Nach Sitzblockade in Zürich Klimaaktivisten schweigen
vor Gericht

fn, sda

12.5.2021 - 14:55

Wegen einer Sitzblockade im Sommer 2019 vor der Credit Suisse müssen sich neun Klimaaktivisten heute vor dem Zürcher Bezirksgericht verantworten. Die Mehrheit verweigerte die Aussage, die Staatsanwaltschaft nannte die Aktion ein «Theater».

Am 8. Juli blockierten Klimaaktivisten den Eingang der Credit-Suisse-Filiale in Zürich. Heute stehen neun Beteiligte deswegen vor Gericht.
Am 8. Juli blockierten Klimaaktivisten den Eingang der Credit-Suisse-Filiale in Zürich. Heute stehen neun Beteiligte deswegen vor Gericht.
Keystone/Ennio Leanza

Der Prozess ist schon rein wegen seiner Lokalität ungewöhnlich: Das Zürcher Bezirksgericht musste wegen der vielen Anwesenden und den einzuhaltenden Corona-Regelungen umdisponieren und den Prozess ins Volkshaus verlegen. Angeklagt sind neun Klimaaktivisten. Begleitet werden sie nicht nur von ihren Anwälten, sondern auch von Übersetzern, da die Aktivisten grösstenteils aus der Romandie stammen. Neben dem Gerichtspersonal waren heute zudem mehrere Medienschaffende vor Ort.

In Basler Prozess wurden Klimaaktivisten freigesprochen

Bei den Beschuldigten handelt es sich um sieben Frauen und zwei Männer. Sie waren im Juli 2019 Teil einer Sitzblockade vor dem Eingang der Credit Suisse am Paradeplatz. Damit protestierten sie gegen klimaschädliche Aktivitäten von Schweizer Grossbanken und forderten den sofortigen Ausstieg aus der Finanzierung von Kohle-, Öl- und Gasförderung.

Sie blockierten den CS-Eingang mit Pflanzenkübeln und ineinander verkeilten Velos. Teilweise ketteten sie sich auch selber an. Die Polizei musste die Ketten mit einer Trennscheibe aufschneiden und die Aktivistinnen und Aktivisten wegtragen. 64 Personen wurden damals verhaftet, gegen 51 wurde ein Strafverfahren eröffnet.

42 Aktivisten akzeptierten ihren Strafbefehl, mussten am Mittwoch also nicht beim Massen-Prozess im Zürcher Volkshaus erscheinen. Sie sind dafür nun vorbestraft.

Für die neun anwesenden Angeklagten forderte die Staatsanwaltschaft bedingte Geldstrafen wegen Nötigung und für die meisten auch wegen Hausfriedensbruchs. Vor Gericht äusserte der Staatsanwaltschaft zwar  ein gewisses Verständnis für die neun beschuldigten Aktivistinnen und Aktivisten. Sich vor der Credit Suisse am Paradeplatz anzuketten, bringe dem Klima aber nichts.

Er verstehe die jugendliche Empörung über den Klimawandel, sagte der Staatsanwalt. Sein Verständnis höre aber dort auf, wo Gesetzesverstösse begangen würden.

«Sie könnten sich ja in den politischen Prozess einbringen. Aber Sie spielen lieber einen Vormittag lang Theater», sagte er zu den Aktivistinnen und Aktivisten. Es bringe dem Klima nichts, wenn sich ein paar junge Leute vor der Credit Suisse anketten würden.

Er fordert wegen Nötigung und in acht der neun Fälle auch wegen Hausfriedensbruchs bedingte Geldstrafen in der Höhe von 90 Tagessätzen zu je 30 Franken. Dazu solle eine Busse von 500 Franken kommen. Das Verschulden der Demonstranten wiege «nicht leicht». Nur schon, weil die Stadtpolizei Zürich immense Kosten gehabt habe.

Anwälte fordern Einstellung des Verfahrens

Die Aktivistinnen und Aktivisten verweigerten am Vormittag grösstenteils die Aussage. Nur zwei von ihnen waren bereit, einige wenige Angaben zu machen. Ja, sie sei vor dem CS-Gebäude gewesen, sagte eine gelernte Uhrmacherin aus der Westschweiz.

Die Aktion sei aber symbolisch gewesen und habe nicht gegen Gesetze verstossen. Wer die Aktion vor dem CS-Gebäude organisiert hatte, wollte sie jedoch nicht sagen. Auch ein Aktivist, ebenfalls aus der Westschweiz, gab zu, vor dem CS-Gebäude gewesen zu sein. Die Aktion sei aber nicht illegal gewesen. In dieser Zeit habe ohnehin niemand in die Bank gewollt. Mehr wollte er zur Sitzblockade nicht sagen.

Die anderen Beschuldigten verweigerten die Aussagen komplett und verwiesen auf ihre Anwältinnen und Anwälte. Diese hatten zu Beginn des Prozesses gefordert, das ganze Verfahren gegen die neun Aktivistinnen und Aktivisten einzustellen.

Die Anklagen seien ungültig. Auf den Strafbefehlen habe das Strafmass noch bedingte Geldstrafen von 60 Tagessätzen betragen. Weil die Beschuldigten die Strafbefehle angefochten hätten, sei die geforderte Strafe nun erhöht worden, auf 90 Tagessätze. Es gebe jedoch keine neuen Erkenntnisse, die das rechtfertigen würden.

Das Gericht entschied noch nicht darüber, ob es das Verfahren einstellt. Dies wird erst bei der Urteilseröffnung bekannt gegeben, die am Freitag stattfinden dürfte. Für den restlichen Mittwoch sind die Plädoyers von Staatsanwalt und Anwälten eingeplant.

Dieses Jahr wurden fünf Aktivisten, die wegen einer Sitzblockade vor der Basler UBS vor Gericht standen, vom zuständigen Strafgericht in allen Punkten freigesprochen.

fn, sda