Politische Rechte Stadt Bern verlängert Sammelfrist für Mindestlohn-Initiative

zc, sda

23.9.2024 - 14:18

In der Stadtkanzlei sind 1600 Unterschriften zur Mindestlohn-Initiative verschwunden. (Archivbild)
In der Stadtkanzlei sind 1600 Unterschriften zur Mindestlohn-Initiative verschwunden. (Archivbild)
Keystone

Der Berner Gemeinderat reagiert auf das spurlose Verschwinden von 1600 Unterschriften für die Mindestlohn-Initiative. Er hat entschieden, dass die Sammelfrist noch bis 15. Januar 2025 läuft.

Ursprünglich wäre die Frist am 1. November abgelaufen. Doch vor kurzem war bekannt geworden, dass eine eingeschriebene Postsendung mit 1600 zu beglaubigenden Unterschriften in der Stadtkanzlei abhanden gekommen ist. Diese Unterschriften waren zwischen dem Sammelstart Anfang Mai und Mitte Juli gesammelt worden.

Bis heute sind sie spurlos verschwunden. Die Nachforschungen seien bislang erfolglos geblieben, teilte der Gemeinderat am Montag mit. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die Unterschriften definitiv verloren seien.

Der Gemeinderat sei bestürzt über den Vorfall. Der Schaden für das Initiativkomitee könne nicht vollständig wiedergutgemacht werden. Um ihn in Grenzen zu halten, sei der Beginn der Sammelfrist auf den 15. Juli verschoben worden. Dadurch könnten Unterschriften bis Mitte Januar gesammelt werden.

Verschwundene Unterschriften nicht gültig

Die Initianten begrüssten diesen Entscheid. Allerdings hatten sie auch verlangt, dass die verschwundenen Unterschriften gültig erklärt werden. Der Gemeinderat sei aus zwei Gründen nicht auf diese Forderung eingegangen, sagte Stadtschreiberin Claudia Mannhart auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Erstens könne man nicht wissen, wie viele der 1600 verschwundenen Unterschriften tatsächlich gültig gewesen seien. Bei städtischen Volksbegehren seien durchschnittlich rund zehn Prozent der zu beglaubigenden Unterschriften ungültig.

Zweitens hätte es noch ein anderes, grösseres Risiko gegeben. Hätte man die 1600 Unterschriften für gültig erklärt, hätten dieselben Personen das Begehren nochmals unterzeichnen können.

Das Initiativkomitee will die Unterschriftensammlung nun intensivieren. Ziel sei es, die Initiative noch in der alten Frist einzureichen. Wer das Begehren zwischen Anfang Mai und Mitte Juli unterzeichnet habe, werde gebeten, nochmals zu unterschreiben. Damit die Initiative vors Volk kommt, müssen 5000 gültige Unterschriften vorliegen.

Ein Fall für die Justiz

Die Geschichte hat in jedem Fall auch ein juristisches Nachspiel. Zum einen hat die Stadt Bern in Zusammenhang mit den verschwundenen Unterschriften Anzeige gegen Unbekannt eingereicht.

Zum andern schliesst das Initiativkomitee rechtliche Schritte gegen die Stadt nach wie vor nicht aus. Im Vordergrund stehe die Möglichkeit einer Staatshaftungsklage mit Schadenersatzforderungen, teilte das Komitee mit.

zc, sda