Verträgen damals immer Klauseln drin, dass ich solche Dinge nicht machen durfte. Bei Manuel Neuer war das jetzt offensichtlich nicht der Fall», sagt Frings in einer WM-Show von ran. Er habe damals nebst dem Skifahren auch auf das Motorradfahren verzichten müssen. «Für den FC Bayern ist es natürlich beschissen, weil er bis zum Ende der Saison ausfällt», führt Frings aus. «Aber er hätte sich das Bein auch beim über die Strasse gehen brechen oder vom Rad fallen können.»
Bei seiner Vorstellung als neuer Stuttgart-Trainer äussert sich auch Bruno Labbadia zu Neuers Unfall. «Ich appelliere da eigentlich immer an die Spieler, dass die Entscheidungen treffen, die pro Verein sind. Klar, es ist ein Risiko. Ich habe mich damals immer entschieden, keine Ski zu fahren», sagt Labbadia an der Pressekonferenz und begründet: «Drei Monate oder ein halbes Jahr auszufallen, bedeuten im normalen Leben gefühlt drei Jahre, weil die Karriere nicht so lange dauert.»
Um seine neuen Schützlinge in Stuttgart macht sich Labbadia aber keine grossen Sorgen, wie der 56-Jährige mit Augenzwinkern ergänzt: «Wenn ich auf unser Kader blicke, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass viele Spieler auf Skiern stehen, sondern verbinde sie eher mit der Sonne.»