Neue James-Webb-BilderWasserdampf auf Exoplaneten entdeckt
dpa/sda/tgab
12.7.2022 - 16:02
Galaxien und Galaxiengruppen, ein Gasriese ausserhalb unseres Sonnensystems und interstellare Nebel aus Staub und Gas: Diese kosmischen Schauspiele hat das Weltraumteleskop «James Webb» mit einer noch nie dagewesenen Schärfe und Detailtreue enthüllt.
12.07.2022, 16:02
12.07.2022, 21:14
dpa/phi
«Die bislang tiefste und schärfste Infrarot-Aufnahme des weit entfernten Universums»: Mit grossem Bahnhof hat die Nasa in der Nacht auf Dienstag die erste Aufnahme des 10 Milliarden Euro teuren Weltraumteleskops «James Webb» präsentiert. US-Präsident Joe Biden persönlich wohnte der Zeremonie bei.
Das James-Webb-Teleskop befindet sich mehr als anderthalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Es konzentriert sich auf Infrarot-Strahlung. Dieses Lichtspektrum erlaubt, extrem weit zurück in die Vergangenheit zu blicken sowie durch Staubwolken im Kosmos hindurchzuspähen. So soll «Webb» die Frühzeit des Universums vor 13 Milliarden Jahren erkunden und damit nur wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall zurückblicken. Astronomen versprechen sich Rückschlüsse auf die Bildung der ersten Sterne und Galaxien. Ausserdem sucht das Teleskop das All nach Exoplaneten ab.
Die neuen James-Webb Bilder
Der Protostern L1527 liegt auf dieser Aufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops mitten im Hals der «Sanduhr».
Bild: Bild: ASA, ESA, CSA, and STScI, J. DePasquale (STScI))
Eine spektakuläre neue Aufnahme des Planeten Neptun: Auf dem Bild sind die Ringe des Eisriesen in aussergewöhnlicher Deutlichkeit zu sehen. Eine dünne helle Linie um den Äquator könnte demnach...
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI
... ein Anzeichen für die atmosphärische Zirkulation sein, die Neptuns Winde und Stürme antreibt. Auf diesem Bild sind übrigens die Monde Neptuns markiert, zu denen auch Triton zählt.
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI; Image Processing: STScI/J. DePasquale
Eigentlich soll das James-Webb-Teleskop ja weit entfernte Galxien ins Visier nehmen, doch mit einer sehr kruzen Belichtungszeit machen auch Schnappschüsse vom Mars Sinn. Dabei konnten Krater, verschiedene Staub-Schichten und der Krater Hellas Planitia abgelichtet...
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI, Mars JWST/GTO team
... und die chemische Zusammensetzung des Planeten genauer eruiert werden. Für die letztgenannte Messung war das Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) verantwortlich.
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI, Mars JWST/GTO team
Auf der Oberfläche toben gigantische Stürme: Ein eindrückliches Komposit-Bild vom Jupiter inklusive Polarlichter über den Polen, das die NIRCam-Kamera mit drei Filtern aufgenommen hat.
Bild: NASA, ESA, CSA, Jupiter ERS Team; image processing by Judy Schmidt
James Webb zeigt, dass Jupiter Ringe hat wie der Saturn.
Bild: NASA, ESA, CSA, Jupiter ERS Team; image processing by Ricardo Hueso (UPV/EHU) and Judy Schmidt
Das ist die «Cartwheel Galaxy», also Wagenrad-Galaxis. Vor und 400 Millionen Jahren sind hier Galaxien zusammengestossen. Im hellen, inneren Ring scheint die Spiralgalaxie erhalten geblieben zu sein. Rot glühender Staub aus Kohlenwasserstoff bildet davon ausgehend Streifen.
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI, Webb ERO Production Team
Umwerfend schön: der Carinanebel. Hier entstehen neue Sterne – und mit ihnen ganze Planetensysteme.
Bild: Nasa
Gestatten: Das ist der Südliche Ringnebel, in dem ein sterbender Stern Material herausschleudert, bevor er zum Weissen Zerg wird.
Bild: Nasa
Fünf Galaxien in einem Bild: Stephans Quintett. Eine hat sich hereingeschmuggelt, während die anderen vier per Gravitation aneinander gebunden sind.
Bild: Nasa
Dieses Bild ist eine Sensation: Es zeigt eine Spektralanalyse des heissen Gasriesen Wasp-96 b, auf dem mit dem James-Webb-Teleskop Wasserdampf nachgewiesen werden konnte.
Die neuen James-Webb Bilder
Der Protostern L1527 liegt auf dieser Aufnahme des James-Webb-Weltraumteleskops mitten im Hals der «Sanduhr».
Bild: Bild: ASA, ESA, CSA, and STScI, J. DePasquale (STScI))
Eine spektakuläre neue Aufnahme des Planeten Neptun: Auf dem Bild sind die Ringe des Eisriesen in aussergewöhnlicher Deutlichkeit zu sehen. Eine dünne helle Linie um den Äquator könnte demnach...
