Steigende EnergiepreiseDarum dürfte Putins Schwäche auf dein Portemonnaie drücken
tgab
27.6.2023
Die Pandemie, die Invasion in der Ukraine und der darauffolgende Inflationsschock haben der Weltwirtschaft zugesetzt. Ein instabiles Russland würde die Energiepreise wieder steigen lassen – auch in der Schweiz.
tgab
27.06.2023, 00:00
Gabriela Beck
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die instabile politische Situation in Russland könnte Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben.
Werden dadurch die Energieexporte beeinträchtigt, müssten China und Indien Öl und Gas bei anderen Produzenten einkaufen.
Der dadurch entstehende Konkurrenzdruck zwischen Asien und den westlichen Abnehmern würde die Preise auf dem Weltmarkt in neue Höhen treiben.
Energie- und Lebensmittelpreise sind nach der russischen Invasion in der Ukraine im vergangenen Jahr weltweit stark angestiegen und haben die Inflation in Europa und den Vereinigten Staaten in die Höhe getrieben. Die Weltwirtschaft ist in einer instabilen Lage. Das Letzte, was es jetzt braucht, ist eine weitere böse Überraschung.
Die gab es an diesem Wochenende, als unzufriedene russische Söldner in Richtung Moskau marschierten. Der bewaffnete Aufstand der Wagner-Truppe unter der Leitung von Jewgeni Prigoschin wurde zwar vorerst entschärft, aber Putins Autorität ist geschwächt. In Russland könnte eine Zeit des Aufruhrs und des Wandels anbrechen.
Wirtschaftlich gesehen wäre das ein Problem, denn Russland bleibt trotz der verhängten westlichen Sanktionen einer der wichtigsten Energielieferanten für die globalen Märkte.
Mit knapp 10 Millionen Barrel pro Tag produziert das Land etwa 10 Prozent des weltweiten Rohölbedarfs. Und mit einem Gesamtölexport von fast 8 Millionen Barrel pro Tag ist Russland mit Abstand nach Saudi-Arabien die zweitgrösste Macht in der OPEC+-Allianz führender Energieproduzenten.
China und Indien kaufen Rekordmengen an russischem Öl ein
Die Sanktionen des Westens hatten den gewünschten Effekt, indem sie die Geldeinnahmen Moskaus aus der Energiewirtschaft verringerten, doch Russlands Ölexporte sind mengenmässig inzwischen wieder auf das Niveau vor der Invasion in der Ukraine gestiegen, da China und Indien dafür umso mehr einkaufen.
So ist Russland seit seinem Einmarsch in die Ukraine zum viertgrössten Öl-Lieferanten Indiens aufgestiegen. China importierte im Mai nach Angaben Pekings 9,71 Millionen Tonnen Öl aus Russland, mehr als doppelt so viel wie im Februar 2022.
Jeder Ausfall russischer Energie würde diese beiden bevölkerungsreichen Grossmächte dazu zwingen, mit westlichen Nationen um Lieferungen von anderen Produzenten zu konkurrieren.
Darüber hinaus könnte politische Instabilität in Russland auch den Export anderer Rohstoffe wie Getreide oder Düngemittel einschränken, was dazu führen könnte, dass Angebot und Nachfrage aus dem Gleichgewicht geraten. Das würde die Preise für alle in die Höhe treiben.
Ölmacht Katar zeigt sich besorgt
Am Samstag äusserte Katar, ebenfalls eine globale Energiemacht, «grosse Besorgnis» über die Lage in Russland: «Die Eskalation der Situation in Russland und der Ukraine wird negative Auswirkungen auf die internationale Sicherheit und den Frieden sowie auf die Nahrungsmittel- und Energieversorgung haben», antwortete das Aussenministerium Katars auf die Nachricht über den Aufstand.
Matt Smith, leitender Ölanalyst für Amerika beim Wirtschafts-Unternehmen Kpler, ordnet gegenüber dem Sender CNN ein: «Dieser scheinbare Putschversuch bringt Unsicherheit mit sich, die sich in höheren Preisen niederschlagen könnte.» Auch könnten seiner Meinung nach die Unruhen und Unsicherheiten der letzten Tage, die Angst vor Unterbrechungen der Lieferketten, wie in der Pandemie geschehen, erneut aufflammen lassen. Auch dies hätte Auswirkungen auf die Preise.
Zwar gibt es Anzeichen dafür, dass die Nachfrage nach Energie aufgrund einer weltweiten Konjunkturabschwächung nachlässt. So sanken die US-Rohölpreise in diesem Jahr bislang um fast 14 Prozent auf knapp 70 US-Dollar pro Barrel. Und die internationale Benchmark – Brent-Rohöl – ist in ähnlicher Weise gesunken.
Doch alles, was Russlands Fähigkeit zur Versorgung der globalen Energiemärkte gefährden könnte, wird von den politischen Entscheidungsträgern im Westen und von den beiden grössten Kunden Russlands – China und Indien – mit Sorge beobachtet.
Richard Bronze, Leiter Geopolitik und Mitbegründer des Daten- und Informationsdienstleisters Energy Aspects, weist bei CNN schliesslich darauf hin, dass «wir bereits auf einen Teil des Jahres zusteuern, in dem die weltweite Nachfrage nach Öl voraussichtlich das Angebot deutlich übersteigen wird.»
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