Titanic-Ausstellung in Lausanne Ein Schiff, ein Eisberg und «die enorme Vielfalt von 2200 Schicksalen»

Philipp Dahm

28.9.2024

Auf Zeitreise in einer Ausstellung über die Titanic

Auf Zeitreise in einer Ausstellung über die Titanic

«Titanic – Die Ausstellung, echte Objekte, wahre Geschichten» schickt Besucherinnen und Besucher auf eine Zeitreise auf den Passagierdampfer, der 1912 auf seiner Jungfernfahrt gesunken ist.

26.09.2024

Im Palais de Beaulieu in Lausanne läuft eine Ausstellung zur Titanic an: blue News spricht mit einem der Gründer des Titanic-Vereins Schweiz über seine Lieblingsexponate und die ewige Faszination des berühmten Schiffes.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Am 27. September hat im Palais de Beaulieu in Lausanne die Schau «Titanic – L’exposition» begonnen.
  • Die Ausstellung stellt auch einen Bezug zur Schweiz her – durch 27 Passagiere und Crew-Mitglieder, die an Bord waren.
  • Günter Bäbler, Mitgründer vom Titanic-Verein Schweiz, spricht über seine Lieblingsexponate und zeigt auf, dass man sich dem Phänomen auf vielen Ebenen annähern kann.
  • Weiter erzählt Bäbler von den Anfängen des Schweizer Vereins, der heute Mitglieder*innen aus 24 Ländern hat und erklärt, warum die Titanic immer noch fasziniert.
Zur Person
Titanic-Verein Schweiz.

Günter Bäbler hat im April 1992 in Wald ZH zusammen mit Linda von Arx-Mooser und Martin Erni den Titanic-Verein Schweiz gegründet. Sein Interesse an dem 1912 gesunkenen Luxusschiff hat er bis heute nicht verloren. Im Gegenteil.

In Lausanne läuft neu die Ausstellung «Titanic – L’exposition»: Ist der Titanic-Verein Schweiz involviert?

Günter Bäbler: Eigentlich nicht, aber irgendwo sind wir natürlich immer involviert. Die Ausstellung hat seit 25 Jahren das gleiche Konzept. Sie touren um die Welt. Im ersten Teil der Ausstellung werden meistens Lokalbezüge hergestellt. Wir haben Daten und Fotos zugeliefert, als die Ausstellung vor zehn Jahren in Genf war. Das wurde nun zum Teil übernommen, aber mit dem Konzept grundsätzlich haben wir nichts zu tun.

Was sind denn die lokalen Bezüge der Titanic zur Schweiz?

Für die Ausstellungsmacher sind es in erster Linie immer Passagiere und Crew-Mitglieder, die aus der Schweiz gekommen sind.

Die Titanic am 10. April 1912 im Hafen von Southampton.
Die Titanic am 10. April 1912 im Hafen von Southampton.
Gemeinfrei

Es waren 27, oder?

Ja, die Definitionsfrage ist nicht ganz einfach. Das Problem ist, dass viele Schweizer – insbesondere die, die an Bord gearbeitet haben – schon seit vielen Jahren in Ausland waren. Eine Frau ist zum Beispiel nach England gegangen und hat dort geheiratet. Umgekehrt gab es auch einen Amerikaner, der seit 20 Jahren in der Schweiz war. Die Frage ist, wie man Schweizer definiert, aber 27 ist eine gute Grössenordnung.

Welche Exponate kommen in die Schweiz?

Das Problem ist, dass etwa 5000 Gegenstände vom Wrack geborgen worden sind. Die Firma RMS Titanic Incorporated hat etwa fünf Wanderausstellungen am Laufen, die alle das gleiche Konzept haben. Die Exponate sind austauschbar. Ich weiss nur von ein paar Sachen, dass sie nach Lausanne kommen.

Worauf freuen sie sich da am meisten?

Für mich ist es immer spannend, die persönlichen Sachen zu sehen, bei denen man sagt: «Das habe ich heut auch.» Es könnte eine Zahnbürste oder Tasse sein, die sehr einfach einen Link herstellt zwischen der Historie und einem selbst. Noch spannender sind Teile des Schiffes, die aber nur beschränkt verfügbar sind. 

Blick in einen RMS Olympic der Reederei White Star Line, die ein baugleiches Schwesterschiff der RMS Titanic war.
Blick in einen RMS Olympic der Reederei White Star Line, die ein baugleiches Schwesterschiff der RMS Titanic war.
imago stock&people

Wie meinen Sie das?

Ein Beispiel ist ein Bullauge. In Lausanne haben sie sogar zwei, glaube ich. An ihnen sieht man, was für enorme Kräfte bei dem Untergang gewirkt haben. So ein Bullauge kann man heute auch nicht vom Wrack entfernen. Das muss lose am Meeresboden gelegen haben.

Ein Teil des Konzepts ist auch, persönliche Geschichten nachzuvollziehen.

Ja. Den Zugang zur Titanic gibt es ja auf ganz verschiedenen Ebenen. Es kann die damalige Technik sein, es können Expeditionen sein oder eben persönliche Geschichten. Sie sind eine Art Mikrokosmos, der einen Querschnitt durch die Gesellschaft darstellt. Exemplarisch werden hier ein paar Geschichten erzählt, etwa das Schicksal eines Auswanderers, der nicht überlebt hat. Es ist aber auch die Geschichte der Superreichen: Schon damals ist die Schere schon extrem aufgegangen.

