Künstliche Intelligenz (KI) verbreitet sich schnell. Geht es so weiter, könnte einer Studie zufolge im Jahr 2030 bis zu tausendmal mehr damit verbundener Elektroschrott entstehen als im Jahr 2023.
29.10.2024, 06:56
SDA
Die Müllmenge liesse sich aber durch verschiedene Massnahmen deutlich verringern, schreibt eine Gruppe um Peng Wang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Xiamen im Fachjournal «Nature Computational Science». Die Zahlen beruhen auf Modellrechnungen, bei denen alle drei Jahre ein Wechsel zu neueren Computersystemen zugrunde gelegt wurde.
Für KI-Anwendungen wie etwa ChatGPT werden grosse Sprachmodelle eingesetzt. «Grosse Sprachmodelle erfordern beträchtliche Rechenressourcen für Training, was eine umfangreiche Computerhardware und -infrastruktur erfordert», schreiben die Autoren.
Nicht nur mehr Energie und mehr CO2
Studien zu Nachhaltigkeit hätten sich bisher hauptsächlich auf den Energieverbrauch und den Kohlendioxidausstoss von KI-Modellen konzentriert. Wang und Kollegen wollten hingegen wissen, welche Mengen an Elektroschrott entstehen, wenn rechenintensive KI-Anwendungen auf immer mehr Gebieten zum Einsatz kommen.
Als Basis dient den Wissenschaftlern ein Szenario, in dem sie von der Übernahme grosser Sprachmodelle auch für den täglichen Gebrauch ausgehen, wie es heute schon bei einigen Suchmaschinen und sozialen Plattformen erkennbar ist. Bei einer so breiten KI-Anwendung müssten die Rechenzentren zum Training und zur Bereitstellung von KI-Modellen sehr schnell wachsen.
In der Folge könnte die Menge an Elektroschrott durch aussortierte Server und andere Geräte von rund 2550 Tonnen im Jahr 2023 auf bis zu 2,5 Millionen Tonnen im Jahr 2030 steigen. Bei Szenarien mit geringerem KI-Einsatz könnte die Schrottmenge in jenem Jahr auf 400'000 bis 1,5 Millionen Tonnen begrenzt bleiben.
Grosses Potenzial zur Verminderung
Zudem berechneten die Forscher, wie stark verschiedene Massnahmen die Schrottmenge reduzieren könnten. Am effektivsten wäre es demnach, Server und andere Geräte nach drei Jahren nicht zu verschrotten, sondern noch ein Jahr länger für einfachere KI-Aufgaben oder für ganz andere Zwecke zu verwenden. Dies würde die Müllmenge im Vergleich zum Basisszenario um 62 Prozent verringern.
Wenn einzelne Module der Systeme wie etwa Prozessoren und Speicher aufbereitet und wiederverwendet würden, könnte dies 42 Prozent einsparen. Zudem böten verbesserte Algorithmen ein Einsparpotenzial von 50 Prozent, effizientere Chips eines von 16 Prozent.
Smartphones und PCs kommen noch hinzu
Das Team um Wang verweist auch auf den jüngsten «Global E-Waste Monitor». Demnach wird sich die Menge des Schrotts durch kleinere Elektronikgeräte – etwa Smartphones oder Personal Computer – in den Jahren bis 2030 voraussichtlich auf gut 43 Millionen Tonnen summieren.
Der über die Jahre anfallende Müll von KI-Servern und -Geräten, der von den Autoren errechnet wurde, könnte bis 2030 beim Basisszenario kumuliert 5 Millionen Tonnen betragen, also knapp 12 Prozent dieser Menge. Wenn man das zurückhaltendste Szenario der Studie zugrunde legt, würde der durch KI entstehende kumulierte Elektromüll rund 3 Prozent des Elektroschrotts der kleineren elektronischen Geräte ausmachen.
Mehr Kreislaufwirtschaft nötig
Christiane Plociennik vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserlautern wies darauf hin, dass es nur eine geringe Datengrundlage für jene Annahmen gibt, die die Autoren beim Basisszenario getroffen haben. Aber auch das konservativste Szenario mit deutlich niedrigeren Müllmengen und die Prognose des «Global E-Waste Monitor» lieferten wichtige Gründe dafür, in der Informationstechnologie eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.
«Wir müssen in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür schaffen, dass hinter einer Cloud oder einer KI-Anwendung Rechenzentren mit hohem Ressourcenverbrauch stecken», betonte Plociennik. Eine Nachnutzung von IT-Geräten sei einem Recycling vorzuziehen.
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