BundesgerichtZürcher Polizei darf Nationalität von Straftätern weiterhin nennen
fn, sda
15.12.2022 - 10:42
Die Zürcher Polizei-Korps können die Nationalität von Verdächtigen und Straftätern weiterhin angeben. Das Bundesgericht hat entschieden, dass diese Vorgabe rechtens ist.
Keystone-SDA, fn, sda
15.12.2022, 10:42
SDA
Bei der Regelung, dass alle Zürcher Polizeien die Nationalität von Verdächtigen und Straftätern nennen müssen, handelt es sich zwar um eine kantonale Vorgabe.
Das Bundesgericht hält in seinem am Donnerstag publizierten Urteil jedoch fest, dass es eine solche nur dann aufhebt, wenn sie sich «jeder Auslegung entzieht», also mit übergeordnetem Recht absolut nicht vereinbar sind.
Dies ist bei der Nationalitätennennung jedoch nicht der Fall, kommt das Bundesgericht zum Schluss. Das von der Zürcher Sicherheitsdirektion angeführte Interesse an «transparenter Information» sei ein ernsthafter Grund, die Staatsangehörigkeit zu nennen, genauso wie Geschlecht und Alter.
Diese Persönlichkeitsmerkmale hätten in der Gesellschaft eine gewisse vorrangige Stellung, im Unterschied etwa zur Körpergrösse. Das Bundesgericht weist die Beschwerde von mehreren Kritikerinnen und Kritikern der Regelung deshalb ab.
Nationalität als «unnütze Information»
Sie hatten rekurriert, weil die Nationalität eine «unnütze Information» sei, die dazu führe, dass stigmatisierte Personengruppen zusätzlich stigmatisiert würden.
Allerdings erringen die Kritiker ein Stück weit dennoch einen Sieg. Das Bundesgericht erklärt die Änderung im Zürcher Polizeigesetz nämlich kurzerhand zum Papiertiger – allerdings ist die Begründung dafür juristisch etwas spitzfindig.
Nur bei Unfallopfern und Vermissten
Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Staatsangehörigkeit eigentlich nicht bei «Verdächtigen» oder «Tätern» angewendet werden darf, die noch nicht in einem Strafverfahren stecken. Nur bei Unfallopfern und Vermissten sei dies angezeigt.
Die Zürcher Regelung im Polizeigesetz hat juristisch gesehen also einen viel kleineren Anwendungsbereich, als es der Kanton vorhatte. Allerdings gab die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft nach der Volksabstimmung im Jahr 2021 eine Weisung an die Polizeien heraus, gemäss der die Nationalität nun anzugeben sei.
Im Gegensatz zum «toten Buchstaben» im Polizeigesetz erachtet das Bundesgericht diese Weisung hingegen als gültig, weshalb sich im Polizeialltag nun bis auf Weiteres nichts ändern dürfte.
Seit Jahren ein Politikum
Die Nationalitätennennung ist im Kanton Zürich seit Jahren ein Politikum. Im Jahr 2017 hatte der Stadtzürcher Polizeivorsteher Richard Wolff (AL) die Stadtpolizei angewiesen, keine Nationalitäten in ihren Medienmitteilungen mehr zu nennen. Diese Information sollte es für Medienschaffende nur noch auf Anfrage geben.
Die SVP lancierte daraufhin eine Initiative, die es allen Polizei-Korps vorschreiben wollte, die Staatsangehörigkeit zu nennen – und sogar den Migrationshintergrund. Der Kantonsrat legte jedoch einen Gegenvorschlag ohne Nennung des Migrationshintergrunds vor. Dieser wurde vom Stimmvolk denn auch im März 2021 gutgeheissen.