Wissenschaft Start-up aus Lausanne räumt Schrott im Weltraum auf

miho, sda

28.1.2025 - 10:01

Das Waadtländer Start-up Clearspace will ein Verfahren zur Beseitigung von Weltraumschrott testen. Dazu wird in Renens ein Raumschlepper mit Greifarmen entwickelt, der Trümmerteile von vergangenen Missionen in der Erdumlaufbahn einsammeln soll.

Der Start von Clearspace-1 ist für 2027/28 geplant. Mit einer Rakete wird der Raumschlepper in die Umlaufbahn gebracht, von wo aus der Raumschlepper in Richtung des Zielobjekts manövriert. Das Zielobjekt ist eine abgeworfene Nutzlastverkleidung einer Vega-Trägerrakete. Die Fortbewegung im Orbit, wie auch das Einfangen des Zielobjekts machen Clearspace-1 selbständig, ohne dass ein Mensch steuert, erklärte Sébastien von Rohr, Mechanismus-Manager bei Clearspace, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort.

Der kontrollierte Wiedereintritt des Weltraumschrotts geschieht über Point Nemo im Südpazifik, dem abgelegensten Ort der Erde. Der Ort ist ein gängiger Friedhof für Satelliten. Die Mission Clearspace-1 dauert ungefähr ein Jahr und ist so konzipiert, dass der Raumschlepper zusammen mit dem sichergestellten Trümmerteil in die Erdatmosphäre eindringt. Das Raumfahrzeug kann also nur verwendet werden, um ein einziges Stück Weltraumschrott zu entsorgen.

Verzögerung des Starts

Ursprünglich war der Start für die Mission im Jahr 2025 geplant. Aufgrund von technischen und organisatorischen Komplikationen kam es aber zu Verzögerungen. «Es gibt mehrere Gründe, warum Weltraummissionen oft länger dauern. Wie Ingenieure oft sagen, ist die Physik hartnäckig, also sind diese Probleme besonders schwer zu lösen», sagte CEO und Mitbegründer Luc Piguet. Bei einem solchen Projekt gebe es oft Überraschungen. Dinge funktionierten nicht wie geplant, und es gebe Ansätze, die korrigiert werden müssten.

Das Schwierige am Design von Weltraummissionen sei, dass die Teile für ihre bestimmte Lebensdauer zuverlässig und ohne Zwischenfälle funktionieren müssten. Sobald etwas im Weltall sei, könne es nicht mehr repariert werden, so von Rohr.

Entwicklung der Greifarme

Den Mechanismus des Greifarms demonstriert der Wissenschaftler mit zwei seiner Kollegen im sogenannten Clean Room. Dieser Raum ist dafür da, alle wichtigen Teile eines Raumfahrzeugs wie sensitive Elektronik oder Mechanismen zu testen. «Alles wird in einem kontrollierten Umfeld gebaut, mit möglichst geringer Kontamination von Partikeln oder Staub. Das will man nicht in der Maschine», sagte der Wissenschaftler. Der Raum verfüge im Innern über einen höheren Luftdruck als aussen, wodurch die meisten Partikel nach aussen gestossen würden.

Um den Raum nicht zu kontaminieren, tragen die Wissenschaftler spezielle Kittel mit Gummihandschuhen. Sie haben Kopf- und Gesichtsbehaarung mit Hauben abgedeckt. Weiter gibt es eine spezielle Eingangsschleuse für Mensch und Material. «Wir reinigen sämtliche Ausrüstung, die in den Raum gelangt», sagte von Rohr.

Auf dem Boden des Clean Rooms liegt ein länglicher, mit weissem Polster versehener Greifarm. Dieser lässt sich von einem Computer aus steuern. Komplett ausgefahren umschlingt er einen grauen Halbring, der als Attrappe für Weltraumschrott fungiert. Clearspace-1 verfügt über vier solche Greifarme. In einem weiteren speziellen Raum, dem Dark Room, werden Kameras und Sensoren, die Augen des Raumschleppers, getestet. Dieser Raum simuliert die Lichtverhältnisse im Weltall.

Clearspace-2 bereits in Arbeit

Clearspace arbeitet bereits an einer Folgemission mit der UK Space Agency zusammen, um in einer zweiten Mission zwei Objekte aufzuräumen und nachzutanken. «Das ist dann bereits ein wiederverwendbares Gerät, das nach der Mission nicht verloren geht. So sind mehr Services im Orbit möglich», sagte Piguet. Ausserdem sei auch ein Programm initiiert worden, welches die Lebenserwartung von Satelliten verlängere. Gemäss Konzept hakt sich der Raumschlepper an einem anderen Satelliten an, um diesen fünf Jahre an einer Stelle zu halten. So operiere er auch ohne Treibstoff an Bord.

Finanziert werden die Projekte von den Mitgliedstaaten der European Space Agency (ESA). Da es sich um neue Technologien handle, sei die Finanzierung über Investoren noch nicht möglich, sagte Piguet.

Gegründet wurde das in Renens VD ansässige Start-up im Januar 2018. Bei Clearspace in Renens sind ungefähr 25 Mitarbeitende beschäftigt. Weitere Standorte befinden sich in Grossbritannien, Luxemburg und Deutschland. Insgesamt arbeiten ungefähr 60 Menschen für Clearspace.

miho, sda