Karriere im Keller Weintechnologen – die heimlichen Meister der edlen Tropfen

Amelie Breitenhuber/dpa

7.9.2019

Wein macht der Winzer, so denken viele. Dabei sind bei der Herstellung der edlen Tropfen vor allem Weintechnologen am Werk. Sie haben das Werkzeug, selbst aus fehlerhaften Früchten beste Qualität zu zaubern.

Kurz bevor der Herbst kommt, wird es spannend. Dann kann es von einem auf den anderen Tag losgehen. Hält die Witterung? Droht ein Hagelsturm? Wann ist der perfekte Zeitpunkt für die Lese? Wenn die Ernte dann eingeleitet wird, muss alles vorbereitet sein – die Kelter müssen bereitstehen, die Anlagen gereinigt und geprüft sein. Denn dann beginnt für Weintechnologen die Hochproduktion.

Dieser Zeit fiebert Joshua Krauss entgegen. Der 20-Jährige hat vor Kurzem das dritte Ausbildungsjahr als Weintechnologe bei der Weinkellerei Reh Kendermann im deutschen Bingen am Rhein begonnen. Dort lernt er, worauf es bei der Herstellung von Wein ankommt. Anders als der Winzer sei er «näher dran am Produkt», erzählt Krauss.



Wie er auf den Beruf gekommen ist? «In der Region ist der Wein kein unbekannter Begriff», sagt er. Krauss kommt selbst von einem Weingut. Und auch sein Vater hat schon Weinküfer gelernt, wie die Ausbildung zum Weintechnologen noch bis 2013 hiess. Die «Liebe zum Wein und zum Most», wie er es ausdrückt, wurden ihm also quasi in die Wiege gelegt.

in der Schweiz gibt es nicht viele Lehrstellen in diesem Beruf. Die Ausbildung zum Weintechnologen dauert drei Jahre, der Unterricht findet in vierwöchigen Blöcken am Strickhof in Wädenswil ZH statt. 

Den Weg des Weins begleiten

Manchmal beginnt die Arbeit der Weintechnologen schon am Weinberg, doch üblicherweise ist das noch die Domäne des Winzers. Kommen die Trauben dann zur Kelterstation, geht es für die Weintechnologen los. Sie kontrollieren zuerst die angelieferten Trauben: Wie ist die Qualität? Gibt es Anzeichen von Fäulnis? Die Traubenstiele werden entfernt und die Beeren gequetscht. Die daraus entstehende Mischung aus Saft, Fruchtfleisch, Beerenhäuten und Kernen nennt man Maische, wie es auf Berufsberatung.ch zum Ausbildungsbeschrieb heisst. Anschliessend geben die Weintechnologen sie in die Keltermaschine, wo die Maische gepresst wird, sodass der Most herausfliesst.

In der nächsten Behandlungsstufe kommt der Most in den Tank – dort leiten die Weintechnologen den Gärungsprozess ein. «Diese Schritte zu begleiten, ist Aufgabe der Weintechnologen», erläutert Albrecht Ehses, Geschäftsführer im Bereich International und Wein bei der Industrie- und Handelskammer in Trier. Regelmässig kontrollieren und dokumentieren sie den Alkoholgehalt und andere Werte, bis sie den Jungwein filtrieren und klären können.

Guter Geschmackssinn ist wichtig

Zuletzt muss der Wein geschmacklich abgerundet werden: Regelmässiges Probieren und Verkosten gehört dazu. Das heisst aber nicht, dass sich Weintechnologen während der Arbeit einen Schwips antrinken. Sie bewerten das Produkt im Gaumen, der Wein wird wieder ausgespuckt. Ehses rät denen, die sich für eine Ausbildung interessieren: «Es muss mir einfach Spass machen, ins Glas zu riechen und Aromen zu entdecken wie Birne, Pfirsich, Vanille oder Honig.»

Einen feinen Gaumen sollte man am besten schon vor der Ausbildung mitbringen: «Wenn man keinen guten Geschmackssinn hat, kann man das auch nur bedingt lernen», findet der angehende Weintechnologe Krauss. «Man muss sich aber auch jeden Tag intensiv damit auseinandersetzen.» Besonders faszinierend findet er, wie er als angehender Weintechnologe Weinfehler beseitigen kann. «Es ist sehr interessant zu lernen, was man machen kann, wenn der Wein nicht so schmeckt, wie er soll.»

Beim Überschwallen zum Beispiel wird dem Tank zusätzlich Sauerstoff zugefügt, womit sich der Geschmack des Weins beeinflussen lässt. Auch bei zu stärker Fäulnis können die Weintechnologen korrigierend eingreifen. Oder der Wein wird «verschnitten», wie die Fachleute sagen: Aus mehreren Weinen entsteht dabei das verkaufsfertige Produkt.

Technisches Verständnis als Voraussetzung

Harald Kroll, Kellermeister bei Reh Kendermann und gleichzeitig für die Auszubildenden zuständig, ergänzt: «Die Natur gibt uns jedes Jahr neu vor, womit wir zu arbeiten haben. Da wird es nie langweilig, und gerade das macht jungen Leuten an dem Beruf viel Spass.» Neben der Natur spielt die Technik eine wichtige Rolle. «Die Filtrationsanlagen werden zum Beispiel immer moderner», sagt Krauss. Technisches Verständnis sollten die angehenden Weintechnologen daher mitbringen.



«Ich muss wissen, wie ich eine Pumpe einschalte, was eigentlich ein Filter macht und wie zum Beispiel die Schläuche und Leitungen an den Tanks angebracht werden», sagte Ehses. Das Schöne am Beruf sei auch der Kontakt zu den Menschen, die das Produkt am Ende geniessen, findet der Experte. Das kann zum Beispiel in der Kundenberatung oder einem Verkaufsgespräch sein – oder vielleicht auch nur im Freundes- und Bekanntenkreis, «da ist Wein ja oft genug Gesprächsthema.»

Womit man leben muss als Weintechnologe: «Das Arbeiten hat schon mit Kelleratmosphäre zu tun», gibt Ehses zu bedenken. Zwölf Stunden Tageslicht dürfe man nicht erwarten. Auch der Umgang mit Feuchtigkeit will gemocht sein – «da wird viel gesäubert und gespült, die Hygiene spielt eine wichtige Rolle.»

Wer in der Schweiz die dreijährige Ausbildung abgeschlossen hat, darf das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis Weintechnologe/EFH in Empfang nehmen. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind nach der Grundbildung im In- wie auch im Ausland gut, heisst es auf Berufsberatung.ch. Absolventen können sich im Anschluss zudem als Kellermeister oder Betriebsleiter spezialisieren. 

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