Sommerserie «Faust & Kupfer»: ein feministischer Podcast

SDA

17.7.2020 - 12:50

Die Slam-Poetin Lisa Christ (links) und die freie Journalistin Miriam Suter (rechts) produzieren ihren feministischen Podcast «Faust und Kupfer» in vertrautem Umfeld. Einen hohen journalistischen Anspruch und Transparenz gegenüber ihren Zuhörerinnen haben sie sich auf die Fahne geschrieben.
Die Slam-Poetin Lisa Christ (links) und die freie Journalistin Miriam Suter (rechts) produzieren ihren feministischen Podcast «Faust und Kupfer» in vertrautem Umfeld. Einen hohen journalistischen Anspruch und Transparenz gegenüber ihren Zuhörerinnen haben sie sich auf die Fahne geschrieben.
Source: Keystone/GORAN BASIC

Angefangen hat es mit einem «Crush aufeinander»: Journalistin Miriam Suter und Slam-Poetin und Kabarettistin Lisa Christ entdeckten sich auf Instagram. Sie teilten die Idee für einen Podcast und setzten sie gemeinsam um.

Entstanden ist ein feministischer Podcast mit journalistischem Anspruch: «Faust & Kupfer». Ende Juni feierte er seine 10. Folge und wird inzwischen im Radio ausgestrahlt.

«Wir wollten etwas Ernsthaftes machen aber auch popkulturell unterwegs sein», sagt die in Aarau lebende Journalistin Miriam Suter. «Das ist uns bis jetzt auch gelungen». Die bis dato veröffentlichten «Faust & Kupfer»-Folgen drehen sich um Themen wie Intersektionalen Feminismus, Sexualisierte Gewalt & Victim Blaming oder Toxische Männlichkeit. Schwierige Begriffe, doch: «Wir wollen auf eine niederschwellige Art diskutieren und den Leuten so ein bisschen die Angst vor gewissen Themen nehmen», sagt Lisa Christ in dem gemeinsamen Zoom-Interview mit Keystone-SDA.

Gleichzeitig werden zwischendurch Bücher, Serien oder Filme mit feministischem Bezug besprochen. Auch da setzen die Podcasterinnen auf leichte Zugänglichkeit. Zur Diskussion stehen also nicht zwingend nischige Veröffentlichungen, sondern auch massenhaft konsumierte, die allerdings oft unkritisch oder überhaupt sehr einseitig rezensiert worden sind. In der siebten Folge beispielsweise ging es um «Three Women, Drei Frauen» von Lisa Taddeo, einen erst kürzlich auf Deutsch erschienenen Sunday Times Besteller.

«Uns stört, dass in unserer Instagramblase immer wieder aktuelle Themen auftauchen, über die sich ein Grossteil der Menschen kaum je Gedanken macht», sagt Lisa Christ. Oft aus dem Grund, weil sie in der breiten Öffentlichkeit nicht diskutiert werden und wenn, dann nur aus einer Perspektive. Dem entgegenzuwirken ist die Hauptmotivation der beiden Podcasterinnen. «Dazu kommt, dass Frauen nach wie vor zu wenig Redezeit haben und darum geht es ja bei einem Podcast», so Suter.

Transparent und selbstkritisch

Miriam Suter und Lisa Christ wählen Themen aus, mit denen sie sich auch im privaten Rahmen mehr oder weniger intensiv auseinandersetzen. Die #MeToo-Debatte etwa, Sex oder der Frauenstreik, mit dem sie ihren Podcast vor ziemlich genau einem Jahr gestartet haben.

Der Aufwand, den sie für ihre rund einstündigen Podcast-Folgen treiben, halte sich in Grenzen, sagt Lisa Christ. Sie spricht dabei vor allem für sich, denn «Miriam recherchiert mega viel, das ist wohl eine Berufskrankheit». Suter habe immer die richtigen Infos, lacht sie.

«Wir sind schon streng mit uns», fügt Miriam Suter hinzu. «Einmal haben wir eine Folge ein zweites Mal aufgenommen, weil wir dem Thema unserer Meinung nach noch nicht gerecht worden sind und es uns wichtig war, dass die Fakten stimmen.»

