Medizin Multiresistente Keime – Antibiotika könnten knapp werden

tafu

28.1.2020

Die Entwicklung neuer und wirksamer Antibiotika geht zu langsam voran. 
Die Entwicklung neuer und wirksamer Antibiotika geht zu langsam voran. 
Bild: Keystone/Archiv

Etwa 300 Personen sterben jährlich hierzulande aufgrund multiresistenter Keime. Neue, wirksame Antibiotika sind nötig. Doch Forschung und Nachschub könnten ins Stocken geraten.

Jährlich sterben in der Schweiz mehr Menschen an Antibiotikaresistenzen als bei Verkehrsunfällen. Laut Schätzungen sind es 300 jedes Jahr. Gründe dafür sind einerseits eine zu schnelle Verschreibung durch die Ärzte, ein zu leichtfertiger Umgang mit Antibiotika als auch Rückstände in den Abwässern.

Der Bundesrat hat in der Schweiz bereits eine Reihe von Initiativen gestartet, um dem Problem Herr zu werden. Neben Empfehlungen, wie in Spitälern und Altersheimen die Verbreitung von gefährlichen Keimen verhindert werden kann, spielt aber besonders die Pharmaindustrie eine wichtige Rolle.

In dem kürzlich veröffentlichten Report «Antimicrobial Resistance Benchmark» der Stiftung Access to Medicine wird davor gewarnt, dass der Nachschub an wirksamen Antibiotika in Gefahr sei. Das berichtet der «Tagesanzeiger». Nur noch wenige grosse Pharmakonzerne beteiligen sich überhaupt noch an der Erforschung von Impfungen und neuen Medikamenten gegen bakterielle Erreger.

Kein lohnendes Geschäft

In anderen Bereichen gebe es bessere Voraussetzungen für die Entwicklung innovativer Medikamente, erklärt beispielsweise Novartis seinen Ausstieg. Im Klartext bedeutet das: das Geschäft ist nicht rentabel. «Das Hauptproblem besteht darin, dass sich die Entwicklung neuer Antibiotika für die Industrie zu wenig lohnt», erklärt Jayasree Iyer, die Leiterin von Access to Medicine.

Weiter heisst es in dem Report allerdings, dass die Arbeiten an Neuentwicklungen von wirksamen Medikamenten nicht geschrumpft sei, im Gegenteil: die Zahl der Projekte ist 2018 von 112 auf 121 gestiegen. Das Problem dabei sei aber, dass sich darunter nur neun wirkliche Neuerungen befänden, bei denen die Gefahr von Resistenzen gering sei.

Risiko Mittelstand

Die Erforschung neuer Antibiotika hänge immer mehr von kleineren Unternehmen ab – die haben allerdings eine geringere Finanzkraft als die grossen Player. Rückschläge können schnell zu Problemen wie beispielsweise Geldnot und Insolvenz führen. Derzeit kommen sechs der aktuell neun in klinischer Erprobung befindlichen Wirkstoffe von mittelständischen Firmen.

In der Schweiz beobachtet das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen seit 2014, wie sich die Lage entwickelt. Im Vergleich zu Frankreich, Italien oder Grossbritannien werden hierzulande weniger Menschen von resistenten Bakterien befallen, allerdings mehr als in den Niederlanden und den skandinavischen Ländern. Damit liegt die Schweiz im europäischen Mittelfeld.

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