Neuer Schlag für KrisenbankLangjähriger Grossinvestor kehrt der Credit Suisse den Rücken
Von Monique Misteli
6.3.2023
Der einstige Grossaktionär der Credit Suisse, Harris Associates, hat die restlichen Aktienanteile der Bank verkauft. Laut den Geschäftsführern hat die CS den Aufschwung ihrer europäischen Konkurrenten verpasst.
Von Monique Misteli
06.03.2023, 15:29
06.03.2023, 16:40
Monique Misteli
Man begrüsse den «aggressiven Ansatz» der Credit Suisse, um die Performance der Investment Bank zu verbessern und die Gruppe zu stabilisieren – so kommentierte die amerikanische Investmentfirma Harris Associates die Umbaupläne der Credit Suisse.
Das ist nur gut vier Monate her, seit sich der einst grösste Aktionär der Credit Suisse, noch hinter die krisengeplagte Schweizer Bank gestellt hat. Doch wie die britische «Financial Times» am Sonntag titelte, ist diese Rückendeckung passé. Harris Associates ist raus.
Nach Ankündigung der Umbaupläne habe man begonnen, den Aktienanteil zu reduzieren und sich nun vollständig davon getrennt, wie der Vize-Chef von Harris Associates, David Herro, in der Wirtschaftszeitung zitiert wird. 2022 hat die amerikanische Investmentfirma noch 10 Prozent CS-Aktien gehalten, um Anfang Jahr auf drei Prozent zu schrumpfen.
«Warum in etwas investieren, das Kapital verbrennt?»
Weil die Abflüsse im Wealth Management gross gewesen seien, habe sich Harris Associates die Frage stellen müssen, ob und wie es in diesem Geschäftsbereich künftig weitergehen werde. Für Harris Associates gebe es viele andere Möglichkeiten zu investieren. Die steigenden Zinssätze bedeuteten, dass viele europäische Finanzwerte in die andere Richtung gehen. Warum solle man in etwas investieren, das Kapital verbrennt, wenn der Rest des Bankensektors es bereits erwirtschaftet, fragt Herro rethorisch.
Damit meint der 62-jährige, dass die Credit Suisse den Aufschwung ihrer europäischen Konkurrenten verpasst hat, der Ende vergangenen Jahres eingesetzt hat, als die restriktivere Geldpolitik die Aussichten für die Kreditrentabilität verbesserte.
Weiter kritisierte der Investmentmanager Herro die Ausgliederungspläne der Investmentbank der Credit Suisse. Der Vorschlag sei schwerfällig und bezüglich «Cash-Burn» weitaus kostspieliger, als Harris Associates erwartet habe. Zudem sei die Investmentfirma auch nicht mit den erzielten Erlösen aus dem Verkauf von verbrieften Produkten zufrieden gewesen.
Cash-Burn
Die Cash Burn Rate (manchmal auch einfach Burn Rate oder Geldverbrennungsrate genannt) gibt an, wie schnell ein Unternehmen «Geld verbrennt» also verbraucht oder verliert. Für die meisten Unternehmen ist diese Kennzahl uninteressant, weil diese verdienen Geld. Die Cash Burn Rate wird deshalb nur für Start-ups, die noch kein Geld verdienen und für Firmen in der Krise relevant. Dabei ist entscheidend, wie viel wird wöchentlich, monatlich, jährlich an Geld verbraucht und wie lange das vorhandene Geld reicht (beziehungsweise wie viel Zeit bleibt noch für eine finanzielle Rettung, z.B. durch Kapitalerhöhungen).
Die Nummer zwei auf dem Schweizer Bankenplatz, gemessen an der Bilanzsumme, hat in den vergangenen Monaten mit einem Vertrauensverlust ihrer Kunden zu kämpfen und im Geschäftsjahr 2022 mit 7,3 Milliarden Franken den höchsten Verlust seit der Finanzkrise eingefahren. Die Aktien der Credit Suisse haben seit Sommer 2007 rund 95 Prozent ihres Wertes eingebüsst.
Zwar bemüht sich die Bank, Kunden zurückzugewinnen und das Abwandern von Führungskräften aus dem Vermögensverwaltungsgeschäft, das die CS wieder zurück in die Spur bringen soll, einzudämmen. Das gelang ihr bis jetzt mit mässigem Erfolg.
Saudische Nationalbank ist nun grösster Anteilseigner der CS
Mit dem Ausstieg von Harris Associates ist nun die saudische Nationalbank der grösste Anteilseigner der Credit Suisse, wie Daten der Bank und der Finanznachrichtenagentur Bloomberg belegen.
Auch die Qatar Investment Authority hat ihren Anteil an der Credit Suisse erhöht, nachdem die Bank Ende 2022 im Rahmen einer vier Milliarden schweren Kapitalerhöhung neue Aktien emissioniert hatte.
Zum Ausstieg von Harris Associates wollte die Credit Suisse keine Stellung nehmen, wie die «Handelszeitung» schreibt. Sie teilt nur mit, dass die Bank mit ihrem Umbauplan voraus sei und klare strategische Ziele verfolge, um sicherzustellen einen «nachhaltigen Wert» für alle Stakeholder der Bank zu schaffen.
Lukas Hässig, hat die CS noch eine Chance?
Wie es mit der Grossbank Credit Suisse weiter geht – diesen Blick in die Zukunft wagt Journalist und Branchenkenner Lukas Hässig.
09.12.2022
Laut Hans Geiger, emeritierter Bankenprofessor der Universität Zürich, habe sich der Ausstieg von Harris Associates bei der CS abgezeichnet. Dass der institutionelle Investor noch vor wenigen Monaten der Bank den Rücken gestärkt hat, sei wohl damit zu begründen, dass Harris Associates früher viel Geld mit den CS-Titeln gemacht habe.
Zudem könne man strategische Entscheide wie die Umbaupläne der Credit Suisse nicht unkommentiert lassen. «Da gibt es keine halben Sachen, es gibt entweder ein klares Ja oder Nein», sagt Geiger zu blue News. Harris Associates habe sich dazu entschieden vorläufig Ja dazu zu sagen.
Den Ausstieg wertet Geiger, der die Credit Suisse gut aus der Zeit kennt, wo er selbst noch in der Geschäftsleitung der Bank sass, nicht als weiter schlimm. Es seien mehr die Gründe, warum Harris Associates ausgestiegen ist, womit Geiger das historisch schlechte Geschäftsjahr 2022 meint. Komplett düster will er die Zukunft der Bank dennoch nicht sehen, denn es gebe ja Nachfolge-Käufer der Aktien.