Trotz dieser Sorgfalt machen sich die Podcasterinnen angreifbar – das sagen sie aus Erfahrung. «Jemand hat einmal geschrieben, dass Lisa Prostituierte anstatt Sexarbeiterin gesagt hat», nennt Suter ein Beispiel. «Solche Rückmeldungen sind wichtig und auch sehr schön.» Denn wenn sie schon von Awareness und geschlechtergerechter Sprache reden würden, dann müssten sie sie logischerweise auch selber anwenden.

Nicht von oben herab

Shitstorms habe es noch nie gegeben. Was ihrer Meinung nach nicht zuletzt daran liegt, dass die beiden ihre Unsicherheiten transparent machen. «Wir zeigen uns bei gewissen Themen schon auch verletzlich, indem wir sagen, dass wir diesbezüglich auch schon einiges falsch gemacht haben», so Suter. «Die Leute fühlen sich verstanden, weil wir keine von-oben-herab-Haltung einnehmen.»

Lisa Christ pflichtet ihr bei: «Auch wenn wir uns als Expertinnen zeigen: Wir sind genau gleich wie die, die uns zuhören, und haben auch irgendwo angefangen», sagt sie. Nur weil sie sich mit Themen wie dem Feminismus gut auskennen, heisse das nicht, dass sie nicht auch noch immer patriarchale Strukturen reproduzieren. Transparent zu bleiben, ist für die «Faust & Kupfer»-Macherinnen der Schlüssel zu allem.

Berufsbedingte Vorteile

Was das Handwerk angeht, sind Lisa Christ und Miriam Suter «komplett unvorbereitet in die Sache reingegangen». Mit Absicht, denn sie wollten den Podcast bewusst unkompliziert produzieren. Vor der ersten Folge haben sie sich nur einmal getroffen und grobe Ablaufnotizen gemacht.

Dass sie beide Jobs haben, in denen man das können muss, sei ihnen bestimmt zugute gekommen, betont Miriam Suter. Sie selber schreibt als freie Autorin für Publikationen wie «Die Republik», «Das Lamm» oder die «WOZ», Lisa Christ moderiert unter anderem die «Comedy Talent Show» auf SRF 1 und schrieb mit «Ich brauche neue Schuhe» ein abendfüllendes Kabarett-Programm. Dazu kam ein automatischer Lernprozess. «Inzwischen haben wir bessere Mikrofone, bessere Skills – es wird immer besser», so Christ.

Und auch die Reichweite ist gewachsen. Das Aargauer Radio Kanal K hat «Faust & Kupfer» unlängst ins Programm aufgenommen. Somit hätten die beiden auch die Möglichkeit, die Folgen im Studio des Senders aufzunehmen. Theoretisch. «Das passt voll nicht zu uns», so Lisa Christ. Die nüchterne Atmosphäre in dem sterilen Raum sei ihnen «blöd gesagt zu professionell».

Man habe es ausprobiert und «mit der Tonqualität natürlich kein Problem gehabt». Zu Hause im vertrauten Umfeld bei einem Kaffee zusammenzusitzen, sei jedoch sehr viel angenehmer, sind sich die Podcasterinnen einig. Nach dem Lockdown, während dem sie sich online getroffen haben, ist das ja nun wieder möglich. «Wir reden in diesem Rahmen ganz anders, viel lockerer – und auch die Körperhaltung ist nicht die gleiche», so Miriam Suter. Und so hoch ihr journalistischer Anspruch auch sein mag – «Faust & Kupfer» darf durchaus nach einer gemütlichen Runde im privaten Rahmen klingen.

*Die von Keystone-SDA verfasste 14-teilige Serie zum Thema Podcasts ist mit finanzieller Unterstützung aus dem Kredit «Verständigungsmassnahmen"des Bundesamtes für Kultur zustande gekommen. Zur Verfügung stehen aktuelle Bilder von keystone-sda.

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