222 Franken mehr im Mittel Die Strompreise steigen 2024 im Durchschnitt um 18 Prozent

phi

5.9.2023

Strompreise steigen im nächsten Jahr um durchschnittlich 18 Prozent

Strompreise steigen im nächsten Jahr um durchschnittlich 18 Prozent

Die Strompreise steigen auch im kommenden Jahr kräftig. Rund 18 Prozent mehr zahlen dürfte ein mittlerer Haushalt in der Schweiz 2024 im Vergleich zum laufenden Jahr, wie die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) berechnet hat. Das macht gut 200 Franken aus. Ein typischer Haushalt bezahlt im nächsten Jahr 32,14 Rappen pro Kilowattstunde.

05.09.2023

Die Eidgenössische Elektrizitätskommission hat die Strompreise für das kommende Jahr mitgeteilt: Im Durchschnitt müssen Herr und Frau Schweizer 18 Prozent mehr zahlen.

P. Dahm

5.9.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Eidgenössische Elektrizitätskommission Elcom gibt heute bekannt, wie stark die Schweizer Strompreise 2024 steigen.
  • Es sind im Durchschnitt 18 Prozent mehr: Ein typischer Haushalt zahlt 2024 im Mittel 222 Franken drauf.
  • Aus drei Gründen wird ein starker Preisanstieg erwartet.
  • Der Schweizer Konsumentenschutz kritisiert die Versorger scharf und fordert eine Liberalisierung des Marktes.
  • Weil laut EU-Regeln der teuerste Anbieter den Preis diktiert, verteuern teure ausländische Gaskraftwerke günstigen Schweizer Strom.
  • «Die dicke Post mit grosser Verzögerung», kritisiert ein Experte.

Update: Die Strompreise steigen auch im kommenden Jahr kräftig. Rund 18 Prozent mehr zahlen dürfte ein mittlerer Haushalt in der Schweiz 2024 im Vergleich zum laufenden Jahr, wie die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) berechnet hat. Das macht gut 200 Franken aus.

Ein typischer Haushalt bezahlt im nächsten Jahr 32,14 Rappen pro Kilowattstunde. Dies entspricht einer Zunahme um 4,94 Rappen pro Kilowattstunde oder 222 Franken übers ganze Jahr, wie die Elcom am Dienstag in Bern vor den Medien bekanntgab. Dabei dürfte es beträchtliche lokale Unterschiede geben.

Hochspannungsleitungen bei Schänis SG: Kommt heute der Strompreis-Hammer?
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Keystone

Ab sofort sind die Tarife 2024 der einzelnen Gemeinden und Verteilnetzbetreiber auf der Strompreis-Webseite der Elcom abruf- und vergleichbar. Rund etwas mehr als ein Prozent der Netzbetreiber haben die Daten nicht fristgerecht eingereicht. Für diese Netzgebiete können daher momentan keine Tarife abgerufen werden. Aufgrund der geringen Grösse dieser Gebiete sei mit keiner wesentlichen Änderung der vorliegenden Ergebnisse zu rechnen, schrieb die Elcom.

So kommen Strompreise zustande

1. Netznutzungstarif: Preis für den Stromtransport über das Leitungsnetz vom Kraftwerk bis ins Haus. Er wird bestimmt durch die Kosten für das Netz, das heisst für den Bau sowie Unterhalt und Betrieb. Im Netznutzungstarif ebenfalls enthalten sind neu die Kosten für die Winterreserve.
2. Energietarif: Preis für die gelieferte elektrische Energie. Diese Energie erzeugt der Netzbetreiber entweder mit eigenen Kraftwerken oder kauft sie von Lieferanten ein.
3. Abgaben an das Gemeinwesen: Kommunale und kantonale Abgaben und Gebühren. Darunter fallen beispielsweise Konzessionsabgaben oder lokale Energieabgaben.
4. Netzzuschlag: Bundesabgabe zur Förderung der erneuerbaren Energien, Stützung der Grosswasserkraft sowie für ökologische Sanierungen der Wasserkraft. Die Höhe der Abgabe wird jährlich vom Bundesrat festgelegt und liegt im Jahr 2024 wie im Vorjahr auf dem gesetzlichen Maximum von 2,3 Rappen pro Kilowattstunde.

