«Solar Orbiter»Schweizer Teleskop auf dem Weg zur Sonne
SDA
10.2.2020 - 06:33
Zum ersten Mal soll eine Raumsonde die bislang unbekannten Polregionen der Sonne beobachten. Mit an Bord des «Solar Orbiter» ist auch ein an der FHNW entwickeltes Röntgenteleskop.
Die Mission ist am frühen Montagmorgen erfolgreich gestartet: Der «Solar Orbiter» hob an Bord einer «Atlas V»-Rakete kurz nach 5:00 Uhr (MEZ) von Cape Canaveral ab. Ziel der auf sieben Jahre angelegten Mission ist es, Sonneneruptionen, das davon bestimmte Weltraumwetter und die Auswirkungen auf die Erde besser zu verstehen. Auch die bisher kaum erforschten Polarregionen der Sonne stehen im Fokus.
Mithilfe der Anziehungskräfte von Erde und Venus soll sich der «Solar Orbiter» aus der Ekliptikebene herausschwingen, auf der mehr oder weniger alle Planeten um unser Zentralgestirn kreisen, und die Sonne aus einer neuen Perspektive betrachten: von oben und von unten. Die Mission steht unter der Federführung der europäischen Raumfahrtagentur Esa, mit starker Beteiligung des US-amerikanischen Pendants Nasa.
Blick auf die Sonne
Die Nasa erforscht derzeit mit ihrer «Parker Solar Probe» die Sonne aus bisher unerreichter Nähe. Das bedeutet jedoch auch Einschränkungen: Die Nasa-Sonde kann keine Kameras direkt auf unser Zentralgestirn richten, wie Mark McCaughrean, Leitender Berater für Wissenschaft und Erforschung bei der Esa, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. «Solar Orbiter» komme der Sonne nicht ganz so nah, könne dafür aber Kameras auf sie richten. Und habe ein breiteres Spektrum an Instrumenten an Bord.
Zehn Instrumente trägt der «Solar Orbiter» bis auf etwa 45 Millionen Kilometer an die Sonne heran. Das ist rund ein Viertel der Sonne-Erden-Distanz und näher als der sonnennächste Planet Merkur um unser Zentralgestirn kreist.
Mit dabei ist auch das Röntgenteleskop STIX, das von Forschenden um Säm Krucker von der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) entwickelt wurde. STIX steht für Spectrometer Telescope for Imaging X-rays und soll Spektren und Röntgenbilder aufnehmen.
Stürme im Weltall
Im Fokus steht dabei die Frage, wie sich bei Sonneneruptionen grosse Mengen geladener Teilchen auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigen und im Weltraum ausbreiten, sagte Krucker gegenüber Keystone-SDA. Der Sonnenwind – der stetige Strom geladener Teilchen, den die Sonne ins All entlässt – wird in solchen Fällen zu einem Sonnensturm. Das kann sich einerseits in ausgeprägten Polarlichtern äussern, andererseits können solche Sonnenstürme auch Störungen an Satelliten, Flugzeugen oder auch Stromnetzen bewirken, wie die FHNW in einer Mitteilung festhielt.
Forschende beobachten das Magnetfeld der Sonne genau, um das Weltraumwetter vorherzusagen. Weil jedoch der Blick auf die Polregionen bisher fehlte, bestehen Lücken in den Vorhersage-Modellen. Die Daten des Solar Orbiter sollen diese Lücken schliessen helfen. «Wir wissen nicht, wie Nord- und Südpol der Sonne aussehen», so McCaughrean. Die Pole von Jupiter und Saturn seien sehr seltsam, vielleicht sei dies auch bei der Sonne der Fall.
Rätsel der Sonnenphysik
Hinter der 1,5 Milliarden Euro-Mission steckt aber auch die Suche nach Antworten auf eines der grossen Rätsel der Sonnenphysik: Die Oberfläche der Sonne ist nur etwa 6'000 Grad heiss, die Sonnenatmosphäre hingegen weist mehrere Millionen Grad auf.
Dieses paradox erscheinende Phänomen geht darauf zurück, dass die Sonne ein Dynamo ist und ein Magnetfeld erzeugt, wie Krucker gegenüber Keystone-SDA erklärte. «Wenn magnetische Energie in kinetische Energie umgewandelt wird, kann man heizen.» Noch sei allerdings unklar, wie diese Umwandlung geschehe. Hierzu soll STIX gemeinsam mit den anderen Instrumenten wertvolle Daten liefern, darunter ein Magnetometer, Teilchendetektoren, eine Extrem-Ultraviolett-Kamera und weitere Bildgebungsinstrumente.
Bis dahin muss die Sonde jedoch noch einen weiten Weg zurücklegen: Knapp zwei Jahre braucht «Solar Orbiter» für den Flug inklusive Swing-By-Manövern, um den geplanten Orbit um die Sonne zu erreichen. Unterwegs sollen die Instrumente jedoch bereits aktiv sein und Tests durchlaufen. Voraussichtlich im November 2021 sollen die wissenschaftlichen Messungen beginnen.
