Mini-Geschwader Diese Mutter-Drohne kann acht Kamikaze-Flieger losschicken

Von Philipp Dahm

7.5.2023

Die USA und China arbeiten an Drohnen, die Submunition mitführen und lange über einem Gebiet kreisen können. Doch anscheinend ist der deutsche Konzern Rheinmetall ihnen nun zuvorgekommen.

Von Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall hat den Prototyp einer neuen Drohne vorgestellt.
  • Die Combat Drone fungiert wie ein Mutterschiff und kann acht kleine Kamikaze-Drohnen ausstossen.
  • Loitering-Munition: Die Combat Drone soll 12 Stunden über einem Gebiet kreisen können.
  • Die Kamikaze-Drohnen sollen sowohl weiche als auch harte Ziele bekämpfen können.

Rheinmetall hat im vergangenen Jahr Schlagzeilen gemacht. Das ist nicht verwunderlich, denn immerhin tobt in Europa ein Krieg – und der deutsche Konzern verkauft nun mal Rüstungsgüter.

Die Düsseldorfer erwägen angeblich, eine Panzer-Fabrik in der Ukraine aufzubauen, in der der neue KF-51 Panther produziert werden könnte, von dem es bisher nur einen Prototyp gibt. Es wäre die erste Neuentwicklung eines westlichen Panzers seit Jahrzehnten. Das moderne Flugabwehrsystem Skynex soll in der Ukraine bereits im Einsatz sein.

Und nun stellt das Unternehmen, dem auch die frühere Oerlikon Contraves Defence in Zürich gehört, eine neue Waffe vor, die es in sich hat: Es geht um eine Art Drohnen-Mutterschiff, das lange in der Luft bleiben und mehrere kleine Drohnen ausstossen kann, die anschliessend verschiedene Ziele angreifen können.

Die Neuentwicklung fusst auf zwei Komponenten, die selbst noch relativ jung sind: Das Mutterschiff basiert auf der Drohne Luna NG, die nach Werksangaben eine Flugzeit von 12 Stunden hat und dabei 30'000 Quadratkilometer räumlich erfassen kann.

Rheinmetall: «Gamechanger» am Horizont

Die Daten, die ihre Sensoren erfassen, können über eine Entfernung von 100 Kilometer gesendet werden – und mit Satellitenhilfe sogar noch weiter. Die Luna NG ist erst im Juni 2022 vorgestellt worden und hat eine Traglast von 30 Kilogramm für weitere Sensoren.

Sie wird nun mit einem Produkt kombiniert, das erst im Dezember 2022 auf den Markt gekommen ist: Es handelt sich um einen kleinen Drehflügler, der angeblich selbst 10 Minuten lang fliegen und eine Last von 1,5 bis 2,5 Kilogramm tragen kann. Die Hero-R kann dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 70 km/h erreichen.

Rheinmetall kombiniert diese beiden Systeme – und nennt das Ergebnis bezeichnenderweise Combat Drone. Diese sei ein «Gamechanger für den Schutz eigener Truppen und das Bekämpfen taktisch relevanter Ziele», verspricht der Konzern in einem zweiten Werbeclip, der hier nicht eingebunden werden kann.

Munition soll auch gegen Panzer wirken

«Das Video ist ein Proof of Concept, bei dem die gezeigten Elemente in der Entwicklung und derzeit in verschiedenen Phasen der Reife sind», erklärt Rheinmetall-Sprecher Jan-Phillip Weisswange Defense News. «Die Combat Drone wird in der Lage sein, unterschiedliche Arten von Drehflügel-Loitering-Munition zu tragen und einzusetzen.»

Bis zu 8 «Effektoren» könne die neue Waffe mitführen, womit die Hero-R gemeint ist, die mit Munition gegen Personal oder gegen gepanzerte Fahrzeuge befüllt werden kann. Das beinhaltet auch Kampfpanzer, weiss Soldat und Technik. Die Drohne wiegt selbst nur 40 Kilogramm und braucht keine Lande- oder Startbahn. Sie ist 150 km/h schnell und hat eine Dienstgipfelhöhe von 500 Meter.

Loitering-Munition bedeutet, dass die Drohne lange Zeit über einem Gebiet oder Ziel kreisen kann, bevor sie zum Einsatz kommt. Das Werbevideo zeigt, wie Hero-R sowohl simple Antennen zerstören kann, aber auch ein Fahrzeug anscheinend mühelos trifft, das in einer Hütte versteckt ist. Dass Rheinmetall nun in solche Höhen aufsteigt, ist der Einkaufspolitik der Düsseldorfer geschuldet.

Israelisches Wissen als Grundlage

2021 wurde die zahlungsunfähige bayrische Firma EMT Penzberg übernommen, die Drohnen für die Bundeswehr und die deutsche Polizei gebaut hatte. Das Wissen beim Bau der Hero-R kommt vom israelischen Unternehmen UVision, das sich auf den Bau von Loitering-Munition spezialisiert hat.

Beim Bau der Combat Drone hat Rheinmetall sich am Krieg in der Ukraine orientiert, glaubt Samuel Bendett vom Center for Naval Analyses. «In der Ukraine gibt es einen Bedarf an Quadrocoptern mit Kamikaze-Kapazitäten, die über die Reichweite kleiner Drohnen hinaus genutzt werden kann.»

Auch die USA und China würden mit solchen Konzepten experimentieren. «Zu diesem Zeitpunkt geht es darum, wer als Erster am Ziel ist – und die Kosten sind dabei ein Faktor», führt Bendett bei «Defense News» aus.