Nachhaltiges TierfutterDie Zukunft der Ernährung: Holland eröffnet Megafabrik für Insekten
SDA
11.6.2019 - 15:02
Heuschrecken-Salat und Wurm-Burger? Das ist noch nichts für unseren Mittagstisch. Aber als Tierfutter werden Insekten immer wichtiger. In den Niederlanden steht nun eine der grössten Farmen – gebaut mit Schweizer Hilfe.
Trotz Hype handelt es sich bei Insekten-Burgern noch immer um ein Nischenprodukt. Anders sieht es beim Tierfutter aus. In den Niederlanden wurde nun eine der grössten Farmen eröffnet. Beim Bau der Anlage war auch die Schweizer Firma Bühler involviert.
Die Niederlande erwarten einen Boom bei der Produktion von Insekten als Tierfutter. Dies sei ein Beitrag zu einer nachhaltigen Produktion von Fisch, Fleisch und Eiern, sagte Landwirtschaftsministerin Carola Schouten am Dienstag in der Stadt Bergen op Zoom.
In der Ortschaft im Süden des Landes eröffnete der niederländische König Willem-Alexander an diesem Tag eine der modernsten Insektenfarmen Europas. In der Anlage des Unternehmens Protix sollen Insekten nach neuesten Verfahren als Eiweiss-Lieferant für Tierfutter gezüchtet werden.
Mit an Bord ist bei dieser Fabrik auch die Schweizer Firma Bühler aus Uzwil. Denn gebaut wurde die Farm im Rahmen des gemeinsamen Joint Ventures von Protix mit Bühler Insect Technology Solutions (BITS).
Gegründet wurde das Gemeinschaftsunternehmen im Januar 2017. Das Schweizer Unternehmen trug dabei gemäss früherer Angaben die Technologie, die Anlagen und das Prozess-Know-how für die Aufzucht und Verarbeitung der Insekten bei sowie deren Aufbereitung zu Futtermitteln.
Die neue Insektenfarm produziert nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Pflanzliche Nahrungsmittelreste werden dabei als Futter für die Insekten wieder verwertet. Diese wiederum bilden dann einen eiweissreichen Grundstoff für Tierfutter.
Gezüchtet werden vor allem Larven der Soldatenfliege. Dabei könnten in der Fabrik Proteine produziert werden, um rund fünf Millionen Lachse ein Jahr lang zu ernähren. Genaue Zahlen über das Volumen der Produktion und Umsatz machte Protix aber nicht.
Von Experten wird das Potenzial von Insekten als Futtermittel derweil als gross eingeschätzt. Insekten wie Soldatenfliegen oder Mehlwürmer seien eine «vielversprechende alternative Quelle» für Eiweiss, sagte auch Ministerin Schouten zur Eröffnung der Fabrik. «Durch Insekten kann der Import von Soja und Fischmehl reduziert und der Ausstoss von Treibhausgasen vermindert werden.»
Bislang ist in der EU die Verfütterung von toten Insekten nur in der Fischzucht und bei Haustieren gestattet. Erwartet wird aber, dass das Verbot für die Schweine- und Geflügelzucht in Kürze aufgehoben wird.
Verfütterung nur an Fische
In der Schweiz ist die Situation ähnlich. Insektenproteine sind derzeit für die Ernährung von Fischen erlaubt, wie ein Sprecher des Bundesamt für Landwirtschaft gegenüber AWP bestätigt. Die Regelung entspreche derjenigen der EU.
Daher seien Produkte aus der neuen Fabrik von Protix und Bühler hierzulande zwar verwendbar, jedoch nur für Fische. Sollte die EU das Verbot für die Schweine- und Geflügelzucht aufheben, könnte die Schweiz gemäss Experten nachziehen.
Die entsprechenden rechtlichen Weichen hat der Bundesrat im Rahmen der sogenannten Agrarpolitik 22+ bereits gestellt. Die Zulassung von Insekten als Futtermittel ist dabei Teil eines ganzen Bündels von Massnahmen, mit denen die Regierung die Landwirtschaft in den Jahren ab 2022 vorwärtsbringen will.
Insektenfood bei Coop
Nicht als Tierfutter, sondern gar als Nahrungsmittel für Menschen gibt es in der Schweiz bereits seit 2017 Produkte mit Insekten. Denn in diesem Jahr wurde der Verkauf von Wurm-Burgern und Grillen-Snacks hierzulande legalisiert.
Der Medienhype um den neuen Foodtrend war gross. Eine Vorreiterrolle übernahm der Detailhändler Coop, der gemeinsam mit dem Start-up Essento als erster entsprechende Produkte in den Verkauf brachte.
Und nach wie vor gibt es bei Coop sowohl Insekten-Burger und -Balls wie auch Proteinriegel mit Grillenmehl, wie Sprecher Urs Meier auf Anfrage von AWP sagte. Die Nachfrage sei stabil und man sei mit den Verkäufen zufrieden. Es handle sich aber um ein Nischenprodukt.
Soja und Fischmehl sind als Eiweisslieferanten zentrale Bestandteile von Futtermittel – und umstritten. Insekten könnten eine Alternative sein.
Bild: Keystone
Mehlkäfer-Larven werden in ein Gerät geschüttet, das die Universität Erlangen gebaut hat, um die Larven von Kot und Weizenkleie zu trennen.
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Sebastian Demtröder ist an der Hochschule Bremerhaven Herr über etwa 100 Kilo Mehlkäfer-Larven.
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Mit seiner Kollegin Nina Kröncke begutachtet Demtröder im Forschungslabor Mehlkäfer-Larven in Edelstahlbehältern.
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Die Wissenschaftler müssen ihre Versuchslarven regelmässig befeuchten.
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Mehlkäfer werden in einem Forschungslabor der Hochschule Bremerhaven mit alten Äpfeln gefüttert.
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In den Versuchsanordnungen werden die Mehlkäfer-Larven mit Weizenkleie gefüttert. Ökologisch sinnvoll wäre es, bei einer Grossproduktion organische Abfälle als Larvenfutter einzusetzen.
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Um grosse Mengen produzieren zu können, müssen automatisierte Fertigungsstrassen eingesetzt werden.
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