Energieintensive Betriebe prüfen Kurzarbeit «Das ist möglicherweise nur ein Vorbote»

Von Monique Misteli

7.9.2022

Ein Mitarbeiter der Stahl Gerlafingen arbeitet in der Produktionshalle des Unternehmens.
Ein Mitarbeiter der Stahl Gerlafingen arbeitet in der Produktionshalle des Unternehmens.
Bild: Keystone

Einer der grössten Stromverbraucher der Schweiz hat jüngst Kurzarbeit beantragt – wegen der explodierenden Energiepreise. Wie nachhaltig ist die Massnahme?

Von Monique Misteli

Putins Krieg in der Ukraine stellt die Energiemärkte komplett auf den Kopf. Die Preise für Gas und Erdöl bleiben weiterhin sehr volatil. Das zeigte die heftige Reaktion an den Märkten von gestern eindrücklich. Der angekündigte Lieferstopp Russlands über die wichtige Pipeline Nord Stream 1 liess den Gaspreis zwischenzeitlich bis zu 35 Prozent in die Höhe schnellen. 

Für energieintensive Unternehmen, die Strom und Gas am freien Markt einkaufen, bedeuten Preisanstiege vor allem eines: Unsicherheit.

So verwundert es nicht, war in der «NZZ am Sonntag» zu lesen, Stahl Gerlafingen, einer der grössten Energieverbraucher der Schweiz, habe Kurzarbeit von Oktober bis Dezember beantragt.

«Nur ein Vorbote»

Stand heute ist der Stahlproduzent aus dem Kanton Solothurn wohl der einzige Betrieb, der wegen der instabilen Energiepreise Kurzarbeit beantragt hat. Das zeigt eine stichprobenartige Anfrage bei sechs kantonalen Wirtschaftsämtern und der Interessengemeinschaft für Energieintensive Branchen. 

Laut Arbeitsmarktexperte Manuel Siegenthaler von der Konjunkturforschungsstelle KOF sei die Stahl Gerlafingen mit der Anmeldung «möglicherweise nur ein Vorbote».

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Überschiessen die Energiepreise weiterhin, dürften in absehbarer Zeit nicht nur die energieintensiven Produktionsfirmen aus der Zement- und Aluminiumbranche von Kurzarbeit betroffen sein. Auch energieintensive Firmen des verarbeitenden Gewerbe oder Wäschereien könnten davon betroffen sein, so Siegenthaler. 

Kurzarbeit ist nur eine temporäre Massnahme

Firmen, die wegen aussergewöhnlicher Gründe vorübergehend ihre Produktion reduzieren oder sogar einstellen müssen, können Kurzarbeit beantragen. Diese ist nur für einen kurzen Zeitraum (bis zu einem Jahr) möglich.

Siegenthaler vom KOF erklärt, die Kurzarbeit sei absichtlich als temporäre Massnahme geplant. Bleiben die Strompreise allerdings längerfristig hoch, wandle sich das konjunkturelle Problem zu einem strukturellen: «Firmen, die die Energiewende verschlafen haben, sollten nicht über einen längeren Zeitraum ihre Ausfälle mit Kurzarbeit kompensieren können.»

Höhere Preise anstatt Kurzarbeit

Die Versorgungssicherheit beschäftigt auch die Wäscherei Baden. Eine ausserordentliche Sitzung mit den regionalen Energieversorgern nächste Woche soll etwas Klarheit bringen, sagt Marcel Niedermann, Produktionsleiter der Wäscherei.

Die Auftragsbücher seien aber so voll und die Produktionsschritte bereits so energieeffizient wie möglich eingestellt, sei Kurzarbeit keine Option, so Niedermann und meint weiter: «Im Ernstfall müssen wir die gestiegenen Energiepreise auf unsere Kunden abwälzen.»