Kunden, Brexit, Rettung Thomas Cook ist pleite: Die wichtigsten Antworten

tmxh / dpa / SDA / AFP

23.9.2019

Die Pleite des Reiseveranstalters Thomas Cook hat weitreichende Folgen. Worauf müssen sich Kunden und Wirtschaft jetzt gefasst machen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Konkurs.

Was ist passiert?

Der britische Reiseanbieter Thomas Cook hat Insolvenz beantragt. Letzte Bemühungen um Finanzierungen blieben erfolglos. Eine Rettung des angeschlagenen Konzerns scheiterte. Die britische Regierung lehnte eine Finanzierungsbitte über 150 Millionen Pfund (185 Millionen Franken) ab.

Thomas-Cook-Geschäftsführer Peter Fankhauser sprach von einem «zutiefst traurigen Tag» für sein Unternehmen. Er selbst und der gesamte Verwaltungsrat würden bedauern, «dass wir nicht erfolgreich waren». Nach dem Insolvenzantrag müssen nicht nur alle Flüge des Unternehmens am Boden bleiben, sondern auch alle Filialen geschlossen werden. Weltweit hat Thomas Cook 22'000 Angestellte, 9'000 davon sind in Grossbritannien tätig.

Der Flugbetrieb in Grossbritannien wurde nach Angaben der britischen Luftfahrtbehörde CAA mit sofortiger Wirkung eingestellt. London startet derweil eine beispiellose Rückholaktion für 150'000 Touristen. «Wir werden jeden nach Hause bringen», kündigte Verkehrsminister Grant Shapps auf Twitter an.

Welche Rolle spielt der Brexit bei der Pleite?

Noch im Juli hatte Konzernchef Peter Frankhauser erklärt, das Sommerhalbjahr bis Ende September werde deutlich schwächer als 2018 ausfallen. Die Vorlage der Quartalszahlen war damals abgeblasen worden.

Dass es noch immer keine Klarheit über den Brexit gibt, dürfte die Lage noch verschärft haben. Denn: Grossbritannien ist neben Deutschland der wichtigste Absatzmarkt für Thomas Cook. Die anhaltende Unsicherheit rund um den Brexit dämpfte die Reiselust der britischen Kundschaft.

Wer gehört überhaupt alles zu Thomas Cook?

Thomas Cook betrieb Hotels, Ferienressorts, Airlines und veranstaltete Kreuzfahrten. Von den 105 Flugzeugen des Konzerns fliegen 58 für den deutschen Ferienflieger Condor. 

Zu den Veranstaltertöchtern gehören Marken wie Neckermann Reisen, Bucher Last Minute, Öger Tours, Air Marin und Thomas Cook Signature. Zudem ist das Unternehmen Minderheitgesellschafter, etwa beim Club-Anlagen-Betreiber Aldiana. Jedoch: «Der Veranstalter Aldiana ist von dieser Insolvenz nicht betroffen», liess Thomas Cook mitteilen. 

Was bedeutet der Konkurs für die Kunden?

Insgesamt sollen etwa 600'000 Reisende gestrandet sein. Allein aus Grossbritannien sind etwa 150'000 Touristen im Ausland von der Pleite betroffen. Rund 21'000 Kunden des Unternehmens weilen gerade in den Türkei-Ferien. Die britische Regierung liess die grösste Rückholaktion in Friedenszeiten anlaufen.

Die Luftfahrtbehörde CAA teilte mit, sie habe eine Flugzeugflotte bereitgestellt, um Touristen nach Grossbritannien zurückzuholen. Die britische Regierung betonte, im Zuge der «Aktion Matterhorn» würden die Maschinen Touristen ungeachtet ihrer Nationalität ausgeflogen, falls sie eine Reise mit Ziel Grossbritannien gebucht hätten.

Transportminister Shapps sagte: «Es ist eine riesige Aufgabe, es wird einige Verzögerungen geben, aber wir arbeiten rund um die Uhr, um alles zu tun, was wir können.» Bereits in der Nacht starteten bereits erste Flugzeuge zu verschiedenen Zielen. Für Touristen im Ausland wurde die Website Thomascook.caa.co.uk geschaltet.