Kann man Exponate diesen Individuen zuordnen?

Es gibt das Beispiel von einem Adolf Saalfeld. Er war ein Chemiker, der Parfüm gemacht hat. Er war auf Geschäftsreise und hatte kleine Ampullen dabei: Die Muster wollte er ursprünglich in Amerika vorstellen. Die Ampullen wurden geborgen und ein paar sind in der Ausstellung zu sehen. Das ist einer der wenigen Fälle, wo man halt einen Link hat und eine persönliche Geschichte anhand eines Exponats erzählen kann.

Die Firma RMS Titanic Inc. hat am 2. September 2024 dieses Bild der Bronze-Statue Artémis, déesse de la chasse veröffentlicht, die am Wrack der Titanic liegt.
Die Firma RMS Titanic Inc. hat am 2. September 2024 dieses Bild der Bronze-Statue Artémis, déesse de la chasse veröffentlicht, die am Wrack der Titanic liegt.
Keystone

Den Titanic-Verein Schweiz gibt es eit über 30 Jahren: Wie kam es zur Gründung?

Das war 1992, zum 80. Jahrestag des Untergangs. Wir waren zu zweit und es wurden Artikel über uns veröffentlicht. Es gab daraufhin Zuschriften an die Redaktion – es war ja die Zeit vor dem Internet. Da haben wir gemerkt, dass es um die 30 Leute in der Schweiz gibt, die daran Interesse haben. Da haben wir entschieden: Wir gründen einen Verein. Wir haben dann ein vierteljährliches Magazin herausgebracht, bei dem wir die Seiten einzeln kopiert, von Hand zusammengestellt und getackert haben.

Wie gross war der Zuspruch?

Nach einem Jahr hatten wir schon 100 Mitglieder, und das nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Wie gesagt, es war die Zeit vor dem Internet. Der Verein hat sich weiterentwickelt. Wir waren einer der ersten, die digital gegangen sind. Seither kann man unser Magazin online herunterladen und wir haben auch die alten Ausagen bis 1992 digitalisiert, die man nun auch nachlesen kann.

Was haben Kate Winslet und Leonardo DiCaprio bewirkt?

Wir hatten das Glück, dass 1998 der Titanic-Film ins Kino kam. Das hat natürlich eine extreme Aufmerksamkeit gegeben, und plötzlich hatten wir Hunderte von Mitgliedern. Es ist einfach weiter und weiter gegangen. Inzwischen haben wir über 700 Mitglieder in über 20 Ländern. Unser digitales Magazin können auch Mitglieder lesen, die gar kein Deutsch kennen: Sie übersetzen es mit KI.

Kate Winslet und Leonardo DiCaprio 1992 an Bord der Kino-Titanic.
Kate Winslet und Leonardo DiCaprio 1992 an Bord der Kino-Titanic.
Keystone

Aus wie vielen Ländern kommen ihre Mitglieder*innen?

Ich glaube, es sind 24 Länder. Ich würde sagen, circa 40 Prozent sind Schweizer, 40 Prozent Deutsche und 5 Prozent Österreicher. Der Rest ist wild gemischt. Da gibt es kleine Länder wie Luxemburg, aber sie kommen auch aus Portugal, Südamerika, Ägypten, USA, Grossbritannien, Irland, Norwegen, Russland. Wirklich querbeet.

Liegt es auch am digitalen Magazin, dass die Mitgliedschaft kostenlos ist?

Genau. Verdient haben wir am Verein ohnehin nie: Es war immer nur eine Passion. Es war einfach nur der Drucker und die Post, die wir finanzieren mussten. Und dann haben wir gesagt, wir gehen auf null. Dann muss man nicht den Mitgliedern nachrennen, um einen Beitrag einzutreiben.

Die Titanic liegt jetzt schon seit gut 110 Jahren tief, auf dem Meeresgrund: Warum fasziniert das Schicksal dieses Schiffes immer noch?

Ich kann ihnen die Titanic-Geschichte in 25 Sekunden erzählen, dann wissen sie, um was das geht. Ich kann diese Geschichte aber auch schier endlos sezieren. Dann kommen wir zu den einzelnen Menschen, die enorme Vielfalt von 2200 Schicksalen. Irgendwie ist das etwas, was die Leute bewegt: Man kann von Hybris reden oder dem Technik-Glauben der damaligen Zeit. Oder man beleuchtet einfach die simple Geschichte, dass das damals grösste bewegliche Objekt der Menschheit, die Titanic, mit dem grössten beweglichen Objekt der Natur auf unserem Planeten kollidiert.

Geschichten ohne Ende also?

Es ist ein Thema, bei dem, ich als Teenager gemeint habe, ich verstehe diese Geschichte. Doch nun ist es so: Je mehr ich darüber lese, desto weniger weiss ich. Darum bin ich auch noch nach über 40 Jahren dran. Ich finde jeden Tag ein Thema, von dem ich sage: Darüber könnte man auch ein Buch machen. Und ich habe schon über 5000 Bücher dazu zu Hause.

Die Ausstellung «Titanic – L’exposition» läuft vom 27. September bis zum 26. Januar 2025 im Palais de Beaulieu in Lausanne. Mehr dazu hier.


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