Mord an vierköpfiger Familie Japaner wird 56 Jahre nach Todesurteil freigesprochen

smi

26.9.2024

Der ehemalige Boxer Iwao Hakamada ist 1968 wegen Mordes zum Tod verurteilt worden. 56 Jahre später spricht ihn ein Gericht frei. 
Der ehemalige Boxer Iwao Hakamada ist 1968 wegen Mordes zum Tod verurteilt worden. 56 Jahre später spricht ihn ein Gericht frei. 
Keystone

1968 ist Iwao Hakamada wegen Mordes zum Tod verurteilt worden. Am Donnerstag hat ihn ein Gericht freigesprochen. Der 88-Jährige hatte ein Geständnis zurückgezogen und seit Jahrzehnten seine Unschuld beteuert.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der 88-jährige ehemalige Boxer Iwao Hakamada ist 1968 wegen Mordes an einer vierköpfigen Familie in Japan zum Tod verurteilt worden.
  • Nach einem anfänglichen, angeblich erzwungenen, Geständnis hat er stets seine Unschuld beteuert.
  • 2024 hat ihn ein Gericht freigesprochen.
  • Hakamada gilt als die Person, die am längsten in der Todeszelle gesessen ist und am längsten als zum Tod Verurteilter gelebt hat.

Keiner hat länger auf seine Todesstrafe gewartet, keiner länger um seine Unschuld gekämpft als Iwao Hakamada. 1968 wird er des Mordes an einer ganzen Familie schuldig gesprochen. Heute Donnerstag spricht ihn ein Gericht in Japan frei, wie die Zeitung «Asahi Shimbun» berichtet.

1966 passiert ein brutaler Mord, der Hakamada seine Freiheit kostet. Ein Mann, dessen Frau und ihre zwei Kinder im Teenager-Alter sind die Opfer. Der Vater ist Direktor einer Miso-Fabrik, in der Iwao Hakamada zu jener Zeit arbeitet.

Miso ist fermentiertes Gemüse, eine beliebte Speise in Japan. In einem Gär-Tank entdeckt die Polizei damals mit Blut verschmierte Kleider, die Hakamada getragen haben soll, als er die vier Menschen ermordet.

Geständnis widerrufen

Der Job in der Miso-Fabrik ist seine erste Stelle, nachdem er seine professionelle Box-Karriere beendet hat. Nach seiner Festnahme gesteht er die Tat – laut seiner Verteidigung nach wochenlangen, brutalen Verhören durch die Polizei. 

1968 verurteilt ein Gericht den damals 32-Jährigen zum Tod. Der Kampf um seine Unschuld beginnt. Seine drei Jahre ältere Schwester ist eine wichtige Fürsprecherin. Auch Amnesty International setzt sich für seine Freilassung ein.

2014 gewährt ein Gericht eine Neuaufnahme des Verfahrens gegen Hakamada. Grund ist der Verdacht, dass die Ermittler die Beweisstücke im Miso-Tank platziert haben könnten. Hakamada darf die Todeszelle und das Gefängnis verlassen, das Todesurteil ist aber noch nicht aufgehoben. 

Weltrekord: Längste Zeit in der Todeszelle

Die Anklage ficht die Kassierung des Urteils an, und es dauert bis Oktober 2023, bis das neue Verfahren beginnen kann. 

Hakamada ist zu dem Zeitpunkt geistig nicht mehr fit genug, um selber vor Gericht aussagen zu können. Diesen Part übernimmt seine Schwester. Am Donnerstag, 26. September 2024, spricht das Gericht im Distrikt Schizuoka sein Urteil: Iwao Hakamada ist unschuldig und ein freier Mann.

Die Gegenseite kann noch Rechtsmittel gegen den Freispruch ergreifen. Ob sie dies tut, ist noch nicht entschieden.

Mit 56 Jahren als zum Tode Verurteilter, davon 46 Jahre im Todestrakt, gilt Hakamada als der Mensch, der sich am längsten in dieser Situation befunden hat.

Japan ist neben den USA das einzige Hoch-Einkommen-Land, das Menschen mit dem Tod bestraft. Es gilt zudem als äusserst zurückhaltend in der Wiederaufnahme von Verfahren, die zu einem Todesurteil geführt haben. Hakamada ist gemäss «Japan Times» erst die fünfte zum Tod verurteilte Person, der dies gewährt worden ist. Auch die vier vor ihm sind freigesprochen worden.