Alibaba-Gründer Chinas Feldzug gegen Jack Ma ist noch nicht zu Ende

Von Sven Hauberg

28.4.2021

Das Firmenimperium von Jack Ma ist der Führung in Peking ein Dorn im Auge. (Archivbild)
Das Firmenimperium von Jack Ma ist der Führung in Peking ein Dorn im Auge. (Archivbild)
Bild: Keystone

Noch immer hat es Peking auf das Online-Imperium von Jack Ma abgesehen. Seit seinem Verschwinden vor einigen Monaten weiss der Milliardär, was denjenigen droht, die nicht mitspielen.

Von Sven Hauberg

An der «Bauernquelle» kommt man in China nicht vorbei: In weiss-roten Flaschen abgefüllt, steht das Mineralwasser der Marke Nonfu Shanquan in fast allen Supermärkten des Landes, wird an Strassenständen verkauft und in Restaurants serviert. Seinen Firmenchef hat das Wässerchen reich gemacht – sehr reich sogar: Seit Anfang des Jahres führt das Magazin «Hurun» den 66-jährigen Zhong Shanshan auf Platz eins seiner Liste der reichsten Chinesinnen und Chinesen.

Zuvor führte noch ein anderer die renommierte Liste an: Jack Ma, Gründer des Internetriesen Alibaba und einstiger Vorzeigeunternehmer des Landes. Der Wechsel auf dem Spitzenplatz erfolgte in einer Zeit, in der Ma allerdings längst nicht mehr der kapitalistische Liebling der Kommunistischen Partei Chinas war.



«Wo steckt Jack Ma?», fragten sich kurz nach Jahreswechsel die internationalen Medien. Monatelang war der Unternehmer aus dem ostchinesischen Hangzhou von der Bildfläche verschwunden, nur um dann Ende Januar mit einer Videobotschaft plötzlich wieder in Erscheinung zu treten.

Plötzlich verschwunden

Was da geschehen war, kam erst im Nachhinein ans Licht. Ende Oktober 2020 hatte Ma, der im Jahr 1999 Alibaba gegründet hatte, seinem Unmut über das chinesische Finanzsystem freien Lauf gelassen. Den Banken des Landes warf er «Pfandhausmentalität» vor, auf einem Kongress in Shanghai sagte er: «Gute Innovation hat keine Angst vor Regulierung, aber sie hat Angst vor veralteten Vorschriften.» Die Zukunft, so Ma, dürfe nicht «mit Methoden von gestern» reguliert werden.



Der Partei war das offenbar zu viel der kritischen Worte. Ma verschwand, der Börsengang der Alibaba-Finanztochter Ant Group – geplant war der grösste Börsencoup aller Zeiten – wurde gestoppt.

Seitdem reissen die Negativnachrichten für Ma nicht ab. Erst verhängten Chinas Wettbewerbshüter eine Rekordstrafe in Höhe von umgerechnet rund 2,5 Milliarden Franken gegen Alibaba, weil die grösste Online-Handelsplattform des Landes ihre marktbeherrschende Position ausgenutzt habe, um Händler zu zwingen, ihre Waren exklusiv über Alibaba anzubieten; zuletzt ordneten die Aufsichtsbehörden eine Umstrukturierung von Mas Finanzfirma Ant Group an.

Das Sagen hat die Partei

Mit Mas im vergangenen Jahr geäusserter Kritik alleine hat das nicht zu tun. Vielmehr scheint der chinesischen Führung um Staats- und Parteichef Xi Jinping dessen Firmenimperium zu mächtig geworden zu sein. Alipay, das Online-Bezahlsystem von Alibaba, wird von mehr als einer Milliarde Chinesinnen und Chinesen genutzt; ausserdem vermittelt Mas Ant Group jeden Tag unzählige Kredite, die nicht selten von den Kreditnehmer*innen nicht mehr bedient werden können. Die Folge: Die privaten Schulden wachsen. 



Überhaupt sieht es die Führung in Peking gar nicht gerne, wenn ihr in der Privatwirtschaft ein allzu mächtiger Konkurrent erwächst. Firmen wie Alibaba sammeln massenhaft Daten – ein Schatz, über den das so kontrollsüchtige Regime lieber selbst verfügen will.

Auch andere Online-Unternehmen spüren den Druck der Regierung. Wie der «Spiegel» schreibt, wurden unlängst die Chefs von 34 Online-Unternehmen vom Kartellamt einbestellt. Die Botschaft der Aktion ist klar: Das Sagen hat in China noch immer die Partei. Das dürften nur wenige so gut wissen wie Jack Ma.