Zuvor hat blue News so berichtet:

Steigen die Strompreise im kommenden Jahr? Diese Frage wird die Eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom) heute in Bern klären. Bis 31. August mussten die rund 600 Schweizer Netzbetreiber ihre Elektrizitätstarife für das nächste Jahr sowohl ihren Kunden als auch der Elcom bekannt geben. Erwartet wird ein weiterer deutlicher Preisschu

Erstens weil ein bedeutender Teil der Beschaffungen fürs laufende Jahr noch vor dem Preisanstieg am Terminmarkt erfolgt war. Zweitens werden die Kosten der Winterreserve über einen Zuschlag auf dem Netznutzungstarif an die Endkonsumenten weitergereicht. Drittens steigen die Netznutzungstarife aufgrund der vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) angehobenen Kapitalverzinsung.

Der Schweizer Konsumentenschutz schlägt bereits vor der Elcom-Ankündigung Alarm. «Die grossen Schweizer Stromanbieter schreiben Gewinne in schwindelerregender Höhe. Dennoch werden die Strompreise auch nächstes Jahr wieder angehoben», schreibt die Organisation in einem offenen Brief an SVP-Bundesrat Albert Rösti.

Mehr als zwölf Prozent im Durchschnitt erwartet

Herr und Frau Schweizer seien an ihren «lokalen Stromanbieter gefesselt». Ein Wettbewerb finde auf dem Markt nicht statt: Der Energieminister müsse daher die «Strombranche und ihre Kundschaft an einen Tisch bringen». Ein Unding sei auch die EU-Vorschrift, nach der sich die Preise am Markt nach dem teuersten Versorger richten müssten.

Es geht doch: Betriebsergebnisse Schweizer Stromerzeuger.
Es geht doch: Betriebsergebnisse Schweizer Stromerzeuger.
Schweizer Konsumentenschutz

Die Folge: Kundinnen und Kunden bezahlen hierzulande «für billig produzierten Schweizer Solar- und Wasserstrom den gleichen Preis wie für den Strom aus ausländischen Gaskraftwerken». Der Konsumentenschutz fordert Unabhängigkeit von den EU-Preisen, geringere Gebühren und mehr Effizienz, um den Verbrauch zu reduzieren.

Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) ist noch im Juni davon ausgegangen, dass die Strompreise im Durchschnitt um zwölf Prozent ansteigen werden. Doch das könnte womöglich nicht ausreichen: «Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Netznutzungstarife noch nicht bekannt. Deshalb dürfte die Erhöhung im Median höher ausfallen als 12 Prozent», sagt VSE-Mediensprecher Julien Duc zu «20 Minuten».

«Unsere Versorger sichern sich im Herbst am Markt ab»

Kritisch sieht das Norbert Rücker, Energieexperte bei Julius Bär. In Europa werde der Strom günstiger, während bei uns die Preise anschwellen: «Unsere Versorger sichern sich im Herbst am Markt ab. Letztes Jahr war diese Absicherung enorm teuer, was jetzt zu hohen Preisen führt. Da wir bei Haushalten nur jedes Jahr Tarifanpassungen haben, kommt die dicke Post mit grosser Verzögerung», erklärt er in der Gratis-Zeitung.

Kaum Ausfälle: Weitere Betriebsergebnisse der Versorger.
Kaum Ausfälle: Weitere Betriebsergebnisse der Versorger.
Schweizer Konsumentenschutz

Dass das Preisniveau auf dem Grosshandelsmarkt sinkt, wird sich laut VSE erst 2025 auf die Schweizer Kundschaft auswirken, weil der Einkauf zuvor gemacht worden sei. «Die kurz- und mittelfristige Entwicklung ist ungewiss», orakelt dazu das VSE. Experte Rücker bestätigt, dass die Allgemeinheit von den sinkenden Kosten eher spät etwas merkt. Aber: «Firmen, die am liberalisierten Markt aktiv sind, ihren Anbieter also frei wählen können, profitieren.»

Privatpersonen, die im Jahr weniger als 100 Megawattstunden verbrauchen, kommen aus ihrer Grundversorgung nicht heraus. Eine Änderung ist nicht in Sicht, weiss Rücker: «Die Debatte um die Liberalisierung wird in der Schweiz gescheut, obwohl die freie Wahl des Anbieters bei einer sorgfältigen Umsetzung tiefere Kosten bringen würde.»

Mit Material von SDA.