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI
... ein Anzeichen für die atmosphärische Zirkulation sein, die Neptuns Winde und Stürme antreibt. Auf diesem Bild sind übrigens die Monde Neptuns markiert, zu denen auch Triton zählt.
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI; Image Processing: STScI/J. DePasquale
Eigentlich soll das James-Webb-Teleskop ja weit entfernte Galxien ins Visier nehmen, doch mit einer sehr kruzen Belichtungszeit machen auch Schnappschüsse vom Mars Sinn. Dabei konnten Krater, verschiedene Staub-Schichten und der Krater Hellas Planitia abgelichtet...
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI, Mars JWST/GTO team
... und die chemische Zusammensetzung des Planeten genauer eruiert werden. Für die letztgenannte Messung war das Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) verantwortlich.
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI, Mars JWST/GTO team
Auf der Oberfläche toben gigantische Stürme: Ein eindrückliches Komposit-Bild vom Jupiter inklusive Polarlichter über den Polen, das die NIRCam-Kamera mit drei Filtern aufgenommen hat.
Bild: NASA, ESA, CSA, Jupiter ERS Team; image processing by Judy Schmidt
James Webb zeigt, dass Jupiter Ringe hat wie der Saturn.
Bild: NASA, ESA, CSA, Jupiter ERS Team; image processing by Ricardo Hueso (UPV/EHU) and Judy Schmidt
Das ist die «Cartwheel Galaxy», also Wagenrad-Galaxis. Vor und 400 Millionen Jahren sind hier Galaxien zusammengestossen. Im hellen, inneren Ring scheint die Spiralgalaxie erhalten geblieben zu sein. Rot glühender Staub aus Kohlenwasserstoff bildet davon ausgehend Streifen.
Bild: NASA, ESA, CSA, STScI, Webb ERO Production Team
Umwerfend schön: der Carinanebel. Hier entstehen neue Sterne – und mit ihnen ganze Planetensysteme.
Bild: Nasa
Gestatten: Das ist der Südliche Ringnebel, in dem ein sterbender Stern Material herausschleudert, bevor er zum Weissen Zerg wird.
Bild: Nasa
Fünf Galaxien in einem Bild: Stephans Quintett. Eine hat sich hereingeschmuggelt, während die anderen vier per Gravitation aneinander gebunden sind.
Bild: Nasa
Dieses Bild ist eine Sensation: Es zeigt eine Spektralanalyse des heissen Gasriesen Wasp-96 b, auf dem mit dem James-Webb-Teleskop Wasserdampf nachgewiesen werden konnte.
Was ist auf dem ersten Bild zu sehen?
In der Mitte sind mehrere helle weisse Punkte (nicht die mit den Sternenstrahlen) zu erkennen. Das ist der Galaxie-Cluster «SMACS 0723», wie Ulrich Walter, Professor für Raumfahrttechnik an der TU München, auf Anfrage erklärt. Das Licht dieses Cluster war 4,6 Milliarden Jahre unterwegs, bis es von «James Webb» empfangen wurde.
«SMACS 0723» agiert dabei wie eine Linse, die das Licht wesentlich weiter entfernter, dahinterliegender Galaxien vergrössert und sichtbar macht. Diese sind laut Walter auf dem Bild als kreisförmig angeordnete, langgezogene orangene Flecken zu erkennen. «Diese Galaxien haben winzige, schwache Strukturen, die man nie zuvor gesehen hat, einschliesslich Sternen-Clustern und diffusen Merkmalen», schreibt die Nasa.
Warum sind diese Galaxien so spannend?
Nach dem Urknall vor etwa 13,8 Milliarden Jahren habe das Universum nur aus Wasserstoff und etwas Helium bestanden, erklärt Walter. «Die Elemente, aus denen wir hauptsächlich bestehen (Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff) wurden vor etwa 13 Milliarden Jahren in den Sternen dieser ersten Galaxien erbrütet.» Durch Supernova-Explosionen seien sie in unseren Bereich des Universums geschleudert worden. Dort sei dann unser Sonnensystem und unsere Erde vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden.
Sind unabhängige Experten auch begeistert?
Walter spricht von «sehr beeindruckenden Bildern». Stefan Dreizler, Astrophysik-Professor an der Uni Göttingen, sagt: «Es ist keine Frage, dass das «James Webb»-Teleskop in vielen Bereichen einen neuen Massstab setzen wird. Von daher bin ich auch sehr gespannt auf die ersten Daten.»
Welche Vorteile gibt es im «Hubble»-Vergleich?
Anders als das Vorgänger-Teleskop Hubble dreht sich das Webb-Teleskop nicht um die Erde, sondern um die Sonne. Es übertrifft seinen Vorgänger Hubble zudem an Grösse und Komplexität bei Weitem. Es blickt weiter in den Weltraum als Hubble und damit auch weiter zurück in die Vergangenheit.
