Coronavirus – SchweizTriage in Luzerner Spitälern nur noch Frage der Zeit
rl, sda
28.12.2021 - 12:50
Auf den Luzerner Intensivstationen dürften bald einzelne Patientinnen und Patienten wegen knappen Ressourcen nicht mehr aufgenommen werden können. Die Triage sei absehbar, sagte der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf (Mitte) am Dienstag an einer Medienkonferenz.
28.12.2021, 12:50
SDA
Der Regierungsrat und die Verantwortlichen der Luzerner Spitäler zogen ein düsteres Bild der Covid-Lage. Sie griffen zu drastischen Worten, zeigten das Bild einer vom Coronavirus befallenen Lunge und prognostizierten mit Hilfe von Statistiken aus dem In- und Ausland, was in den nächsten Wochen passieren könnte. Es sei fünf nach zwölf, sagte Graf.
Zur Zeit herrsche Ruhe vor dem Sturm, sagte Christoph Henzen, Leiter des Pandemiestabs des Luzerner Kantonsspitals. Sorge bereitet ihm, dass die Schweiz auf einem viel höheren Fallzahlenniveau in die Omikronwelle startet als etwa Grossbritannien oder Dänemark. Und dass die Virusvariante auch vor dem Spitalpersonal nicht halt mache.
Durchseuchung steht bevor
Henzen geht davon aus, dass das hochansteckende Omikron die Bevölkerung durchseuchen wird. Das bedeute in zwei bis vier Wochen deutlich mehr Covid-Patientinnen und -Patienten, die in den Spitälern enorme Kapazitäten beanspruchen, und ein vermehrter Ausfall auch des geimpften Spitalpersonals.
Zudem nehme die Zahl der Intensivpflegebetten schweizweit tendenziell ab, sagte Martin Nufer, Direktor der Hirslanden Klinik St. Anna. Die Zahl der Betten zu erhöhen, sei nur limitiert möglich.
Die Luzerner Spitäler reagieren mit verschiedenen Massnahmen auf diese Situation. Der Operationsbetrieb wurde am Kantonsspital in Luzern um 30 Prozent reduziert, Wahleingriffe werden verschoben. Ab Mittwoch gilt am Kantonsspital und an der Hirslanden Klinik St. Anna ein Besuchsverbot.
Mehr Covid-Kapazitäten
Das Kantonsspital schafft am Standort Wolhusen zusätzliche Kapazitäten für Covid-Patientinnen und -Patienten, die keine Intensivpflege benötigen. Am Standort Luzern wird die Zahl der Intensivbetten von 24 auf 22 reduziert, dies erlaubt es, 16 statt 14 Covid-Patientinnen und -Patienten zu beatmen.
Spitzt sich die Lage zu, werden die Intensivpflegebetten der kantonalen Regionalspitäler Wolhusen und Sursee in Sursee konzentriert. Auch die Hirslanden Klinik St. Anna plant die Zahl seiner Covid-Plätze zu erhöhen.
Ferner wird an den Luzerner Spitälern die Triage vorbereitet. Dabei muss entschieden werden, wer bei fehlenden Kapazitäten intensivmedizinisch betreut wird. Wichtig sei, dass diese Entscheide nach klaren Richtlinien gefällt würden, sagte Andreas Fischer, Co-Leiter des Ethikforums Luzerner Kantonsspital. Eine «stille Triage» solle verhindert werden.
Ungeimpfte werden nicht benachteiligt
Massgebend sind bei der Triage die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW). Keine Rolle spielen darf, ob jemand Covid hat oder nicht, und ob er geimpft ist oder nicht.
Ziel sei es, möglichst viele Leben retten zu können, erklärte Fischer. Entscheidend sei die kurzfristige medizinische Prognose und die zu erwartende Behandlungsdauer. Es werde auch eine Verlaufstriage geben.
Die Triage sei ein ethisches Dilemma, sagte Fischer. Sie sei eine Ultima Ratio und eine sehr grosse Herausforderung für das Spitalpersonal, aber auch für die Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen.
Ruf nach schärferen Massnahmen
Angesichts dieser Ausgangslage stellt sich die Frage, wieso Luzern nicht eine härtere Gangart gegen die Ausbreitung des Virus einschlägt. Regierungsrat Graf sagte, er befürworte zwar schärfere Massnahmen, doch müssten diese schweizweit eingeführt werden. «Es ist kein kantonales Virus».
Die Erfahrungen mit den Skigebieten letztes Jahr haben gemäss Graf gezeigt, dass ein Massnahmen-Flickenteppich nicht wünschenswert ist. Würde allein Luzern die Clubs schliessen, würde das Problem nur in andere Kantone verschoben, sagte er. Er rief die Bevölkerung zudem dazu auf, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die Impfung sei der Schlüssel bei der Bewältigung der Pandemie.
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