Der Ferienflieger Condor ist derweil zwar nicht von der Einstellung des Flugbetriebs betroffen, aber die Fluggesellschaft darf aus rechtlichen Gründen Touristen, die mit Thomas-Cook-Veranstaltern gebucht haben, nicht mehr an ihr Reiseziel bringen, teilte die Airline mit.

Betroffen sind Pauschalreisende von Thomas Cook, Neckermann, Öger Tours, Air Marin und Bucher Reisen, wie Condor am Montag mitteilte. Die Airline erklärte, Thomas Cook werde sich mit den Kunden, deren Abreise für Montag oder Dienstag geplant sei, «direkt in Verbindung setzen».

Sind Schweizer betroffen?

Bislang ist unklar, wie viele Schweizer betroffen sind. Schweizer könnten die Auswirkungen der Pleite spüren, wenn sie Reisen mit Thomas Cook oder einer der Töchter des Unternehmens gebucht haben. Auf der Schweizer Neckermann-Website heisst es etwa: «Wir werden Gäste mit Abreisen am 23. und 24. September baldmöglichst kontaktieren. Bitte sehen Sie davon ab, selbst in unseren CallCentern anzurufen».

Neckermann ist hierzulande ein beliebter Anbieter für Pauschalreisen und Kreuzfahren. Zu einer Stellungnahme waren die Schweizer Thomas-Cook-Töchter am Montag noch nicht zu erreichen. Auswirkungen auf die Branche dürfte es aber auch hierzulande geben. So zitiert «20 Minuten» einen Sprecher von Schweiz Tourismus: «Das Ende von Thomas Cook wird zu einem Vertrauensverlust der Kunden in die grossen Reiseanbieter führen und die globale Reisebranche ziemlich durchschütteln».

Folgen könnte die Pleite auch für Schweizer Versicherungsunternehmen haben: Pauschalreisende von Thomas Cook in Deutschland sind über Zurich Insurance gegen die Folgen einer Insolvenz abgesichert. Der Versicherungskonzern müsste für die Rückholung von Thomas-Cook-Passagieren aufkommen.

Ein Zurich-Sprecher bestätigte am Montag in Bonn, dass das Unternehmen die – seit 1994 für Pauschalreisen verpflichtenden – Reisesicherungsscheine für Thomas Cook bereitstelle. Da die deutsche Tochter von Thomas Cook aber bislang keine Insolvenz angemeldet habe, sei der Versicherungsfall noch nicht eingetreten.

Die Reisesicherungsscheine schützen Kunden davor, bei einer Reise am Ferienort zu stranden oder ihre Anzahlungen für bereits gebuchte Reisen zu verlieren. Das Gesetz sieht bei der Insolvenz eines Reiseveranstalters vor, dass dieser die Kunden zurückholt und der Versicherer die Kosten dafür erstattet. 

Der deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband warnte aber, dass die Versicherungssumme für Thomas Cook womöglich nicht ausreichen werde. Die Verbraucherschützer hätten bereits seit langem darauf gepocht, dass der Höchstbetrag der Absicherung von 110 Millionen Euro pro Reiseveranstalter und Jahr deutlich angehoben werden müsse, erklärte Vorstandsmitglied Klaus Müller. 

Gibt es Hoffnung auf Rettung?

Wie es am Montag auf der Website der deutschen Thomas Cook GmbH hiess, werde aktuell für die Töchter des britischen Konzerns noch verhandelt: «Das Unternehmen lotet derzeit letzte Optionen aus. Sollten diese scheitern, sieht sich die ‎Geschäftsführung gezwungen, für die Thomas Cook GmbH, Thomas Cook Touristik GmbH, die Bucher ‎Reisen & Öger Tours GmbH und möglicherweise auch weitere Gesellschaften Insolvenzantrag zu ‎stellen»

Thomas Cook verhandelte zuletzt mit Investoren über weiteres Kapital in Höhe von rund 200 Millionen Pfund (246 Millionen Franken) für seine Sanierungspläne. Diese kämen zu einem bereits ausgehandelten 980 Millionen Franken schweren Rettungspaket hinzu. Thomas Cook verhandelte zum einen mit dem chinesischen Mischkonzern Fosun, der den Tui-Konkurrenten übernehmen wollte, aber auch mit Banken und Anleihegläubigern.

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