60 Jahre Nasa: Meilensteine der US-Raumfahrtbehörde
Die «National Aeronautics and Space Administration» wurde 1958 als zivile US-Bundesbehörde für Raumfahrt und Flugwissenschaft gegründet. Die NASA fungiert mit rund 17'000 Beschäftigten auch als wichtige geo- und klimawissenschaftliche Forschungsstation, doch ins kollektive Gedächtnis der Menschheit ist sie durch ihre Gehversuche im Weltall gerückt. Wir zeigen in dieser Galerie Schlüsselmomente der US-Raumfahrtbehörde.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Ein erklärtes Fernziel der NASA mit Hauptsitz in Washington D.C. ist ein bemannter Flug zum Mars, möglicherweise mit dem in Entwicklung befindlichen Raumschiff Orion. Ob möglicherweise private Investoren der staatlichen Institution zuvorkommen, ist derzeit ungewiss. Diese Grafik spielt in jedem Falle noch Zukunftsmusik.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Im Rahmen des New-Frontiers-Programms erforscht die NASA unser Sonnensystems mit Raumsonden. Die «New Horizons» hob im Januar 2006 ab, um den Pluto und seinen Mond Charon sowie den Kuipoergürtel zu erkunden. Im Januar 2019 sollte die Sonde den transneptunischen Himmelskörper 2014 MU69 erreichen.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Ein «Selfie» des Marsrovers Curiosity am Aeolis Mons auf dem erdnächsten Planeten vom August 2015. Drei Jahre zuvor war die Sonde auf dem Mars gelandet. Seitdem hat die Curiosity gut 12 Kilometer zurückgelegt und gestochen scharfe Bilder von der leblosen Oberfläche des Roten Planeten geliefert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Die solargetriebene Sonde Juno wurde im August 2011 gestartet und schwenkte im Juli 2016 in eine Umlaufbahn um den Jupiter ein. Sie erforscht den Gasplaneten aus einer polaren Umlaufbahn.
Bild: Keystone
Was mit Sonden (noch) nicht erreichbar ist, wird für uns durch das Hubble-Weltraumteleskop sichtbar wie hier das Paar der etwa 70 Millionen Lichtjahre entfernten Antennen-Galaxien im Sternbild Rabe. Der um die Erde kreisende Satellit ist für das blosse Auge sichtbar, allerdings nicht von der Schweiz aus, da er nicht über den Horizont steigt
Bild: Gemeinfrei/NASA
Im Jahr 2021 könnte das in Entwicklung befindliche James-Webb-Weltraumteleskop die Nachfolge von Hubble antreten. Das wesentlich leistungsstärkere Teleskop ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der ESA und der kanadischen Weltraumagentur CSA.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Die NASA liefert auch Daten über umweltrelevante Vorgänge auf der Erde und misst zum Beispiel die Grösse des Ozonlochs über der Antarktis ...
Bild: Gemeinfrei/NASA
... oder die weltweite Lichtverschmutzung.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Gemeinsam mit anderen Raumfahrtbehörden begann die NASA 1998 mit dem Bau an der Internationalen Raumstation (ISS). Seit November 2000 ist die ISS dauerhaft von Astronauten bewohnt. Die in einer Höhe zwischen 370 bis 460 Kilometern um die Erde kreisende Station wird laufend erweitert und verbessert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Durch tödliche Unfälle erlebte die NASA im Laufe ihrer Geschichte auch schwere Rückschläge. So kam die gesamte siebenköpfige Besatzung der Raumfähre Columbia ums Leben ...
Bild: Keystone
... als das Space Shuttle am 1. Februar 2003 nach einer zweiwöchigen Mission beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auseinanderbrach.
Bild: Keystone
Tief ins Gedächtnis der Menschheit brannte sich die Mission «Apollo 11» der NASA ein. Am 16. Juli 1969 startete die Raumkapsel an der Spitze der Trägerrakete Saturn V von Cape Canaveral in Florida ...
Bild: Gemeinfrei/NASA
... und brachte drei US-amerikanische Astronauten zum Mond. Der erste Mensch auf dem Erdtrabanten war am 21. Juli Neil Armstrong, der hier seinen Kollegen Buzz Aldrin fotografiert.
Bild: Gemeinfrei/NASA
Der erste Mensch, den die NASA in den Weltraum bringen konnte, war Alan Shepard. Nach einem 15-minütigen suborbitalen Flug erreichte er am 5. Mai 1961 wohlbehalten die Erdoberfläche. Der sowjetrussische Kosmonaut Juri Gagarin war der NASA allerdings mit seiner Erdumrundung am 12. April 1961 als erster Mensch im All zuvorgekommen.
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