Fall Maddie Was wir wissen – und was nicht

dpa/tsha

4.6.2020

Mehr als zehn Jahre nach dem Verschwinden der kleinen Maddie aus einem Ferienort in Portugal gibt es einen Verdächtigen. Viele Fragen sind noch offen - und die Ermittler auf Zeugen angewiesen.

Am 3. Mai 2007 verschwindet die dreijährige Madeleine «Maddie» McCann spurlos aus einer Ferienanlage im portugiesischen Praia da Luz. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen einen 43-jährigen Deutschen. Er steht im Verdacht, die kleine Britin ermordet zu haben.

Was wir über den Verdächtigen wissen

- Der Verdächtige ist nach Angaben der Ermittler 43 Jahre alt, deutscher Staatsbürger und mehrfach vorbestraft, auch wegen Sexualstraftaten und Kindesmissbrauchs.

- Derzeit sitzt der Mann in einem Gefängnis in Kiel eine alte Haftstrafe aus dem Jahr 2011 ab, bei der es um Drogenhandel geht. Parallel ist wegen Vergewaltigungsvorwürfen gegen ihn Untersuchungshaft angeordnet.

- Der Verdächtige lebte zwischen 1995 und 2007 regelmässig an der Algarve in Portugal und für einige Jahre in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz. Vor seinem Auslandsaufenthalt hatte er in der Region Braunschweig gewohnt.

- In Portugal ging der Mann Gelegenheitsjobs unter anderem in der Gastronomie nach. Er soll seinen Lebensunterhalt zudem durch Einbruchdiebstähle in Hotels und Ferienwohnungen sowie Drogenhandel finanziert haben.

- Der 43-Jährige wurde bereits mehrmals zu Haftstrafen verurteilt. So verbüsste er unter anderem wegen sexuellen Kindesmissbrauchs eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, aus der er im August 2018 entlassen wurde. Das geht aus einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21. April hervor.



- Im Dezember 2019 verurteilte demnach das Landgericht Braunschweig den Mann wegen Vergewaltigung unter Einbeziehung früherer Strafen zu sieben Jahren Haft. Er soll im Jahr 2005 in Praia da Luz eine 72 Jahre alte US-Amerikanerin in deren Haus überfallen und vergewaltigt haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision liegt noch beim BGH.

- Dem «Spiegel» zufolge weist das Strafregister des Mannes insgesamt 17 Einträge auf. Schon im Oktober 1993 wurde eine zweijährige Jugendstrafe gegen den damals noch Minderjährigen verhängt - auch damals ging es unter anderem um Kindesmissbrauch, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht.

Was wir über die Ermittlungen wissen

- Auf die Spur des Verdächtigen sind die Ermittler nach eigenen Angaben 2013 gekommen, durch einen Hinweis nach einer Sendung von «Aktenzeichen XY... ungelöst». Einen weiteren Hinweis gab es 2017. Das habe damals aber nicht für weitere Ermittlungen oder gar eine Festnahme gereicht.

- Am 3. Mai 2007 soll der Verdächtige zu «tatrelevanter» Zeit in Praia da Luz mit dem Handy telefoniert haben.

- Der Verdächtige soll in Portugal zwei auffälligere Autos gefahren haben, einen VW-Bus sowie einen Jaguar.

Das von Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellte Bild zeigt einen Caravan vom Typ VW T3 Westfalia, den der Verdächtige an der Algarve gefahren haben soll.
Das von Bundeskriminalamt zur Verfügung gestellte Bild zeigt einen Caravan vom Typ VW T3 Westfalia, den der Verdächtige an der Algarve gefahren haben soll.
Bild: BKA - Bundeskriminalamt/AP/dpa

Was wir nicht wissen

- Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hält Madeleine für tot. Das Kind oder seine sterblichen Überreste sind aber bis heute nicht gefunden.

- Unklar ist, wie genau die Tat verübt worden sein soll. Das sei Gegenstand der aktuellen Ermittlungen, sagte ein Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) am Mittwoch bei «Aktenzeichen XY... ungelöst».

- Das Motiv ist demnach ebenfalls unklar. Möglich sei eine sexuelle Motivation oder dass nach einem zunächst geplanten Einbruch spontan auf ein Sexualdelikt umgeschwenkt wurde.



- Warum genau der 43-Jährige mittlerweile unter Mordverdacht steht, ist offen. Die Ermittler haben sich bislang nicht dazu geäussert, welche konkreten Hinweise und Indizien sie haben.

- Ob es in Portugal zwischen 1995 und 2007 zu weiteren Übergriffen gekommen ist, ist unklar. «Wir schliessen nicht aus, dass es weitere Opfer von Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen gibt», so der BKA-Ermittler.

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