DüngemittelStickstoff-Eintrag in die Ozeane steigt laut Studie immens
dpa
19.4.2023 - 21:37
Stickstoffverbindungen fördern die Erderwärmung, schaden der Umwelt und der Gesundheit. Eine globale Analyse zeigt eine schlimme Entwicklung bei den Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft.
19.04.2023, 21:37
20.04.2023, 11:08
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Laut einer Studie ist der Stickstoff-Eintrag in die Ozeane in den letzten Jahrzehnten drastisch angestiegen.
Die Emissionen gehen fast ausschliesslich auf den Agrarsektor zurück, etwa durch Düngemittel-Einsatz.
In den vergangenen Jahrzehnten sind einer Studie zufolge immense Mengen an Stickstoffverbindungen vor allem aus übermässigem Düngemitteleinsatz in die Ozeane gelangt. Der jährliche Eintrag in Form von Ammoniak habe 2018 um etwa 89 Prozent über dem von 1970 gelegen, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal «Proceedings» der US-nationalen Akademie der Wissenschaften («PNAS»).
Ammoniak (NH3) ist eine gasförmige Stickstoffverbindung, deren weltweite Emissionen fast ausschliesslich auf den Agrarsektor zurückgehen. Stickstoff wird seit Jahrzehnten als Dünger eingesetzt, um die Lebensmittelproduktion zu maximieren. Neben der von Ammoniak geht etwa auch die Freisetzung von klimaschädlichem Lachgas (N2O) und Nitraten darauf zurück.
Vor allem in Küstenregionen liege Ammoniak inzwischen vor Stickstoffoxid-Emissionen (NOx) aus der Verbrennung fossiler Energieträger, berichten die überwiegend chinesischen Wissenschaftler um Lei Liu von der Universität Lanzhou. Die Überdüngung der Meere habe sich zu einem globalen Problem entwickelt. Sie löse zahlreiche biogeochemische Rückkopplungen aus, darunter eine Versauerung der Ozeane, eine Verschlechterung von Flachwasser-Lebensräumen sowie die Entstehung schädlicher Algenblüten und sauerstoffarmer Bereiche.
Studie: Grosse Mengen Dünger könnten einfach weggelassen werden
China hatte der Studie zufolge im Jahr 2018 von allen Ländern die höchsten NH3- und NOx-Emissionen, gefolgt von Indien, der Europäischen Union, den USA und Brasilien. Für das Jahr 2010 ergab die Rechnung, dass etwa 38 Prozent des landwirtschaftlichen Stickstoffdünger-Einsatzes übermässig waren – diese Menge also weggelassen werden könnte, ohne dass der Ertrag vermindert würde. Zu übermässiger Verwendung kommt es demnach vor allem in China, Indien und den USA etwa beim Mais- und Reisanbau zum direkten Verzehr und für die Tiermast.
Auch in Europa ist das Problem Experten zufolge nach wie vor gross, etwa in Deutschland. «Wir wissen, dass die Landwirtschaft bei Stickstoffeinträgen in Nord- und Ostsee den grössten Anteil hat», sagt Julian Mönnich vom Umweltbundesamt (UBA). Demnach stammen etwa 80 Prozent der deutschen Stickstoffeinträge in Nord- und Ostsee aus der Landwirtschaft.
Sauerstoffminimum-Zonen in den Meeren
Ein zu hoher Stickstoffanteil in Gewässern beschleunige das Algenwachstum, erklärt Mönnich. «Wenn die Algen zu stark wachsen, gelangt zu wenig Licht darunter. Dann ist nicht mehr allzu viel Leben möglich für Lebewesen, die auf Licht angewiesen sind.» Die Algen sterben demnach schliesslich, sinken ab und werden von Bakterien abgebaut, die dafür Sauerstoff verbrauchen. «Wenn davon zu viel abgebaut wird, entstehen dann, wie es in der Ostsee häufig vorkommt, Sauerstoffminimum-Zonen», so Mönnich.
Der in der Studie beobachtete Langzeittrend halte nach wie vor an, sagt Wera Leujak vom UBA. «Das Problem ist ja im Endeffekt auch die steigende Weltbevölkerung mit ihrem steigenden Proteinbedarf und dem damit einhergehenden Bedarf an mehr Nahrungsmitteln, mehr Landwirtschaft und eben auch immer mehr Fleischkonsum.»
Eine vor etwa einem Jahr veröffentlichte Studie des Teams um Lei Liu hatte ergeben, dass die Ammoniak-Emissionen von 1980 bis 2010 weltweit um fast 80 Prozent gestiegen sind. «Die Landwirtschaft ist verantwortlich für etwa zwei Drittel der globalen Belastung mit reaktivem Stickstoff», schrieb die Gruppe damals ebenfalls in «PNAS». Während sich die globale Nahrungsmittelproduktion in den vergangenen vier Jahrzehnten verdoppelt habe, habe sich der Einsatz von synthetischem Stickstoffdünger verdreifacht.