«James Webb» liefert laut Walter Bilder mit wesentlich besserer Schärfe und auch einem grösseren Sichtbarkeitsbereich. Es gebe aber auch einen Nachteil im Vergleich zu Hubble. «Leider wird das «James Webb»-Teleskop, obwohl etwa 5 Mal teurer als Hubble, nur etwa 10 Jahre arbeiten können.» Hubble sei von 1992 bis heute aktiv. Dreizler betont, dass das neue Teleskop weit entfernt von der Erde positioniert ist. Es werde also ungestörter und effizienter als Hubble beobachten. «James Webb» werde auch die Atmosphären von Planeten anderer Sterne untersuchen können. «Das wird sehr viele extrem spannende Resultate bringen, die vorher nicht machbar waren.»
Erste «James Webb»-Bilder vom Universum - Gallery
Stephan’s Quintet, eine visuelle Gruppierung von fünf Galaxien. Dieses riesige Mosaik ist das bisher größte Bild vom Weltraumteleskop James Webb und bedeckt etwa ein Fünftel des Monddurchmessers.
Bild: dpa
Bei der Aufnahme handelt es sich laut Nasa um die «tiefste und schärfste bislang aufgenommene Infrarot-Sicht auf das Universum».
Bild: dpa
Vergleichende Beobachtungen des Südlichen Ringnebels im nahen Infrarot (l) und im mittleren Infrarot (r), die mit dem James-Webb-Weltraumteleskop gemacht wurden.
Bild: dpa
Die Bilder des «James Webb»-Teleskops würden die Welt daran erinnern, «dass Amerika grosse Dinge tun kann», sagte US-Präsident Biden bei der Präsentation der Bilder.
Bild: dpa
«James Webb» ist das größte und leistungsfähigste Teleskop, das je ins All gebracht wurde.
Bild: dpa
Dieses Testbild des «James Web»-Teleskops zeigt den Stern HD147980 und wurde Anfang Mai über einen Zeitraum von acht Tagen aufgenommen. Der helle Stern am rechten Rand ist 2MASS 16235798+2826079.
Bild: dpa
Erste «James Webb»-Bilder vom Universum - Gallery
Stephan’s Quintet, eine visuelle Gruppierung von fünf Galaxien. Dieses riesige Mosaik ist das bisher größte Bild vom Weltraumteleskop James Webb und bedeckt etwa ein Fünftel des Monddurchmessers.
Bild: dpa
Bei der Aufnahme handelt es sich laut Nasa um die «tiefste und schärfste bislang aufgenommene Infrarot-Sicht auf das Universum».
Bild: dpa
Vergleichende Beobachtungen des Südlichen Ringnebels im nahen Infrarot (l) und im mittleren Infrarot (r), die mit dem James-Webb-Weltraumteleskop gemacht wurden.
Bild: dpa
Die Bilder des «James Webb»-Teleskops würden die Welt daran erinnern, «dass Amerika grosse Dinge tun kann», sagte US-Präsident Biden bei der Präsentation der Bilder.
Bild: dpa
«James Webb» ist das größte und leistungsfähigste Teleskop, das je ins All gebracht wurde.
Bild: dpa
Dieses Testbild des «James Web»-Teleskops zeigt den Stern HD147980 und wurde Anfang Mai über einen Zeitraum von acht Tagen aufgenommen. Der helle Stern am rechten Rand ist 2MASS 16235798+2826079.
Bild: dpa
Das Teleskop war teuer. Was muss es liefern?
Raumfahrttechnik-Experte Walter antwortet mit einer Gegenfrage: «Wann ist ein Teleskop, das etwa 10 Milliarden US-Dollar kostet, ein Erfolg? Wenn es das tut was es soll! Und es hat bewiesen, dass es das kann.» Jetzt müsse das Teleskop «einfach weiter liefern». Es sei zu hoffen, dass keine Systeme ausfallen. «Dann wäre vieles in den Sand gesetzt.» Für Dreizler hat das «James Webb» bereits mit dem ersten Bild gezeigt, dass es die Erwartungen an die erreichbare Auflösung auch liefert.
Sind schweizer Forscher an Projekten beteiligt?
Dank der direkten Beteiligung an der Entwicklung des Weltraumteleskops haben der ETH-Astrophysiker Adrian Glauser und sein Team das Privileg einer garantierten Beobachtungszeit. In ihren Fokus rückt die Charakterisierung von Exoplaneten. Auf einigen von diesen könnte sich flüssiges Wasser befinden.
Sichern konnten sich auch andere Forschende aus der Schweiz Beobachtungszeit mit dem Weltraumteleskop, insgesamt seien es acht Schweizer Projekte, sagte Pascal Oesch, Professor an der Universität Genf, an einer Medienkonferenz am International Space Science Institute (ISSI) in Bern. Er etwa wird gemeinsam mit internationalen Kollegen versuchen, die ersten Galaxien im Universum aufzuspüren, die 300 bis 400 Millionen Jahre nach dem Urknall geboren wurden.
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