Raubbau am Regenwald Wie Perus Soldaten die Goldgräber am Amazonas vertreiben sollen

AP

18.5.2019

Innert weniger Jahre zerstören illegale Goldgräber in Peru grosse Flächen Regenwald. Jetzt soll das Militär den Urwald vor noch mehr Raubbau schützen. Der Natur helfen die Soldaten freilich nicht. Im Gegenteil.

Ein Jahrzehnt lang hatte ein regelrechter Goldrausch die Provinz Tambopata in Peru erfasst. Die Gegend ist ein Zentrum für illegale Tätigkeiten, die zu den lukrativsten und zerstörerischsten in der Wildnis des Amazonas gehören. Verbotener Bergbau hat das einst dichte Laubwerk in eine Wüste mit toten Bäumen und giftigen Wasserlachen verwandelt. Sicherheitskräfte kamen und gingen. Schürfer zerstreuten sich und kamen zurück.

Doch dann kündigte Peru etwas Neues an: Ein langfristiges Militärcamp, in der Hoffnung, nicht nur illegalen Bergbau, sondern auch Menschenhandel und andere Verbrechen einzudämmen. Nun durchstreifen peruanische Polizisten und Soldaten einen Teil des Amazonas-Regenwaldes.

Tagsüber suchen und zerstören die Männer Equipment von illegalen Goldgräbern. Am Abend spielen sie Karten und Fussball, rufen aus der Abgeschiedenheit ihre Familien an oder lassen einen Arzt Parasiten von ihren Füssen entfernen.

Goldschürfer ziehen noch tiefer in den Regenwald

«Operation Quecksilber» begann im Februar, als die Behörden Tausende illegale Goldgräber aus der Region vertrieben und Hunderte Polizisten und Soldaten langfristig stationierten. Teilweise wohnen sie in den gleichen Unterkünften, in denen zuvor die Goldgräber gelebt hatten.



Die uniformierten Männer patrouillieren regelmässig mit Autos und Motorrädern. Einige Goldschürfer kommen jedoch in der Nacht, andere warten wahrscheinlich bis die Militärpräsenz abnimmt oder weichen in noch abgelegenere Gegenden aus.

«Viele Bergleute erzählen mir, dass diese Massnahmen Bergarbeiter nur weiter in den Regenwald treiben, weil sie verhindern wollen, erwischt zu werden», sagt Jimena Diaz Leiva, eine Doktorandin an der Universität von Kalifornien in Berkeley, die sich mit dem illegalen Gewerbe auseinandergesetzt hat.

Kriminelle Strukturen

Viele der «kleinen» Bergleute fühlten sich auch von der Regierung ignoriert und verleumdet. Diese habe wenig Interesse an ihrem wirtschaftlichen Wohlergehen gezeigt. Und ihre Versuche, im legalen Bergbau Fuss zu fassen, seien gescheitert.

Die Zerstörung durch den Bergbau ist immens, teils durch das Quecksilber, das benutzt wird, um das Gold aus den anderen Bestandteilen der Erde herauszutrennen. Zehntausende Hektar Regenwald sind bereits zerstört worden. Ein ähnliches Muster wiederholt sich auch in anderen Staaten wie Venezuela, Bolivien, Ecuador, Kolumbien und Brasilien.

«Der Schaden an der Natur ist hier so schlimm, das ganze Wasser ist vergiftet», sagt Gustavo Cerdeña, der Leiter einer Polizeieinheit. Er war als vermeintlicher Goldsucher in die Gegend gekommen, noch vor Beginn der offiziellen Polizeioperation, um Informationen über die kriminellen Strukturen des illegalen Handels zu sammeln. «Es war voller Leute. Es war wie Gomorra, bevor es Feuer regnete», sagte er mit Verweis auf die Zerstörung der biblischen Stadt. «Jetzt ist es ruhiger.»

Steigender Goldpreis befeuert den Raubbau

Die Region, die als «La Pampa» bekannt und von einem Nationalpark umgeben ist, ist nicht auf Karten des Bundesstaates verzeichnet. 25 Tonnen illegal geschürftes Gold sollen jedes Jahr aus der Gegend kommen, viel mehr als aus Yanacocha, Perus produktivster legaler Goldmine, wie Daten der peruanischen Regierung zeigen. Peru ist der grösste Goldproduzent in Lateinamerika.



Angetrieben durch den weltweit steigenden Goldpreis zerstörte illegaler Bergbau zwischen 2000 und 2015 insgesamt 238'000 Quadratkilometer Regenwald, wie ein Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen zeigt, das Amazonian Network of GeoReferenced Socio-Environmental Information. Es hat Daten aus neun Ländern am Amazonas ausgewertet. Der Einsatz von Hunderten Tonnen giftigen Quecksilbers im illegalen Bergbau hat auch Sorgen um die Gesundheit indigener Völker ausgelöst, die zum Teil in diesen Gebieten leben.

Es dauert länger als ein Leben, bis der Wald zurück ist

Das Militärcamp in «La Pampa» bleibt mindestens bis Mitte 2021, wenn die jetzige Legislaturperiode endet. Eines der besetzten Lager ist von zwei quecksilberverseuchten Seen umgeben. Trümmer, die die Goldsucher hinterliessen, liegen herum. Es gibt verlassene Läden, eine kleine Gedenkstätte für einen gestorbenen Bergmann, mit Kunstblumen und Alkoholflaschen versehen. Ein paar Hunde und Katzen streunen durch die kahle Landschaft.

Hin und wieder finden die Polizisten und Soldaten Maschinen, die für den illegalen Bergbau genutzt wurden, und sprengen sie mit Dynamit in die Luft. Sie zerstören auch Metallrohre, die zum Schürfen benutzt wurden.

Ernesto Ráez, ein Biologieprofessor in Perus Hauptstadt Lima, sagt, es brauche Generationen bis die betroffenen Gegenden wieder erneuert und aufgeforstet sind. «Es dauert länger als ein Leben, bis ein vergleichbarer Wald wieder da ist», sagt er. «Aber es lohnt sich.»

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